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VG Nastätten

Aus für Nastättens “Kneipenpastor”? Evangelische Kirche in Hessen-Nassau verlängert den Vertrag nicht

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Foto: Titus Schlagowsky Copyright Freigabe für den Artikel durch Titus Schlagowsky

NASTÄTTEN „Titus Schlagowsky ist ein frommer Mann“, teilte der stellvertretende Pressesprecher Stephan Krebs von der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau dem BEN Kurier mit. „Dennoch wird die Institution der Kirche keine Beauftragung mehr erteilen…..“ Vom Saulus zum Paulus? Treffender kann man Titus Schlagowsky nicht beschreiben. 1969 wurde er in der ehemaligen DDR in Sachsen geboren. Seine Kindheit erlebte er behütet in einem christlichen Elternhaus. Außerhalb der Familie musste er als Gläubiger Repressalien des sozialistischen Einheitsstaates hinnehmen.

Nach der politischen Wende zog es ihn in den vermeintlich goldenen Westen. Das Ergebnis waren mehrere gescheiterte Beziehungen und eine finanzielle Bauchlandung in der selbständigen Existenz. Später lernte er in Nastätten seine heutige Frau kennen. Diese unterhielt bereits damals eine Kneipe und Cafe im blauen Ländchen. Gut ging es ihnen damals nicht. Der Betrieb war seinerzeit hoch verschuldet und Titus Schlagowsky sah als einzigen Ausweg, die Überstunden der Mitarbeiter in bar auszuzahlen. Das brachte ihm drei Jahre Gefängnisaufenthalt wegen Steuerhinterziehung ein.

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Vom Saulus zum Paulus – Titus Schlagowsky beschreibt in seinem Buch “der Kneipenpastor” den steinigen Weg zu seinem Weg zu Gott

Schlussendlich war genau dieses der Wendepunkt im Leben des heutigen Prädikanten. In Haft fand er zu Gott zurück. Wahrscheinlich war dieses die Auseinandersetzung mit seinem ureigenen Leben. Ein ergebnisorientiertes Streitgespräch mit dem Schöpfer und seinem eigenen Ich.  Nach der Haft, durchlief er die Ausbildung zum Prädikanten. Diese befähigte ihn, sowohl evangelische Gottesdienste abzuhalten wie auch Taufen durchzuführen. Mittlerweile steht er kurz vor dem Abschluss zum Diakon.

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Von Donnerstags bis Sonntags steht Titus Schlagowsky als Wirt in der Kneipe in Nastätten. Etwa 2010 wurde er von Gästen erstmalig gefragt, ob er sich nicht vorstellen könnte, einen Gottesdienst in der Gaststätte abzuhalten. Frei nach dem Motto: „Hole die Menschen dort ab, wo sie sind….“  Die Kneipengottesdienste wurden zu einem Erfolgsmodell. Doch genau dieses Unterfangen scheint der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ein Dorn im Auge zu sein.

Am 22.12.2021 unterrichtete die Nastättener Pfarrerin Constanze Reif Herrn Titus Schlagowsky in einem Schreiben, dass sie eine Beschwerde über das Verhalten des Prädikanten an das Dekanat und die Kirchenleitung gesendet habe. Dem Kirchenvorstand wäre bekannt geworden, dass der ausgebildeten Laienprediger Gottesdienste in Kneipen feiern würde und sogar einen open Air Gottesdienst planen würde. Diese untersagte die Pfarrerin im Namen des Kirchenvorstandes der evangelischen Kirchengemeinde Nastätten – Buch – Oelsberg dem „Kneipenpastor“.

Pressesprecher der EKHN: “Titus Schlagowsky trägt nicht die vorgeschriebene Kleidung während der Gottesdienste……”

Ausdrücklich wies sie im Schreiben darauf hin, dass ihr Ehemann Pfarrer Christopher Reif ein Telefonat mit Titus Schlagowsky führte, in dem besprochen wurde, dass Gottesdienste nur in Absprache mit dem Kirchenvorstand gehalten werden dürfen. Als Prädikant mit Beauftragung durch die evangelische Kirche Hessen-Nassau, würde der dem Kirchenrecht unterliegen. Auch bei der liturgischen Kleidung habe der Kirchenvorstand ein Mitspracherecht. Ähnlich sieht es er stellvertretende Pressesprecher Stephan Krebs von der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau: „Anhand der Kleidung muss Timo Schlagowsky als Beauftragter der Kirche erkennbar sein. Dieses ist leider nicht der Fall.“

Spielt die Kleidung eine solche Rolle? Ist unorthodoxes Auftreten bei jungen Menschen nicht sogar die Eintrittskarte für ein Glaubensgespräch?

Spielt die Kleidung eine solche Rolle? Ist unorthodoxes Auftreten bei jungen Menschen nicht sogar die Eintrittskarte für ein Glaubensgespräch? Wir fragten nach beim stellvertretenden Pressesprecher der EKHN: „Die Bekleidung hat sich über Jahrzehnte in der evangelischen Kirche bewährt und ist ein Symbol unseres Glaubens.“

Während seiner Inhaftierung, arbeitete Titus Schlagowsky beim Gefängnispfarrer und katholischen Diakon Dany als Küster. Dieser teilt auf Nachfrage des BEN Kurier keineswegs die Ansicht der EKHN: „Herr Schlagowsky ist einen beachtenswerten Weg gegangen. Normalerweise wirft man der katholischen Kirche die überholten Strukturen vor. Beispielhaft dafür steht das umstrittene Zölibat welches in der heutigen Zeit immer weniger Anhänger findet. Titus Schlagowsky holt die Menschen dort ab wo sie sind. Dabei sollten die kirchlichen Bekleidungsvorschriften keine Rolle spielen. Für mich ist eine solche Entscheidung der EKHN nicht nachvollziehbar.“

Unternehmen, Gottesdienstbesucher und Einrichtungen setzen sich für Titus Schlagowsky ein

Ähnliches Unverständnis äußerten auch zahlreiche Besucher der unkonventionellen Gottesdienste von Titus Schlagowsky. Einige Einrichtungen sollen bereits angekündigt haben, dass sie sich über die Entscheidung des Dekanat hinwegsetzen wollen. Über die Möglichkeit der sozialen Dienste, wollen sie weiterhin Titus Schlagowsky für Gottesdienste beauftragen. Ein Unternehmer aus Nastätten schrieb an den Kirchenvorstand: “Ich bin fassungslos, enttäuscht und entsetzt. Wie kann es sein, dass eine Pfarrerin einem Kirchenmitglied (*Prädikant Titus Schlagowsky) verbietet, dass Wort Gottes an seine Nächsten zu richten? Fassungslosigkeit macht sich bei mir und den Betroffenen breit und lässt uns am Sinn und Zweck der Kirche in Nastätten zweifeln…..” Der vom Kirchenpräsident geehrte Manfred Tuttlius aus Wiesbaden gab mittlerweile seine Urkunde zurück und kündigte den Austritt aus der evangelischen Kirche an: “Ich gehöre seit 69 Jahren der evangelischen Kirche an und habe Jahrzehnte ehrenamtlich in Wiesbaden mitgearbeitet im Kirchenvorstand, Küsterdienste bei Vakanz, Schiersteiner Kantorei usw. Der Anlaß meines Schreibens ist die Nichtverlängerung des Prädikantenamtes von Herrn Titus Schlagowsky aus dem Dekanat Nassauer Land. Ich habe Herrn Schlagowsky aus Nastätten kennengelernt, der in bewundernswerter Weise den Glauben verkündet….. Ich kann mit der evangelischen Kirche, so wie sie sich in der *Pandemie entwickelt hat, nicht mehr anfangen (*In Bezug auf Herrn Schlagowsky). Mein Entschluss steht fest: Ich trete aus und schicke die Urkunde zurück, die ich für meine langjährigen Dienste 2001 erhalten habe.”

Nach dem Willen der evangelischen Kirche in Hessen-Nassau soll es keine weitere Beauftragung nach dem 02.09.2022 mehr geben

Dennoch soll es nach dem Willen der evangelischen Kirche in Hessen-Nassau keine weitere Beauftragung nach dem 02.09.2022 mehr geben.  Am 28.01.2022 teilten der Probst Klaus-Volker Schütz und die Dekanin Renate Weigel in einem Schreiben mit, dass der Dienstauftrag als Prädikant der Landeskirche am 03.09.2022 ausläuft und nicht verlängert werden soll. Durch den Dienst von Titus Schlagowsky, wären in den vergangenen Wochen und Monaten erhebliche Verwerfungen und Konflikte entstanden.

Vorgeworfen wird ihm, dass er eigene Überzeugungen im Namen der Kirche verkündet hätte. Außerdem fehle es ihm an mangelnder Selbstreflexion und er würde die Qualitätsstandards der Homiletik nicht einhalten. Homiletik? Diese ist ein Teilbereich der praktischen Theologie und erklärt unter der Einbeziehung von Rhetorik und Kommunikationswissenschaften den theologischen Sinn und die Methoden des Kommunikationsprozesses, den die Predikt darstellt. Vereinfacht gesagt: Die Aufgabe der Homiletik ist es, dass beim Gottesdienstbesucher Veränderungen durch die Predigt in Gang gesetzt werden.

Die Predigten von Titus Schlagowsky versteht jeder. Bewusst wählt er einfache Worte um alle Besucher zu erreichen

Die Predigten von Titus Schlagowsky versteht jeder. Bewusst wählt er einfache Worte um alle Besucher zu erreichen. Mal laut und dann wieder ganz leise. Ein Gottesdienst bei ihm ist anders. Oftmals greift er das aktuelle Zeitgeschehen auf und legt auch einmal den Daumen in die Wunde von möglicherweise verkrusteten Kirchenritualen.

Ohne den Reformator Martin Luther gäbe es keine evangelische Kirche. Reformation bedeutet Erneuerung und im Sinne der Reformen auch Umgestaltung und Verbesserung des Bestehenden. Titus Schlagowsky scheint etwas verändern zu wollen doch genau dem möchte die evangelische Kirche Hessen-Nassau weder folgen noch es zulassen.

Auf Nachfrage des BEN Kurier erklärte die EKHN, dass sie keine weiteren Gespräche in der Sache mehr führen möchte

Der stellvertretende Pressesprecher der EKHN Stephan Krebs beschreibt den Prädikanten als charismatischen Menschen der durchaus seine Anhänger hat. Andererseits spricht er ihm eine egozentrische Haltung auf die Form seiner Andachten zu. Außerdem würde er kaum nach innen mit der EKHN kooperieren. „Titus Schlagowsky verfolge seine eigene Linie“, teilte der Pressesprecher mit. „Nach reiflichen Überlegungen, haben wir uns dazu entschlossen, den befristeten Vertrag nicht weiter zu verlängern. Der Prädikant erfüllt nicht unsere Qualitätsstandards.“

Noch darf der Prädikant in der Stiftung Scheuern, Singhofen oder im Schloss in Laurenburg Gottesdienste abhalten. Doch die Zeit läuft gegen ihn. Die Fronten zwischen den Parteien sind verhärtet. Einerseits steht dort ein Schäfer der auf unkonventionelle Art und Weise seine anvertraute Herde führen möchte. Andererseits will die EKHN das Experiment Titus Schlagowsky nicht mehr ertragen.

Auf Nachfrage des BEN Kurier erklärte die EKHN, dass sie keine weiteren Gespräche in der Sache mehr führen möchte.

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1 Comment

1 Comment

  1. Christa GERHARD

    3. Februar 2022 at 20:12

    Vielen Dank für den Artikel über den Kneipenpastor.
    Er ist sehr gut recherchiert und nicht nur von Seiten der EKHN gesehen und argumentiert.
    Gutes Hinterfragen des Redakteurs!
    Ich kenne Titus Schlagowsky persönlich, habe einige Kneipenandachten miterlebt und finde es toll, kreative Möglichkeiten zu finden, Menschen mit dem Evangelium zu erreichen. Da hingehen, wo die Menschen sind. Ich glaube, das gilt für die Zukunft immer stärker.
    Denn, schauen wir uns doch landesweit die sonntäglichen Besucherzahlen in den evangelischen Gottesdiensten an. Die sind sehr mager.
    Da ist es an der Zeit, sich Gedanken zu machen und über neue Methoden nachzudenken.

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Politik

Existenz gefährdet? Schlachthof Bayer kritisiert mögliche Gebührenerhöhung für Fleischbeschau!

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BAD EMS Der Kreisausschuss plant eine Erhöhung der Fleischbeschaugebühren für den Rhein-Lahn-Kreis. Während sich für Kleinbetriebe und Hausschlachtungen an der Preisstruktur nichts ändern soll, sollen gewerbliche Großbetriebe in Zukunft bei der Rinderfleischbeschau deutlich mehr bezahlen. Die angesetzten Gebühren bei der Schweineschlachtung sollen von 2,14 EUR auf 3,05 EUR steigen. Bei Rindern von 5,00 EUR auf 13,47 EUR.

Gerechnet nach den Schlachtzahlen aus dem Jahr 2023 würde das für 2024 etwa 67.000 EUR mehr an finanziellen Aufwendungen für den Betrieb Bayer in Niederwallmenach bedeuten. Spielraum für Erhöhungen der Verkaufspreise sieht das Unternehmen nicht mehr, da in der jüngsten Vergangenheit durch gestiegene Energiepreise und Mitarbeiterlöhne bereits Angleichungen der Verbraucherpreise gab. Die Firma befürchtet bei erneuten Preissteigerungen, dass die Kunden dauerhaft zu Wettbewerbern wechseln könnten.

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Das Unternehmen kündigte an, den Standort Niederwallmenach aufzugeben, wenn es zu der geplanten Gebührenerhöhung kommen würde. Auch die Kostenbeteiligung des Schlachthofes in Höhe von etwa 400.000 EUR beim Ausbau der Kläranlage im Ort würde zwangsläufig entfallen. Der Geschäftsführer appellierte an die Kreistagsmitglieder, dass diese sich genau überlegen sollten, ob sie einer solchen neuen Gebührenordnung zustimmen wollen, denn wäre die Schlachtung in Niederwallmenach einmal eingestellt, gäbe es an diesem Standort keine Zukunft mehr.

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Mittlerweile ruderten einige Kreistagsmitglieder zurück und wollen zunächst der Beschlussfassung nicht zustimmen. Ursprünglich sollte heute darüber entschieden werden, dazu wird es voraussichtlich nicht kommen. Besonders in den sozialen Medien bekam die Thematik eine Eigendynamik. Die Menschen entrüsteten sich über die mögliche finanzielle Belastung eines regionalen Anbieters. Vehement wurde für den Schlachthof in Niederwallmenach Partei ergriffen und Solidarität gezeigt.

Wettbewerbsungerechtigkeit für das Unternehmen Bayer oder jahrzentelanger Wettbewerbsvorteil gegen Mitbewerber?

Besonders in der geplanten Gebührenerhöhung sieht das Unternehmen eine Wettbewerbsungerechtigkeit. Wir haben uns einmal die Standorte von gewerblichen Großschlachtereien und die dort angesetzte Gebührenordnung in der Fleischhygiene angesehen, um einen Vergleich anzustellen. Und auch dort musste man deutlich unterscheiden, denn in vielen Kreisen gibt es keine gewerblichen Großschlachtbetriebe, und die Gebührenordnung ist primär auf die gewerblichen Kleinbetriebe abgestimmt. Wir haben uns ausschließlich an den Standorten mit gewerblichen Großbetrieben orientiert, um die Werte vergleichbar zu machen.

Schauen wir zunächst einmal auf die Gebührenordnung für Schweineschlachtungen. Der Rhein-Lahn-Kreis möchte von 2,14 EUR auf 3,05 EUR erhöhen. Günstiger ist es im Kreis Bernkastel-Wittlich. Bei angenommenen 1000 Schlachtungen pro Woche (Bayer Niederwallmenach) und 200 pro Tag bei einer 5-Tage-Woche würde der Betrieb in dem Kreis nur 1,71 EUR pro Schweineschlachtung bezahlen. In der Vulkaneifel (Eifelfleisch in Gerolstein) lägen die Kosten bei 2,80 EUR statt der angedachten 3,05 EUR. In Bad Kreuznach ist der Beisiegel Schlachthof. Dort liegen die Gebühren bei beachtlichen 8,54 EUR. Schaut man dort ein wenig über das Bundesland hinauf auf die ganz großen Schlachtbetriebe wie Tönnies in Rheda-Wiedenbrück oder Westfleisch, wird es interessant. Bei angenommenen 30 Schlachtungen pro Stunde müsste Tönnies 4,37 EUR pro Schwein bezahlen. Westfleisch käme mit 3,03 EUR günstiger weg.

Ganz anders sieht es bei den Gebühren für Rinder aus. Bisher verlangte der Rhein-Lahn-Kreis 5,00 EUR für die Fleischbeschauung bei Rindern. Der nunmehr angedachte Preis liegt bei 13,47 EUR. Und genau dort wird die Vergleichbarkeit sehr schwierig. Das Unternehmen Bayer ist im Bereich der Rinderschlachtung kein großer Schlachtbetrieb, sondern ein kleiner Gewerbebetrieb. In den Kreisen wird primär nach Schlachtart unterschieden und gerade nicht zusammengezählt. So kommt es vor, dass ein Unternehmen bei der Schweineschlachtung so hohe Zahlen vorweisen kann, dass es als gewerblicher Großbetrieb eingestuft wird und bei der Rinder- oder Geflügelschlachtung deutlich schlechter dasteht, da dort die Verwertungszahlen deutlich geringer sind.

Eine Preiserhöhung von 5 Cent je Kilo würden die Verbraucher nicht mittragen?

Statt einer von dem Unternehmen Bayer angenommenen Wettbewerbsbenachteiligung bei einer Gebührenerhöhung, dürfte es sich vielmehr um einen jahrzehntelangen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Mitbewerbern gehandelt haben bei bisherigen 5,00 EUR pro Fleischbeschau bei einem Rind. Das Unternehmen gibt auf ihrer Webseite an, dass es zwischen 40 und 80 Rinderschlachtungen pro Woche durchführt. Wir haben uns angesehen, was für die Menge in anderen Kreisen mit Schlachthofgroßbetrieben aufgerufen wird.

Im Kreis Bernkastel-Wittlich werden ab einer Schlachtleistung von 120 Rindern pro Tag 22,29 EUR fällig. In Bad Kreuznach sind es ab 65 bis 119 Rinder pro Tag 14,12 EUR und in der Vulkaneifel 15,64 EUR bzw. 6,13 EUR ab 120 Schlachtungen pro Tag. Der Rhein-Lahn-Kreis möchte zukünftig möglicherweise auf 13,47 EUR erhöhen und wäre damit noch sehr günstig im direkten Vergleich. Das Bundesland Bayern hat dieses Jahr einen Gesetzentwurf zur Preisdeckelung bei den Gebühren nach dem Fleischhygienerecht verabschiedet. Damit sollen kleinere und mittlere Schlachthöfe entlastet werden. Vermieden werden sollen damit lange Transportwege. Regionale Schlachtstrukturen sollen gestärkt werden. Allerdings betrifft das nur Unternehmen mit bis zu 1000 Großvieheinheiten im Jahr. Da liegt das Unternehmen Bayer in Niederwallmenach auch bei den Rindern bei einer Leistung von 40 bis 80 Stück die Woche drüber. Bei ausgewachsenen Rindern soll der Preis bei 14,00 EUR liegen.

Während andere Kreise nach Jungrindern (deutlich günstiger) und ausgewachsenen Tieren unterscheiden, soll es im Rhein-Lahn-Kreis einen Einheitspreis geben. Und eines ist sicherlich klar: Regionalität ist ein gewichtiges Argument. Für die zuliefernden Landwirte bedeutet es kurze Wege und damit geringere Kosten und für die Verbraucher ist es die Möglichkeit, heimische Metzgerwaren zu konkurrenzfähigen Preisen zu bekommen. Ein Schlachthof im Kreis ist sicherlich ein Luxus, den zahlreiche andere Gemeinden gerne hätten.

Und trotzdem darf sich ein Kreis nicht beirren lassen. Insbesondere bei der Erhöhung der Gebühren zur Fleischbeschau bei Rindern ist der Schritt überfällig. Mit bisherigen 5,00 EUR konnte das kaum kostendeckend bei einer Schlachtleistung von 40 bis 80 Rindern die Woche gewesen sein. Ein ausgewachsenes Schlachtrind wiegt etwa 330 kg. Bei durchschnittlich angenommenen 48% Schlachtabfällen und einer Kostenerhöhung von 8,47 EUR je Rind wären das auf das Kilo brutto gerechnet rund 5 Cent. Und eine Preiserhöhung von 5 Cent je Kilo würden die Verbraucher nicht mittragen?

Gerade die gewerblichen Kleinbetriebe können nicht mit einem Unternehmen wie Bayer konkurrieren. Sie zahlen 20,00 bei Rindern ab 6 Schlachtungen und müssen sich in Nischen trotzdem dem Wettbewerb stellen. Bei bisherigen 5,00 EUR je Fleischbeschau und lediglich 40 bis 80 Schlachtungen von Rindern je Woche käme die Weiterführung der bisherigen Regelung einer versteckten Subvention des Kreises gleich. Bei dem angedachten neuen Preis von 13,47 EUR ist dieser noch immer über dem Kreis hinaus konkurrenzlos günstig, sofern man richtigerweise die Schlachtmenge beachtet.

Ein Shitstorm in den sozialen Medien beeindruckt scheinbar selbst gestandene Kreispolitiker

Die Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderung Rhein-Lahn hofft auf legale Wege, das Unternehmen nicht weiter zu belasten, damit regionale Strukturen der Lebensmittelversorgung gesichert bleiben. Sie sieht besonders die Belastung durch den Fachkräftemangel, Energiepreis- und Lohnsteigerungen. Dazu sind immer mehr behördliche Anforderungen zu erfüllen. Im aktuellen Fall zur Firma Bayer führt sie die bereits 2017 eingeführte EU-Verordnung an, welche die Kreisverwaltung verpflichtet, die Gebührenstruktur anzupassen. Dabei wäre aber der Schuldige weder in der Kreisverwaltung noch im Land oder dem Bund zu suchen, denn immerhin handelt es sich um eine EU-Verordnung, die dem Tierschutz dienen soll. Bei der Tötung der Tiere müssen nach der erlassenen Verordnung dauerhaft ein Veterinär anwesend sein und ein weiterer müsste eine Probe entnehmen. Europäische Gesetze müssen vor Ort umgesetzt werden.

»Die Firma Bayer ist für unsere Region als regionaler Lebensmittelversorger, als Arbeitgeber, aber auch für unsere vielen regionalen Landwirte mit Viehhaltung ein wichtiges, höchst relevantes Unternehmen. Wertvolle Lebensmittelversorgung wird hier vor Ort sichergestellt. Als Wirtschaftsförderin bin ich der Meinung, dass jede mögliche Prüfung erfolgen muss, wie diese hohe, zusätzliche Kostenbelastung für die Firma Bayer reduziert werden kann. Gleichzeitig müssen wir uns bewusst sein, dass die durch Gesetz auferlegten Vorgaben eine Kostenumlage in Form von Gebühren erfordern; tut der Kreis das nicht, ist dies faktisch eine unerlaubte verdeckte Subvention mit ebenfalls weitreichenden Folgen. Es gilt in dieser Situation, alle Möglichkeiten auszuloten und gemeinsam mit Sachverstand legale Wege zu finden. Hilfreich wäre dabei schon, wenn die Exekutive in allen Ländern der EU, wo diese Verordnung und alle anderen Verordnungen wie bei uns gelten, deren Umsetzung ernsthaft kontrollieren würden. Andernfalls entstehen hier vor Ort Wettbewerbsnachteile und die, die sich an Recht und Gesetz halten, sind am Ende die Dummen«, teilt die Geschäftsführerin der WfG Rhein-Lahn mit.

Eine Überschrift in den sozialen Medien reichte aus, um einen donnernden Protest gegen die Pläne des Kreises auszulösen. Ein solcher Shitstorm beeindruckt scheinbar selbst gestandene Kreispolitiker. Nicht wenige knickten ein und versprachen, die Zustimmung zur Beschlussvorlage zu verweigern oder Nonkonformität ist unerwünscht und so schwimmen die Fische im Gleichklang ihres Abgesangs einer polarisierenden Nachricht hinterher, ohne zu hinterfragen. Das Phänomen der sozialen Medien. Nur darf ein Kreis sich davon erschüttern lassen oder ist er nicht dazu aufgerufen, gleiche Verhältnisse für alle zu schaffen, ohne das Ansehen des Unternehmens? Muss es nicht auch kostendeckend arbeiten?

Lokal ist längst zu einem Schlachtruf geworden. Und dennoch endet die Regionalität nicht an den Grenzen des Rhein-Lahn-Kreises. Viel zu gerne glaubt man, dass der Kreis eine Scheibe ist, von der man hinten herunterfällt. Hähnchen aus Schweighausen, Milch aus Endlichhofen und der Schnaps aus Hirschberg. Schön ist das. Doch in Zeiten der Globalisierung gehören auch die Äpfel aus der Eifel, der Wein von der Mosel und die Kirschen aus dem Rhein-Taunus-Kreis dazu. Und das am Besten zu ähnlichen Bedingungen. Und da sind wir wieder beim Schlachthof Bayer in Niederwallmenach.

Einen Wettbewerbsnachteil soll der Betrieb auf keinen Fall erleiden, aber auch keinen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil bei der Fleischbeschau von Rindern erlangen. Zudem darf die Entscheidung eines Kreisausschusses nicht davon abhängig gemacht werden, wie sich das Schwarmverhalten in den sozialen Medien entwickelt oder ob Druck auf ihn ausgeübt wird. Es bleibt abzuwarten, wie die Entscheidung des Kreises ausfällt, die heute sicherlich nicht getroffen wird.

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Schulen

Jede Stimme zählt: Kita Holzhausen ist RLP-Finalist im bundesweiten Förderwettbewerb – Mit abstimmen!

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HOLZHAUSEN So etwas erlebt man nicht alle Tage: Die Kita Holzhausen in der Verbandsgemeinde Nastätten ist einer der rheinland-pfälzischen Finalisten im bundesweiten Förderwettbewerb der Stiftung Bildung. Kreativität ist dabei gefragt und die Nicolaus-August-Otto Kita steht nicht ohne Grund im Finale, denn sie haben sich was richtig Tolles einfallen lassen, was gewürdigt wurde. Die rund fünfzig am Projekt beteiligten Kleinsten waren die Größten, wenn es um den Bau von Nistkästen ging.

Natürlich gab es ein wenig fachkundige Anleitung, aber schon dann war der Erfindergeist der jungen Architekten gefragt. Zu Recht sind sie nun eine der RLP-Finalisten und können sich berechtigte Hoffnung auf den mit 5000 EUR dotierten Publikumspreis machen. Möglich ist das nur mit ihrer Hilfe. Wäre es nicht toll, wenn einmal eine Kita aus dem Rhein-Lahn-Kreis mit den Geldern bedacht wird? Sie können das unterstützen und für das Nistkästen-Projekt der Kita Holzhausen unter www.stiftungbildung.org/projekt-neue-nistkaesten-fuer-den-wald/ abstimmen.

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Zögern Sie bitte nicht, da die Abstimmung nur noch heute (30.11.2023) möglich ist und dann heißt es Daumen drücken.

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So ein Engagement muss man einfach unterstützen. Nicht nur, dass die Kinder die Nistkästen selbst herstellten, sie haben auch die Vielfalt der einheimischen Tiere und Natur kennengelernt. Und nach einigem Bohren, Schrauben, Hämmern und Sägen, ging es mit dem Förster hinaus in den Wald um geeignete Plätze zum Errichten der Nistkästen zu finden. So manch eine Blaumeise oder Rotkehlchen wird in Zukunft eine neue Heimat in den Nistkästen finden.

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Politik

Innovation für das Blaue Ländchen: SPD beantragt Amt-O-Mat für Nastätten

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NASTÄTTEN Die SPD in Nastätten hat einen bedeutenden Schritt zur Modernisierung der Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger der Verbandsgemeinde initiiert. Mit ihrem Vorstoß bei der Verbandsgemeinde hat sie die Einführung eines innovativen Amt-O-Mat erwirkt, der darauf abzielt, die Verwaltungsprozesse zu optimieren und den Zugang zu Dienstleistungen zu erleichtern.

Der Amt-O-Mat soll es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, eine Vielzahl von Verwaltungsaufgaben eigenständig und unabhängig zu erledigen. Von der Antragsstellung bis zur Gebührenzahlung bieten dieser automatisierte Servicepunkt eine breite Palette von Dienstleistungen, die zugänglich werden sollen. Dies trägt dazu bei, Wartezeiten zu reduzieren und die Effizienz der Verwaltung deutlich zu steigern. Gefördert werden solche Projekte vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen im Rahmen des Modellprojektes Smart Cities. Dabei geht es um gesamtheitliche Entwicklungskonzepte, die darauf abzielen, Städte und Gemeinden lebenswerter, effizienter, technologisch fortschrittlicher´, ökologischer und sozial inklusiver zu gestalten. Doch was könnte das für die Bürger in der Praxis bedeuten? Onlineanträge wie die Hundesteuer können am Automaten gestellt werden. Das Einscannen von Dokumenten ist möglich, Bescheinigungen könnten ausgedruckt und Gebühren bezahlt werden. Dabei kann man es sich etwa vorstellen, wie eine Ausgabe- und Abholstation. Über das Ausgabeterminal kann man Unterlagen und Dokumente abholen, wie zum Beispiel einen neuen Personalausweis oder auch Sachen abgeben, die dann von einem Mitarbeiter der Verwaltung entnommen werden.

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Alles reine Fiktion? Nein, schon lange nicht mehr. Die Digitalisierung und Vereinfachung der Verwaltungsabläufe über Amt-O-Maten ist längst keine Zukunftsmusik mehr. In einigen Pilotprojekten wurde das Modell erfolgreich getestet. Für die Nutzer heißt es dann: 24 Stunden Service, wenn man das möchte und bereit ist den Weg zum Amt-O-Mat zu gehen. Wer das nicht möchte und lieber das persönliche Gespräch sucht, für den ändert sich rein gar nichts. Im Augenblick ist es etwas mehr als nur eine Idee.  Der Antrag der SPD an die Verbandsgemeinde Nastätten ist gestellt. Bis zu einer möglichen Umsetzung dürfte es noch etwas dauern. Doch warum nur in Großstädten solche Projekte verwirklichen? Besonders auf dem Ländchen sind Innovationen gefragt und ein solcher Amt-O-Mat könnte durchaus Wartezeiten und Bürokratiehindernisse abbauen. Ob es dazu kommen wird muss jetzt in der Verbandsgemeinde entschieden werden.

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