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Koblenz

Die Linke fordert Entschuldigung von Koblenzer OB: Keine Werbung für Bundeswehr an Minderjährige

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Werbeplakat der Bundeswehr auf der Gamescom in Köln 2018!

KOBLENZ Darf die Bundeswehr an und in städtischen Objekten für sich Werbung machen, vor allem solche, die sich gezielt an Minderjährige richtet? Eine wichtige moralische Frage, die mit dem Antrag der Stadtratsfraktion „DIE LINKE-PARTEI“ in der jüngsten Stadtratssitzung aufgeworfen wurde. Statt einer sachlich geführten Diskussion darüber, wie Kinder und Jugendliche besser geschützt werden können und weshalb das Rekrutierungsalter auf 18 gesetzt werden sollte – wie bereits in vielen allen anderen Ländern herrschende Normalität, folgte auf den Antrag in weiten Teilen populistische Reaktionen. Konsequent wurde die aufgeworfene Frage in allen Wortbeiträgen ignoriert und stattdessen jegliche Kritik an der Bundeswehr abgewehrt sowie mit allen Mitteln „Die LINKE-PARTEI“-Fraktion diskreditiert, bis hin zur Aufforderung an Grüne und SPD, das Bündnis mit ihr zu beenden.

Stellungnahme von DIE LINKE. Stadtverband Koblenz und Die PARTEI. Kreisverband Koblenz zum Antrag des „Werbeverbots der Bundeswehr an und in städtischen Objekten“ der Stadtratsfraktion „DIE LINKE-PARTEI“ am 14.09.2023 und die anschließende Diskussion

Der Sprecher*innenrat von DIE LINKE. Stadtverband Koblenz sowie der VORSTAND von Die PARTEI. Kreisverband Koblenz stehen uneingeschränkt hinter dem Antrag. Die Diskussion im Stadtrat zeugt von einer eklatanten und systematischen Missachtung des Antragsinhalts sowie von dem Bestreben, die Bundeswehr gegenüber jeglicher Kritik zu immunisieren. Dies ist nicht nur hinsichtlich der Gefahr einer Militarisierung von Gesellschaft höchst alarmierend, sondern auch hinsichtlich einer Normalisierung rechten Gedankenguts. Für die fehlende Rüge des Oberbürgermeisters gegenüber der Verunglimpfung der Person Oliver Antpöhler-Zwierniks als aus einem „asozialen Milieu“ kommend durch Joachim Paul, der für die rechtsextreme AfD im Stadtrat sitzt, erwarten wir unverzüglich eine öffentliche Entschuldigung.

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Hervorgehoben werden muss, dass nicht die Infragestellung der Bundeswehr als solche Thema des Antrags gewesen ist, sondern einerseits die Werbepraktiken der Bundeswehr, die sich gezielt an Minderjährige richten und anderseits die Weigerung der Bundeswehr das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre zu setzen, wie es der UN-Kinderrechtsausschuss seit 2008 fordert. Die UN-Kinderrechtskonvention ist geltendes Recht in Deutschland. Doch Deutschland sei eines der wenigen Länder weltweit, so Ralf Willinger von terre des hommes bei der Vorstellung des dritten Schattenberichts Kindersoldaten von 2019, „dessen Militär noch minderjährige Soldaten rekrutiert. Über 150 Länder halten den sogenannten Straight 18-Standard dagegen ein. In der Bundeswehr sind junge Soldatinnen und Soldaten immer wieder schweren Rechtsverletzungen wie Vergewaltigung oder erniedrigenden Aufnahmeritualen ausgesetzt.“1. Auf diesen UN-Bericht hatte sich Oliver Antpöhler-Zwiernik in seiner mündlichen Begründung des Antrags bezogen. 2020 hat die Bundeswehr 1.148 Minderjährige neu eingestellt2. Es ist schon erstaunlich, dass die Kritik an der Rekrutierungspraxis der Bundeswehr in allen Wortbeiträgen nicht nur nicht ernst, sondern lächerlich gemacht wurde. Der Grünen-Politiker Gordon Gniewosz etwa ließ sich dazu herab, die Werbung für die Bundeswehr mit der für die Polizei und die Berufsfeuerwehr zu vergleichen und damit einhergehend die Rekrutierung von Minderjährigen nicht in Frage zu stellen. Das ist für die Grünen-Partei beschämend. Dass z.B. auch die Gewerkschaft für Erziehung und Bildung (GEW) diese Rekrutierungspraxis kritisiert und sich gegen die Karriereberatung der Bundeswehr an Schulen ausspricht3, scheint für den Grünenpolitiker unrelevant zu sein.

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In diesem Kontext ist auch die Kritik an den Werbepraktiken der Bundeswehr zu verstehen. Auf der „Gamescom“ etwa, einer Videospielmesse, die primär von jungen Menschen besucht wird, warb dieses Jahr die Bundeswehr nicht nur mit schwerem Geschütz, sie schaltet auch solche Werbung, wo beispielsweise Soldat*innen vor einem riesigen Feuer zu sehen sind, über denen der Slogan prangert: „Mulitplayer at it‘s best!“. Vor Kino-Disney-Filmen schaltet die Bundeswehr Werbung. Mit solchen Werbepraktiken wird Krieg und die verheerenden Folgen für Soldat*innen sowie ihre Familien, Angehörigen und Freunde verharmlost und ihrer Ernsthaftigkeit beraubt.

Mit ihrem Antrag hat „DIE LINKE-PARTEI“-Fraktion nach dem moralischen Rahmen für solches Anwerben von minderjährigen Rekrut*innen gefragt. Für wichtiger hielt es jedoch der CDU-Politiker Josef Oster (MDB), einen eigenen Antrag anzukündigen, der eine größere Präsenz der Bundeswehr in Koblenz anstrebe. Der Antrag der „DIE LINKE-PARTEI“ -Fraktion sei für ihn Ausdruck „maximaler ideologischer Verblendung“ und seine Fraktion stehe an der Seite der Bundeswehr. Kein Wort zu der Frage der Rekrutierung Minderjähriger, kein Wort zu der Frage der gezielten Bewerbung der Bundeswehr bei Minderjährigen. Stattdessen die Verunglimpfung der Linkspartei als „Putin-“ und „Russlandversteher“ – dabei hatte Antpöhler-Zwiernik deutlich hervorgehoben, dass der russische Angriffskrieg auf die Ukraine „in allem Maße“ zu verurteilen sei. Dass für Oster Populismus wichtiger ist als die Frage nach Kinderschutz, ist eigentlich nicht verwunderlich, sieht man sich Osters Positionen im Innenausschuss des Deutschen Bundestages als Berichterstatter der CDU-CSU-Fraktion für Auslandseinsätze der Bundespolizei an: Der Schutz der EU-Außengrenzen durch Frontex scheint für ihn mehr Wert zu haben als das Retten von Menschenleben.

Insgesamt stellen wir uns die Frage, warum im Koblenzer Stadtrat vehement jegliche Kritik an der Bundeswehr abgewiesen wurde. Gerade so ein Gremium wie der Stadtrat sollte einen demokratischen Diskussionsraum bieten, in der solche Kritikpunkte sachlich verhandelt werden sollten. Dass es hinsichtlich der Bundeswehr ein Tabu gibt, muss alle Koblenzer Bürger*innen im höchsten Maße alarmieren, denn gerade die Immunisierung von Kritik ist der erste Schritt hin zum gesellschaftlich verankerten Militarismus, vor dem Antpöhler-Zwiernik ebenfalls gerade mit Blick auf die historische Verantwortung Deutschlands warnte.

Besonders erschütternd ist auch, dass auf die Verunglimpfung der Person Oliver Antpöhler-Zwierniks als aus einem „„asozialen Milieu“ kommend durch Joachim Paul, der der rechtsextremen Partei AfD angehört, keine Rüge durch den Oberbürgermeister folgte. „Asozial“ – ein Begriff, der vor allem durch die Nationalsozialisten publik gemacht wurde. Wer als asozial galt, wurde in Nazi-Deutschland weggesperrt und kam ab 1938 in ein Konzentrationslager. Gerade wenn ein solcher von Nationalsozialisten geprägter Begriff von einem Mitglied einer rechtsextremen Partei wie der AfD genutzt wird, sollten alle Alarmglocken angehen.

In der Öffentlichkeit wird viel über die Normalisierung rechten Gedankenguts gesprochen. In der Koblenzer Stadtratssitzung vom 14.09.2023 kann man sie studieren.

Quellen: http://www.kindersoldaten.info/schattenbericht-kindersoldaten-katastrophale-bilanz-fuer-kinder | https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/kampagne-unter-18-nie-zahl-minderjaehrige-bundeswehr-hoch | https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/deutschland-ignoriert-un-forderungen-und-verletzt-kinderrechte

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Blaulicht

Lebenshilfe Rhein-Lahn Prozess hat begonnen: Angeklagten droht nach Verständigung mehrjährige Haftstrafe

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NASTÄTTEN/KOBLENZ Heute früh um 9 Uhr wurde das Verfahren gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Lebenshilfe Rhein-Lahn vor dem Schöffengericht im Landgericht Koblenz eröffnet. Die Strafkammer ist mit drei hauptamtlichen und zwei Schöffenrichtern besetzt. Geleitet wird das Verfahren von Dr. Prinz.

Der angeklagte Martin M. nahm zwischen seinen drei Verteidigern auf der Anklagebank Platz. Im Anschluss verlas die Staatsanwältin die Anklage. Mehr als eine Stunde dauerte es, bis die über 250 Anklagepunkte verlesen werden konnten. Die vorgeworfenen Delikte reichten von E-Bike-Käufen im Wert von 101.251 Euro über Tauschgeschäfte bis hin zu Bargeldabhebungen im Zeitraum von 2020 bis 5. Dezember 2021 in Höhe von 115.760 Euro und nicht zu vergessen Überweisungen vom Lebenshilfe-Konto an den ehemaligen Geschäftsführer in Höhe von 262.312 Euro.

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Statsanwaltschaft und Verteidigung verständigen sich auf Strafrahmen zwischen 2 Jahre, 9 Monate bis 3 Jahre und 3 Monate

Zusätzlich gab es noch Bonuszahlungen in Form zusätzlicher Monatsgehälter. Dafür sollen Gesellschafterbeschlüsse schriftlich erstellt worden sein, wo es gar keine Gesellschafterversammlungen gab. Diese hätten den Angeklagten berechtigt, die Bonuszahlungen zu erhalten. Dieser Anklagepunkt wurde schließlich fallengelassen, obwohl es nachweisliche Auszahlungen in Höhe von 44.700 Euro gab. Grund war, dass die Vorsitzende des Lebenshilfe-Vereins laut Angaben des Angeklagten die Protokolle abgezeichnet hätte. Da sie sich selber nicht belasten muss und angeblich nicht wusste, was dort in den vermeintlich gefälschten Gesellschafterbeschlüssen stand, ist unklar, wer die Protokolle tatsächlich unterschrieben hat. Der Angeklagte will es nicht gewesen sein. Um das Verfahren zu verkürzen und weil die Strafe kaum ins Gewicht fallen würde, wurden diese Anklagepunkte nicht mehr berücksichtigt. Dabei wirkten die Begründungen für die Bonuszahlungen skurril. Alleine 15.712 Euro für besondere Leistungen in der Coronazeit. Dafür reichten die offenbar fingierten Gesellschafterbeschlüsse dem Lohnbuchhalter aus, um die Zahlungen anzuweisen. Ein anderes Mal wurde Geld, ein E-Bike als Bonus gewährt.

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Wie in einem Selbstbedienungsladen: 598.232,46 Euro soll der Angeklagte für sich vereinnahmt haben

Schlussendlich warf die Staatsanwaltschaft dem ehemaligen Geschäftsführer vor, dass er für eigene Zwecke Gelder in Höhe von rund 598.232,46 Euro für sich vereinnahmte. Ab August 2021 war die Lebenshilfe Rhein-Lahn bereits zahlungsunfähig. Ratenzahlungsvereinbarungen mit Krankenkassen wurden nicht eingehalten. Beim Verlesen der umfangreichen Anklage hörte es sich teilweise an wie in einem Selbstbedienungsladen. Nahezu jede Woche wurden vom Angeklagten entweder per Überweisungen oder Bargeldabhebungen vierstellige Beträge abgehoben. Teilweise geschah das sogar mehrfach an einem Tag. E-Bikes wurden in Nastätten gekauft, manche kosteten fünfstellige Summen, und an anderen Tagen wieder getauscht oder verkauft. Dazu kam noch ein Quad oder Mobiltelefone, die er für die Mitarbeiter erwarb und anschließend auf einer Auktionsplattform versteigerte, zum eigenen Vorteil.

Der Schaden ist immens und es bedurfte eines erfahrenen Richters, der das gesamte Spektrum des Wirtschaftsrechts abdecken konnte. Der Vorsitzende, Dr. Prinz, leitete die Verhandlung mit Bedacht und Struktur und ließ gar keine emotionalen Ausfälle zu. Für die wenigen Zuschauer war das sicherlich nicht einfach zu verdauen. Vielleicht waren die Erwartungen am ersten Verhandlungstag auch die Falschen. Hier geht es um die juristische Aufarbeitung. Fragen werden offen bleiben und für die ehemaligen Mitarbeiter der Lebenshilfe Rhein-Lahn wird es keine Genugtuung geben. Das wurde schon zu Prozessbeginn sehr deutlich und macht es wahrscheinlich für einige Betroffene unerträglich.

Beim Zuhören der vereinnahmten Zahlen und der dazugehörigen Geschwindigkeit konnte einem schwindelig werden. Während manche Mitarbeiter bei ihren Gehaltszahlungen vertröstet wurden oder um erbrachte geldwerte Leistungen kämpfen mussten, bediente sich der Angeklagte am finanziellen Topf der Lebenshilfe nach Belieben und lebte ein vermeintlich ausschweifendes Leben. So könnte man es durchaus wahrnehmen. Ob das allerdings so zutraf, ist noch unklar. Ein erstelltes Sachverständigengutachten dürfte da mehr Klarheit bringen. Dennoch fiel bereits das Schlagwort Kaufsucht, aber lässt sich damit alles erklären? Auch das wird man abwarten müssen.

Schon vor dem ersten Verhandlungstermin soll es Verständigungsgespräche zwischen dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung gegeben haben. Die Anwälte des ehemaligen Geschäftsführers hofften auf eine bewährungsfähige Strafe für ihren Mandanten. Schon zu Beginn der Verhandlung machte der vorsitzende Richter, Dr. Prinz, deutlich, dass es die nicht geben wird. Auch seitens der Staatsanwaltschaft war ein solcher Strafrahmen ausgeschlossen. Sie teilte mit, dass sie deutlich mehr als 3 Jahre Haft für den Angeklagten für angemessen halten würde.

Auf Anraten der Kammer wurden erneute Verständigungsgespräche geführt. Dr. Prinz schlug einen Strafrahmen von 2 Jahren, 9 Monaten bis 3 Jahre, 3 Monate vor. Darauf konnten sich nach kurzer Unterbrechung der Angeklagte, die Verteidiger und die Staatsanwaltschaft einigen. Das bedeutet, dass das Landgericht in diesem Rahmen auf eine Haftstrafe festlegen wird, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Der Richter konnte sich aber vorstellen, dass es im späteren Urteil eine Begründung geben wird, die eine Strafaussetzung nach der Hälfte möglich machen könnte.

Somit könnte der Angeklagte nach 1 Jahr, 3 Monaten bis 1 Jahr, 9 Monaten wieder auf freien Fuß sein, wenn das zutreffen sollte. Damit dieser Strafrahmen überhaupt möglich wird, musste der Angeklagte ein qualifiziertes und vollumfängliches Geständnis ablegen. Das ließ er von seinen Anwälten verlesen. Prinzipiell räumte er nahezu alle Vorwürfe ein, bis auf die gefälschten Gesellschafterbeschlüsse. Ration erklärten könnte er sein Verhalten nicht, und er habe akzeptiert, dass er für seine Verfehlungen geradestehen müsse. Zum Geständnis gehörten die Bargeldabhebungen, die Überweisungen, Tauschgeschäfte, der Kauf der Fahrräder und die Veräußerung der Mobiltelefone. Auch den fälligen Insolvenzantrag habe er nicht gestellt. Die Verteidiger schlossen im Namen ihres Mandanten mit den Worten: “Auch wenn das von den Zuhörern als Floskel abgetan wird, mir tun meine Handlungen sehr leid.”

Wiedergutmachungen gab es bisher nicht

Wiedergutmachungen gab es bisher nicht. Bei einem Haftprüfungstermin teilte der damalige Gefangene mit, dass er mit 1000 Euro monatlich den Schaden beheben möchte. Dazu wäre es wegen Pfändungen und Schwierigkeiten nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft nicht gekommen. Die Verteidiger teilten mit, dass es von einer Versicherung 250.000 Euro an den Insolvenzverwalter Lieser gegeben hätte. Schuldmindernd oder wiedergutmachend sah das die Staatsanwaltschaft nicht, da das Geld nicht von einer Versicherung des Angeklagten kam, sondern von einer Police der Lebenshilfe Rhein-Lahn.

Nun gibt es eine Verständigung mit einem Strafrahmen von 2 Jahren, 9 Monaten bis 3 Jahre und 3 Monate. Ob die hält, hängt davon ab, ob möglicherweise weitere schwere Vergehen im Laufe der Zeugenbefragungen zutage kommen. Dann würde eine solche Verständigung aufgehoben werden. Bereits am morgigen zweiten Verhandlungstag sollen die ersten Zeugen befragt werden.

Am Ende war es nicht allein die erhebliche Schadenssumme, die eine Strafe mit Aussetzung zur Bewährung unmöglich machte. Auch die erheblichen einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten flossen in die Überlegungen der Kammer mit ein. Bereits in den Vorjahren vor der Beschäftigung bei der Lebenshilfe Rhein-Lahn soll der ehemalige Geschäftsführer wegen Betruges und des Missbrauchs von Titeln verurteilt worden sein, zuletzt 2013 vor dem Amtsgericht in Lahnstein zu einer Strafe von einem Jahr und 10 Monaten Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung. Angeblich soll der Angeklagte unter Minderwertigkeitskomplexen gelitten haben. Mit gefälschten Uni-Abschlüssen und Promotionen der Universität Landau und einer weiteren mit Abschluss Magna cum laude abgeschlossenen Doktortitel in Theologie und als Diplompädagoge bewarb er sich bei einem beruflichen Trainingszentrum in Neuwied und wurde dort eingestellt. Ohne gefälschte Unterlagen hätte er die Stelle nicht erhalten. Das Gleiche später bei einem kirchlichen Krankenhausträger, wo er später fristlos gekündigt wurde, als die Fälschung nachgewiesen wurde.

Dennoch soll er Schriftverkehr mit Banken und Versicherungen mit dem gefälschten Doktortitel unterschrieben haben. 2016 endete seine Bewährungszeit vorzeitig. Nach seiner Tätigkeit bei einem Versandhausriesen ging es 2016 erstmalig als Prokurist zur Lebenshilfe Rhein-Lahn, und da muss tatsächlich hinterfragt werden: Bei einem Träger, der sich für beeinträchtigte Kinder und Erwachsene einsetzt, wurde kein Führungszeugnis eines Prokuristen verlangt? Erstaunlich.

Viele Fragen bleiben offen

Nach dem ersten Verhandlungstag bleiben viele Fragen offen, aber das war nicht anders zu erwarten gewesen. Rückfragen auf das Geständnis waren nicht zugelassen, außer es wäre nicht vollumfänglich und qualifiziert von der Kammer oder der Staatsanwältin anerkannt worden. Dem war zunächst nicht so, was für die Betroffenen unbefriedigend war. Sie hofften auf Antworten. Bei der Lebenshilfe Rhein-Lahn soll nach Aussagen von ehemaligen Mitarbeitern durch den ehemaligen Geschäftsführer ein hoher psychologischer Druck auf vereinzelte Beschäftigte ausgeübt worden sein. Die Arbeitsverhältnisse beschrieben viele als schwierig, doch wie weit kann daraufhin ein Gericht reagieren? Gar nicht. Hier geht es um die juristische Aufarbeitung, und die erhofften Antworten kann es nicht geben. Hochprofessionell und mit einem ruhigen roten Faden versehen, leitet der Vorsitzende durch die Verhandlung. Genauso unaufgeregt und nicht minder professionell arbeiten die Verteidiger und natürlich die Staatsanwaltschaft.

Angeklagter würdigte dem wenigen Publikum kaum einen Blick. Ruhig und aufmerksam verfolgte er die Verhandlung während er machmal lächelnd mit den Verteidigern kommunizierte

Ein Angeklagter hat das Recht auf eine gute Verteidigung, und genau das machen die Anwälte. Sie verteidigen, so wie es ihr Auftrag ist, überlegt und taktisch klug. Demgegenüber sitzt die Staatsanwältin, die eine Strafforderung formulieren muss, die aus ihrer Sicht den Vergehen des Angeklagten angemessen ist. Und genau darum geht es: Dort sitzen Vollprofis, die nur eins machen können – juristisch aufarbeiten.

Emotionslos ist dort keiner, aber genau darum darf es nicht gehen, denn Emotionen trüben die Sicht auf die juristische Perspektive, und am Ende hat all das durchaus eine Moral, denn mit dem Urteil wird etwas befriedet: Das Verhalten des Angeklagten wird sanktioniert. Mit der Strafe wird das eigene Schicksal nicht unbedingt verbessert. Die Auseinandersetzung mit der Schuld wird dem Angeklagten noch eine Zeitlang begegnen, und die Betroffenen der Lebenshilfe haben möglicherweise etwas Genugtuung erfahren, aber dennoch werden ihre Fragen Fragen bleiben.

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Koblenz

Walnussbaum-Allee soll nachhaltig an Koblenzer Tollitäten erinnern

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Foto: Stadt Koblenz | Andreas Egenolf

KOBLENZ Wer in Zukunft unweit des Ferienhausparks im Koblenzer Stadtteil Güls oberhalb des Moselufers spazieren geht, der kann das ab sofort auf der neuen „Tollitäten-Allee“ tun. Oberbürgermeister David Langner konnte mit dem Tollitätenpaar von 2024, Dirk Schmidt und Jenni Sauerborn, sowie dem Prinzen von 2023, Sven Alsbach, diesen neuen Weg offiziell eröffnen.

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Der Karneval spielt in Koblenz bekanntermaßen eine große Rolle und seine Gallionsfiguren sind Jahr für Jahr die Koblenzer Tollitäten, Prinz und Confluentia. „Bislang wurden diese im Nachgang ihrer Regentenzeit auf verschiedene Arten gewürdigt. Um zukünftig eine Erinnerung an die jeweiligen Protagonisten ab dem Jahr 2023 nachhaltig und klimafreundlich aufrecht zu halten, haben wir uns für die neue Tollitäten-Allee entschieden“, erklärt David Langner die Hintergründe.

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Die Idee dafür entstand bereits vor zwei Jahren und wurde mittlerweile nach dem Klären der Standortfrage in die Tat umgesetzt. Der Eigenbetrieb Grünflächen- und Bestattungswesen der Koblenzer Stadtverwaltung hat hierfür im vergangenen Herbst 17 Walnussbäume gepflanzt, die jeweils weit über 100 Jahre alt werden können. An den ersten beiden Baumstandorten wurden zudem Steine mit einer Plakette eingelassen, auf denen die Namen der Tollitäten-Paare 2023 und 2024 verewigt sind. 

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Oberbürgermeister David Langner konnte die Bäume nunmehr an die Tollitäten übergeben. Er hofft, dass hiermit eine schöne Tradition begründet wird, denn bis mindestens 2039 ist für bereits jetzt ein jährlicher Platz für die Koblenzer Tollitäten unter den gepflanzten Walnuss-Bäumen gesichert.

Die Tollitäten-Allee am Gülser Moselbogen bietet auch noch in den kommenden Jahren ausreichend Platz für die Würdigung des jeweiligen Prinzen und seiner Confluentia. Foto: Stadt Koblenz | Andreas Egenolf
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Koblenz

Koblenzer Wasserspielplatz in Betrieb

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Foto: (Archivbild - Stadt Koblenz / Alexander Fink): Wasserspielplatz am Deutschen Eck

KOBLENZ Der Wasserspielplatz am Deutschen Eck hat seinen Betrieb aufgenommen. Ab sofort können kleine Wasserfreunde dort also wieder nach Herzenslust Spaß mit dem kühlen Nass haben. Der Wasserspielplatz ist täglich von 11 bis 19 Uhr geöffnet.

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