Politik
Stadt Nassau untersucht: Ehrenbürger Günter Leifheit soll zur Waffen-SS und Hitlers Leibstandarte gehört haben
NASSAU Die Stadt Nassau hat eine wissenschaftliche Studie über die nationalsozialistische Vergangenheit von Günter Leifheit erhalten. Verfasser der Studie ist der Historiker Stefan Holler, der in seiner Forschung neue Erkenntnisse über das Leben des bekannten Unternehmers und Gründers der Leifheit AG ans Licht gebracht hat. Darin führt er unter anderem aus, dass der 2009 verstorbene Geschäftsmann nicht nur Mitglied der NSDAP war, sondern auch Offizier bei der Waffen-SS in der Leibstandarte Adolf Hitlers. Das berichtete heute die Zeitung Merkur hier. Einen sehr ähnlichen ausführlichen Artikel vom heutigen Tag findet sich auch in der Süddeutschen Zeitung (hier).
Ob Günter Leifheit auch ein Kriegsverbrecher wäre, würde sich heute nicht mehr nachweisen lassen, schreibt die Merkur. Aus deren Recherchen geht hervor, dass Günter Leifheit auch noch Zugführer des Panzerregiment I. gewesen sein soll, das an vielen Verbrechen beteiligt gewesen war. Laut dem Historiker Holler wäre Günter Leifheit mit hoher Sicherheit Mitwisser gewesen. Seine braune Karriere soll Günter Leifheit noch vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten begonnen haben. Mit elf Lebensjahren trat er dem Deutschen Jungvolk bei und schaffte es bis zum Jungbannführer in Wuppertal. Rund 2500 bis 3000 Jugendliche hatte er dort unter seinem Kommando. Mit 18 Jahren soll er direkt der NSDAP beigetreten sein. Zwei Jahre später soll sich Günter Leifheit freiwillig für die Waffen-SS beworben haben, wo er 1940 persönlich auf Hitler vereidigt worden sein soll. Anfang Juli soll der Historiker Holler sein Gutachten an die Stadt Nassau und Garmisch-Partenkirchen versendet haben.
Stadt Nassau untersucht nationalsozialistische Vergangenheit von Günter Leifheit
Holler bezeichnet Nassau als seine Heimat. Während der andauernden Corona-Zeit will er seine Recherchen begonnen haben. Ihn soll es verwundert haben, dass noch in der Zeit von 1958 bis 1968 in Nassau die Veteranen der Hitlerschen Leibstandarte mit mehr als 1000 Personen Treffen abhielten, wo das in anderen Orten längst unmöglich war. Dadurch stieß er auf Günter Leifheit. Im Bundesarchiv soll er laut dem Merkur fündig geworden sein mit einer kompletten Akte zu Günter Leifheit, welche die NSDAP Karriere des Firmengründers belegte. Nicht nur in Nassau ist Günter Leifheit Ehrenbürger. Auch in Garmisch-Partenkirchen wurden Millionen aus der Stiftung investiert.
Die Gemeinde in Bayern und auch Nassau reagierten prompt, aber unterschiedlich auf das 54-seitige fundierte Gutachten, das mit Fakten und Quellen bestückt sein soll. Garmisch-Partenkirchen rief eine medienwirksame Sitzung ein und teilte mit, dass sie das Gutachten überprüfen wollen und dann überlegen müssen, wie sie mit dem gesellschaftlichen Erbe von Günter Leifheit umgehen werden. Auch die Stadt Nassau reagierte schnell, besprach intern das weitere Vorgehen und nahm umgehend Kontakt zu Herrn Holler auf. Ebenso wurde mit der Leifheit Stiftung und dem Leifheit Campus über die Studie gesprochen. Mit der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen ist die Stadt Nassau ebenfalls in Kontakt getreten. In kurzer Zeit soll ein Treffen mit Vertretern der Leifheit Stiftung und des Leifheit Campus stattfinden, um über die neuen Erkenntnisse und dem Umgang damit zu beraten.
Die städtischen Gremien werden nach der Sommerpause mit dem Fall betraut und sollen prüfen, ob weitere Schritte erforderlich sind. Auch das städtische Archiv sowie der Geschichtsverein Nassau wurden gebeten, sich intensiv mit den Ergebnissen der Studie auseinanderzusetzen. Ziel ist es, gemeinsam zu überlegen, wie mit den Recherchen von Herrn Holler umgegangen werden soll. Die Stadt Nassau möchte in enger Abstimmung mit allen beteiligten Institutionen und Experten die nächsten Schritte festlegen und sorgfältig prüfen, welche Konsequenzen aus den neuen Erkenntnissen gezogen werden müssten. Günter Leifheit, der Gründer der Leifheit AG, war zu Lebzeiten eine prominente Persönlichkeit in der Region. Er war als erfolgreicher Unternehmer, Gönner und Stifter Sponsor für sehr viele soziale und gemeinnützige Zwecke. Die Stadt Nassau ist entschlossen, den Sachverhalt umfassend zu klären und in der Öffentlichkeit für Transparenz zu sorgen.
Weitere Informationen sollen nach dem geplanten Treffen mit der Leifheit Stiftung und dem Leifheit Campus bekannt gegeben werden. Nassaus Stadtbürgermeister Manuel Liguori teilte mit, dass alle Interessierten eingeladen sind, den Fortgang der Untersuchungen zu verfolgen und sich an der Diskussion über den Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Günter Leifheits zu beteiligen.
Ohne Günter Leifheit und seiner Stiftung gäbe es in Nassau weder das Gymnasium noch das Kulturhaus. Die Stiftung hat für die Region finanziell unglaubliches geleistet und am Ende stand dort der Nassauer Ehrenbürger mit dem Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz. Ein Vorbild mit antisemitischer Gesinnung? Die Zeitung Merkur schrieb: Vom Saulus zum Paulus, und vielleicht liegt darin viel Wahrheit. Am Ende steht die schwierige Frage, wie man damit umgehen möchte, denn ein aktives NSDASP Mitglied mit aktiver SS Vergangenheit wäre sicherlich nicht das, was sich eine Stadt als Vorbild für die nachfolgenden Generationen wünscht und auf der anderen Seite der moralischen Waage steht die Leifheit Stiftung von Ilse und Günter Leifheit, die so viel Gutes bewirkt hat, aber kann das eine solch gravierende mögliche Schuld aufwiegen?
Jeder wird die moralische Frage anders beantworten, aber es wird interessant zu sehen sein, was in Zukunft möglicherweise unter einem Denkmal von Günter Leifheit stehen mag und all der Institutionen wie Schulen oder Kulturhaus, die nach ihm benannt sind, denn das wissenschaftliche Gutachten ist nahezu erdrückend in der Beweislage.
Der Artikel beruft sich auf den Merkur und Süddeutsche Zeitung Artikel. Sie berichteten zuerst! Artikel hier: Merkur: Hier – Süddeutsche: Hier
Koblenz
Viele Besucher auf dem »Fest der Demokratie« in Koblenz
KOBLENZ Am vergangenen Samstag fand in Koblenz ein rauschendes Fest der Demokratie statt. Über 50 Vereine nahmen an der Veranstaltung in der Rhein-Mosel-Halle teil. Durch das Bühnenprogramm führte der Bündnis 90/Die Grünen Landtagsabgeordnete Josef Winkler. Nun hätte man vielleicht auf so einem Event ausschließlich Menschenrechtsorganisationen und Parteien erwartet, doch das angebotene Spektrum war vielfältiger. Neben Amnesty International waren auch viele lokale Vereine vor Ort.
Landtagsabgeordneter Josef Winkler: »Die wehrhafte Demokratie braucht auch Verteidiger. Insofern war es eine große Ermutigung, so viele Akteure, Vereine und Verbände in der Rhein-Mosel-Halle begrüßen zu können«
Darunter auch der runde Flüchtlingstisch aus Lahnstein, zahlreiche Tierschutzorganisationen und auch die Feuerwehren sowie das Deutsche Rote Kreuz. »Die wehrhafte Demokratie braucht auch Verteidiger. Insofern war es eine große Ermutigung, so viele Akteure, Vereine und Verbände in der Rhein-Mosel-Halle begrüßen zu können«, teilte der Landtagsabgeordnete Josef Winkler mit. »Ich finde, das war ein großer Erfolg.« Wohl wahr.
Dabei stellt sich die Frage, weshalb die Errungenschaften einer Demokratie überhaupt erst wieder verteidigt werden müssen? Sind wir tatsächlich schon wieder so weit, dass eine friedvolle Veranstaltung von Polizeikräften begleitet werden muss, weil die Wehrhaftigkeit der Demokratie infrage gestellt wird? Mittlerweile hat sich das Sicherheitsgefühl geändert und es ist in einer tief gespaltenen Gesellschaft längst keine Selbstverständlichkeit mehr, für ein offenes Miteinander eintreten zu dürfen.
Jutta Niel, Kreisvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen Rhein-Lahn: »Die Demokratie ist ein Geschenk für uns. Dass wir frei sen können und unsere Meinung sagen dürfen, ist in anderen Ländern keine Selbstverständlichkeit«
Die zahlreichen Besucher einer solchen Messe dürften sich im kleinsten Nenner einig sein: Freiheit und Grundrechte dürfen nicht angetastet werden, doch das Sehen längst nicht mehr alle Bürger so. Hier kommt ein Fest der Demokratie an seine Grenzen. Einerseits laden sie zum Dialog ein und andererseits wird es keine Gespräche mit den Kontrahenten geben, denn die bleiben in der Regel den Events fern. So durften die Teilnehmer mit dem guten Gefühl heimgehen, etwas bewirkt zu haben unter den Menschen, wo sie meist nichts am Bewusstsein verändern mussten.
Bundestagsabgeordneter Josef Oster: »Als Bundestagsabgeordneter ist man Demokratiebotschafter und ich bin dankbar dafür, dass sich meine Heimatstadt Koblenz mit dem Fest der Demokratie so für die Menschenrechte einsetzt«
Das Fest der Demokratie ist am Ende ein wichtiges Symbol für die Unterdrückten in einer Gesellschaft gewesen. Viele Menschen stehen für sie ein und wollen sie nicht vergessen, aber eine Veränderung in einer Gesellschaft wird es wahrscheinlich nicht bewirken können, denn dafür müssen tiefe Gräben zugeschüttet werden und dazu ist bisher kaum einer bereit. Am Ende steht die Frage, zu welchem Preis eine überwindende Brücke gebaut werden kann, wer der Architekt ist und welche Randgruppen den Tribut zahlen müssen. Genau das ist der Maßstab einer wehrhaften Demokratie.
Blaulicht
1,2 Millionen für den Ausbau des Feuerwehrhauses in St. Goarshausen in Aussicht gestellt
ST. GOARSHAUSEN Staatssekretär Daniel Stich überbringt gute Botschaft für die Feuerwehr St. Goarshausen: Vorzeitiger Bau- und Maßnahmenbeginn für Neubau des Feuerwehrhauses – Förderung von gut 1,2 Mio. € in Aussicht gestellt. Staatssekretär Daniel Stich aus dem Mainzer Innenministerium war auf Einladung des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde Loreley, Mike Weiland, zu Gast in St. Goarshausen.
Nach kurzer Stippvisite am bisherigen Standort in der Dolkstraße, wo es gegenüber dem Gast aus Mainz keiner langen Überzeugungsarbeit für den Neubau durch Bürgermeister und Wehrführer Dirk Jacoby bedurfte, wechselte man mit dem Landtagsabgeordneten Roger Lewentz zum neuen Standort an der Nastätter Straße. Dort wurde anhand von Plänen live und in Farbe die Planung vorgestellt.
“Ich kenne Daniel Stich aus meiner früheren beruflichen Tätigkeit im Innenministerium nun bereits seit 18 Jahren als verlässlichen Ansprechpartner und habe mich sehr darüber gefreut, dass er sich nach meiner Einladung nicht nur kurzfristig Zeit genommen hat, in die Loreleystadt zu kommen, sondern auch noch dazu eine gute Botschaft für unsere Feuerwehr im Gepäck hatte”, zog Mike Weiland nach dem Termin ein Fazit.
“Wir freuen uns, dass wir auf unseren Förderantrag für den Neubau aus März 2024 nun die Rückmeldung haben, dass nach fachtechnischer Prüfung die Notwendigkeit des Bauvorhabens grundsätzlich anerkannt ist und aufgrund der Dringlichkeit die Zustimmung des sog. vorzeitigen Bau- bzw. Maßnahmenbeginns erfolgt ist. In Aussicht gestellt wird eine Landesförderung in Höhe von 1.213.100 €. Das entspricht einer Förderquote von 50 % der als zuwendungsfähig anerkannten Kosten in Höhe von 2.426.200 €.
Derzeit kann jedoch mit dem Neubau noch nicht begonnen werden, weil einerseits die im Mai 2023 beantragte Baugenehmigung von der Kreisverwaltung noch nicht erteilt ist und damit andererseits bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion noch nicht final über eine weitere erwartete Zuwendung aus Städtebaufördermitteln für die Baureifmachung des Geländes, also Abriss der ehemaligen Gärtnerei nebst Hangsicherung und Behelfsbrücke, entschieden werden konnte.
“Mit jedem Quartal, das ins Land geht, können wir von steigenden Kosten ausgehen, ohne dass wir später mehr Förderung erhalten, denn die bezieht sich auf den Zeitpunkt der Antragstellung”, so Mike Weiland nach Monaten, in denen scheibchenweise Unterlagen nachgefordert, zusätzlich erstellt und beauftragt werden mussten, nachdem unzählige Ortstermine stattgefunden haben, auch zwischenzeitlich etwas ernüchtert, aber nicht entmutigt.
“Wir haben bislang alle uns von Aufsichts- und Genehmigungsbehörden auferlegten Aufträge und Prüfungen erledigt sowie Hürden genommen und werden auch weitere Wegmarken erreichen”, ist er weiter zuversichtlich.
Durch persönliche Bitte des Bürgermeisters beim Fördermittelgeber nach der Sommerpause werden erfreulicherweise die für die Baureifmachung bis dahin ermittelten Mehrkosten mitgetragen und gefördert werden können. Nun möchte die Verbandsgemeinde im Sinne der Feuerwehr aber auch diesen Schritt abschließen können, denn die aktuell geschätzten Kosten für die Baureifmachung betragen inzwischen ca. 6 Mio. €, für die man sich zusätzlich rund 50 % Förderung erhofft.
Die geschätzten Kosten für das neue Feuerwehrgerätehaus liegen bei ca. 5 Mio. €, für die jetzt der Staatssekretär die gute Nachricht im Gepäck hatte. “Wir würden uns wünschen, wenn wir in diesem Jahr vielleicht noch mit dem Räumen des Geländes beginnen und dann Anfang des neuen Jahres mit der Baureifmachung starten könnten”, so Bürgermeister Mike Weiland und Wehrführer Dirk Jacoby abschließend.
Montabaur
Lange Nacht der Demokratie in Montabaur bot viel Stoff zum Nachdenken
MONTABAUR Was bedeutet Demokratie für mich? Diese Frage stand im Mittelpunkt der „Langen Nacht der Demokratie“, zu der die beiden Volkshochschulen der Verbandsgemeinde Montabaur und des Westerwaldkreises im Rahmen des landesweiten Demokratietages eingeladen hatten. Im Vorfeld hatte sich eine Schülergruppe des Mons-Tabor-Gymnasiums mit der Frage auseinandergesetzt und ein Video gedreht, in dem es um Vorurteile gegen ausländische Mitmenschen geht – und wie diese mit Fakten widerlegt werden können.
Demokratie braucht sachliche Auseinandersetzung und gegenseitigen Respekt – so das Fazit des Films. Das Projekt hatte die Sozialkundelehrerin Rebecca Gläßer gemeinsam mit JumaZu durchgeführt, dem Jugendbeteiligungsprojekt der VG Montabaur. Eine Gruppe des Lernzentrums der vhs hatte sich ebenfalls mit der Frage befasst, was Demokratie bedeutet. Die Besucher des Lernzentrums sind Menschen, die aus Nicht-EU-Ländern kommen, häufig aus Ländern, die nicht demokratisch regiert werden.
Lorena Kutscheid, die Leiterin des Lernzentrums, hatte mit ihren Teilnehmern über das Grundgesetz der Bundesrepublik gesprochen. Ihre Kernpunkte hatten die Teilnehmer, die gerade Deutsch lernen oder ihre Sprachkenntnisse verbessern, in einfacher Sprache auf Plakate geschrieben: Die Aussage „Vielfalt ist das, was wir alle gemeinsam haben“ erhielt bei der Präsentation der Plakate (Foto) den meisten Applaus. Die Ergebnisse der beiden Gruppenarbeiten sowie die Bodenzeitung, die beim Halt des Demokratiebusses in Montabaur entstanden war, wurden bei der „Langen Nacht der Demokratie“ im Historica Gewölbe öffentlich vorgestellt.
Auf dem Podium diskutierten die beiden vhs-Leiterinnen Caroline Albert-Woll (Montabaur) und Alexandra Tschesche (Westerwaldkreis) mit Landtagspräsident Hendrik Hering über das Gezeigte. Aus den Reihen der Zuschauer kamen viele Fragen an Hendrik Hering zur aktuellen politischen Situation und den Gefahren für die Demokratie. „Das Wichtigste ist der Respekt“, stellte Hering fest. Die Demokratie basiert auf freien Wahlen, Gewaltenteilung, Meinungsfreiheit und Minderheitenschutz. Als Landtagspräsident sei es seine Aufgabe, diese Werte zu schützen (pm).
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