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VG Nastätten

Aus für Nastättens „Kneipenpastor“? Evangelische Kirche in Hessen-Nassau verlängert den Vertrag nicht

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Foto: Titus Schlagowsky Copyright Freigabe für den Artikel durch Titus Schlagowsky
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NASTÄTTEN „Titus Schlagowsky ist ein frommer Mann“, teilte der stellvertretende Pressesprecher Stephan Krebs von der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau dem BEN Kurier mit. „Dennoch wird die Institution der Kirche keine Beauftragung mehr erteilen…..“ Vom Saulus zum Paulus? Treffender kann man Titus Schlagowsky nicht beschreiben. 1969 wurde er in der ehemaligen DDR in Sachsen geboren. Seine Kindheit erlebte er behütet in einem christlichen Elternhaus. Außerhalb der Familie musste er als Gläubiger Repressalien des sozialistischen Einheitsstaates hinnehmen.

Nach der politischen Wende zog es ihn in den vermeintlich goldenen Westen. Das Ergebnis waren mehrere gescheiterte Beziehungen und eine finanzielle Bauchlandung in der selbständigen Existenz. Später lernte er in Nastätten seine heutige Frau kennen. Diese unterhielt bereits damals eine Kneipe und Cafe im blauen Ländchen. Gut ging es ihnen damals nicht. Der Betrieb war seinerzeit hoch verschuldet und Titus Schlagowsky sah als einzigen Ausweg, die Überstunden der Mitarbeiter in bar auszuzahlen. Das brachte ihm drei Jahre Gefängnisaufenthalt wegen Steuerhinterziehung ein.

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Vom Saulus zum Paulus – Titus Schlagowsky beschreibt in seinem Buch „der Kneipenpastor“ den steinigen Weg zu seinem Weg zu Gott

Schlussendlich war genau dieses der Wendepunkt im Leben des heutigen Prädikanten. In Haft fand er zu Gott zurück. Wahrscheinlich war dieses die Auseinandersetzung mit seinem ureigenen Leben. Ein ergebnisorientiertes Streitgespräch mit dem Schöpfer und seinem eigenen Ich.  Nach der Haft, durchlief er die Ausbildung zum Prädikanten. Diese befähigte ihn, sowohl evangelische Gottesdienste abzuhalten wie auch Taufen durchzuführen. Mittlerweile steht er kurz vor dem Abschluss zum Diakon.

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Von Donnerstags bis Sonntags steht Titus Schlagowsky als Wirt in der Kneipe in Nastätten. Etwa 2010 wurde er von Gästen erstmalig gefragt, ob er sich nicht vorstellen könnte, einen Gottesdienst in der Gaststätte abzuhalten. Frei nach dem Motto: „Hole die Menschen dort ab, wo sie sind….“  Die Kneipengottesdienste wurden zu einem Erfolgsmodell. Doch genau dieses Unterfangen scheint der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ein Dorn im Auge zu sein.

Am 22.12.2021 unterrichtete die Nastättener Pfarrerin Constanze Reif Herrn Titus Schlagowsky in einem Schreiben, dass sie eine Beschwerde über das Verhalten des Prädikanten an das Dekanat und die Kirchenleitung gesendet habe. Dem Kirchenvorstand wäre bekannt geworden, dass der ausgebildeten Laienprediger Gottesdienste in Kneipen feiern würde und sogar einen open Air Gottesdienst planen würde. Diese untersagte die Pfarrerin im Namen des Kirchenvorstandes der evangelischen Kirchengemeinde Nastätten – Buch – Oelsberg dem „Kneipenpastor“.

Pressesprecher der EKHN: „Titus Schlagowsky trägt nicht die vorgeschriebene Kleidung während der Gottesdienste……“

Ausdrücklich wies sie im Schreiben darauf hin, dass ihr Ehemann Pfarrer Christopher Reif ein Telefonat mit Titus Schlagowsky führte, in dem besprochen wurde, dass Gottesdienste nur in Absprache mit dem Kirchenvorstand gehalten werden dürfen. Als Prädikant mit Beauftragung durch die evangelische Kirche Hessen-Nassau, würde der dem Kirchenrecht unterliegen. Auch bei der liturgischen Kleidung habe der Kirchenvorstand ein Mitspracherecht. Ähnlich sieht es er stellvertretende Pressesprecher Stephan Krebs von der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau: „Anhand der Kleidung muss Timo Schlagowsky als Beauftragter der Kirche erkennbar sein. Dieses ist leider nicht der Fall.“

Spielt die Kleidung eine solche Rolle? Ist unorthodoxes Auftreten bei jungen Menschen nicht sogar die Eintrittskarte für ein Glaubensgespräch?

Spielt die Kleidung eine solche Rolle? Ist unorthodoxes Auftreten bei jungen Menschen nicht sogar die Eintrittskarte für ein Glaubensgespräch? Wir fragten nach beim stellvertretenden Pressesprecher der EKHN: „Die Bekleidung hat sich über Jahrzehnte in der evangelischen Kirche bewährt und ist ein Symbol unseres Glaubens.“

Während seiner Inhaftierung, arbeitete Titus Schlagowsky beim Gefängnispfarrer und katholischen Diakon Dany als Küster. Dieser teilt auf Nachfrage des BEN Kurier keineswegs die Ansicht der EKHN: „Herr Schlagowsky ist einen beachtenswerten Weg gegangen. Normalerweise wirft man der katholischen Kirche die überholten Strukturen vor. Beispielhaft dafür steht das umstrittene Zölibat welches in der heutigen Zeit immer weniger Anhänger findet. Titus Schlagowsky holt die Menschen dort ab wo sie sind. Dabei sollten die kirchlichen Bekleidungsvorschriften keine Rolle spielen. Für mich ist eine solche Entscheidung der EKHN nicht nachvollziehbar.“

Unternehmen, Gottesdienstbesucher und Einrichtungen setzen sich für Titus Schlagowsky ein

Ähnliches Unverständnis äußerten auch zahlreiche Besucher der unkonventionellen Gottesdienste von Titus Schlagowsky. Einige Einrichtungen sollen bereits angekündigt haben, dass sie sich über die Entscheidung des Dekanat hinwegsetzen wollen. Über die Möglichkeit der sozialen Dienste, wollen sie weiterhin Titus Schlagowsky für Gottesdienste beauftragen. Ein Unternehmer aus Nastätten schrieb an den Kirchenvorstand: „Ich bin fassungslos, enttäuscht und entsetzt. Wie kann es sein, dass eine Pfarrerin einem Kirchenmitglied (*Prädikant Titus Schlagowsky) verbietet, dass Wort Gottes an seine Nächsten zu richten? Fassungslosigkeit macht sich bei mir und den Betroffenen breit und lässt uns am Sinn und Zweck der Kirche in Nastätten zweifeln…..“ Der vom Kirchenpräsident geehrte Manfred Tuttlius aus Wiesbaden gab mittlerweile seine Urkunde zurück und kündigte den Austritt aus der evangelischen Kirche an: „Ich gehöre seit 69 Jahren der evangelischen Kirche an und habe Jahrzehnte ehrenamtlich in Wiesbaden mitgearbeitet im Kirchenvorstand, Küsterdienste bei Vakanz, Schiersteiner Kantorei usw. Der Anlaß meines Schreibens ist die Nichtverlängerung des Prädikantenamtes von Herrn Titus Schlagowsky aus dem Dekanat Nassauer Land. Ich habe Herrn Schlagowsky aus Nastätten kennengelernt, der in bewundernswerter Weise den Glauben verkündet….. Ich kann mit der evangelischen Kirche, so wie sie sich in der *Pandemie entwickelt hat, nicht mehr anfangen (*In Bezug auf Herrn Schlagowsky). Mein Entschluss steht fest: Ich trete aus und schicke die Urkunde zurück, die ich für meine langjährigen Dienste 2001 erhalten habe.“

Nach dem Willen der evangelischen Kirche in Hessen-Nassau soll es keine weitere Beauftragung nach dem 02.09.2022 mehr geben

Dennoch soll es nach dem Willen der evangelischen Kirche in Hessen-Nassau keine weitere Beauftragung nach dem 02.09.2022 mehr geben.  Am 28.01.2022 teilten der Probst Klaus-Volker Schütz und die Dekanin Renate Weigel in einem Schreiben mit, dass der Dienstauftrag als Prädikant der Landeskirche am 03.09.2022 ausläuft und nicht verlängert werden soll. Durch den Dienst von Titus Schlagowsky, wären in den vergangenen Wochen und Monaten erhebliche Verwerfungen und Konflikte entstanden.

Vorgeworfen wird ihm, dass er eigene Überzeugungen im Namen der Kirche verkündet hätte. Außerdem fehle es ihm an mangelnder Selbstreflexion und er würde die Qualitätsstandards der Homiletik nicht einhalten. Homiletik? Diese ist ein Teilbereich der praktischen Theologie und erklärt unter der Einbeziehung von Rhetorik und Kommunikationswissenschaften den theologischen Sinn und die Methoden des Kommunikationsprozesses, den die Predikt darstellt. Vereinfacht gesagt: Die Aufgabe der Homiletik ist es, dass beim Gottesdienstbesucher Veränderungen durch die Predigt in Gang gesetzt werden.

Die Predigten von Titus Schlagowsky versteht jeder. Bewusst wählt er einfache Worte um alle Besucher zu erreichen

Die Predigten von Titus Schlagowsky versteht jeder. Bewusst wählt er einfache Worte um alle Besucher zu erreichen. Mal laut und dann wieder ganz leise. Ein Gottesdienst bei ihm ist anders. Oftmals greift er das aktuelle Zeitgeschehen auf und legt auch einmal den Daumen in die Wunde von möglicherweise verkrusteten Kirchenritualen.

Ohne den Reformator Martin Luther gäbe es keine evangelische Kirche. Reformation bedeutet Erneuerung und im Sinne der Reformen auch Umgestaltung und Verbesserung des Bestehenden. Titus Schlagowsky scheint etwas verändern zu wollen doch genau dem möchte die evangelische Kirche Hessen-Nassau weder folgen noch es zulassen.

Auf Nachfrage des BEN Kurier erklärte die EKHN, dass sie keine weiteren Gespräche in der Sache mehr führen möchte

Der stellvertretende Pressesprecher der EKHN Stephan Krebs beschreibt den Prädikanten als charismatischen Menschen der durchaus seine Anhänger hat. Andererseits spricht er ihm eine egozentrische Haltung auf die Form seiner Andachten zu. Außerdem würde er kaum nach innen mit der EKHN kooperieren. „Titus Schlagowsky verfolge seine eigene Linie“, teilte der Pressesprecher mit. „Nach reiflichen Überlegungen, haben wir uns dazu entschlossen, den befristeten Vertrag nicht weiter zu verlängern. Der Prädikant erfüllt nicht unsere Qualitätsstandards.“

Noch darf der Prädikant in der Stiftung Scheuern, Singhofen oder im Schloss in Laurenburg Gottesdienste abhalten. Doch die Zeit läuft gegen ihn. Die Fronten zwischen den Parteien sind verhärtet. Einerseits steht dort ein Schäfer der auf unkonventionelle Art und Weise seine anvertraute Herde führen möchte. Andererseits will die EKHN das Experiment Titus Schlagowsky nicht mehr ertragen.

Auf Nachfrage des BEN Kurier erklärte die EKHN, dass sie keine weiteren Gespräche in der Sache mehr führen möchte.

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1 Comment

1 Comments

  1. Christa GERHARD

    3. Februar 2022 at 20:12

    Vielen Dank für den Artikel über den Kneipenpastor.
    Er ist sehr gut recherchiert und nicht nur von Seiten der EKHN gesehen und argumentiert.
    Gutes Hinterfragen des Redakteurs!
    Ich kenne Titus Schlagowsky persönlich, habe einige Kneipenandachten miterlebt und finde es toll, kreative Möglichkeiten zu finden, Menschen mit dem Evangelium zu erreichen. Da hingehen, wo die Menschen sind. Ich glaube, das gilt für die Zukunft immer stärker.
    Denn, schauen wir uns doch landesweit die sonntäglichen Besucherzahlen in den evangelischen Gottesdiensten an. Die sind sehr mager.
    Da ist es an der Zeit, sich Gedanken zu machen und über neue Methoden nachzudenken.

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Gesundheit

Im Notfall schnell informiert: Rotary Club spendet Notfalldosen an Programm Gemeindeschwesterplus

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Foto: VG Loreley | Carsten Schladt
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ST. GOARSHAUSEN Im Notfall müssen Hilfeleistenden in kürzester Zeit die wichtigsten Informationen vorliegen, um die Situation sicher und fachgerecht einschätzen zu können. Dazu zählen zum Beispiel der Notfall- oder Impfpass, der Medikamentenplan, die Patientenverfügung oder die Vorsorgevollmacht, die meist an unterschiedlichen Orten zu Hause aufbewahrt werden. Manchmal schier unmöglich für Rettungskräfte alle Informationen schnell herauszufinden.

Eine Lösung kann die Notfalldose sein! Sie ist im Kühlschrank platziert und enthält die wichtigsten Gesundheitsinformationen und Hinweise zumAufbewahrungsort der Dokumente. Ausgestattet mit zwei Aufklebern, die am Kühlschrank und an der Innenseite der Wohnungstür angebracht werden können, sind die Notfalldosen für die Rettungskräfte in jedem Haushalt leicht auffindbar. Der Rotary-Club Sankt Goarshausen – Loreley möchte diesen Gedanken unterstützen und stattete die Fachkraft Gemeindeschwesterplus in der Verbandsgemeinde Loreley mit 300 neuen Notfalldosen für Seniorinnen und Senioren aus.

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Bei den präventiven Hausbesuchen der Gemeindeschwesterplus, mit der jederzeit ein Termin vereinbart werden kann, soll gemeinsam besprochen und ausgefüllt werden, welche Informationen und Unterlagen für den Notfall bereitgestellt werden. Nicht jedem gelingt es in einer Notfallsituation alle wichtigen Angaben zum Gesundheitszustand zu machen. Gerade in einer solchen Stresssituation kann es passieren, dass wichtige Details vergessen werden. In Kombination mit eine Notfallmappe sollen Seniorinnen und Senioren für den Ernstfall gerüstet werden und gleichzeitig soll den Hilfeleistenden die Informationsbeschaffung erleichtert werden.

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Gemeindeschwesterplus ist ein Programm des Landes Rheinland-Pfalz und zielt darauf ab, dass ältere Menschen möglichst lange selbständig Zuhause leben können. Yvonne Weiland berät als Fachkraft Gemeindeschwesterplus Seniorinnen und Senioren in der Verbandsgemeinde Loreley auf Wunsch über alltagsbegleitende Angebote und Hilfen, hat ein offenes Ohr für Sorgen, Wünsche und Bedarfe und informiert über Freizeit- und Teilhabeangebote. Sie erreichen Frau Weiland unter der Telefonnummer: 06771/919-190 oder per E-Mail an: VGLoreleygemeindeschwesterplus@cv-ww-rl.de

Das Angebot der Gemeindeschwester Plus ist kostenfrei und wird in der Verbandsgemeinde Loreley durch das Land Rheinland-Pfalz gefördert. Kommunal verantwortlich für das Programm Gemeindeschwester Plus ist das Kreisgesundheitsmanagement im Gesundheitsamt des Rhein-Lahn-Kreises.

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VG Nastätten

Er verlor seine Kinder: Heute schenkt er mit Arte Misia in Hainau anderen Hoffnung

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Foto und Text: Jennifer Schmidt
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HAINAU Sagen wir es offen: Wenn man Begriffe wie »Sinneshof« und »alternative Lebensweise« hört, entstehen im Kopf schnell Bilder, die gut in die Woodstockzeit gepasst hätten. Doch wer den Hof Arte Misia in Hainau besucht, wird schnell eines Besseren belehrt. Hier, wo Bernhard Unger und Birgit Sahner gemeinsam liebevoll wirken, geht es um weit mehr: Um bewusste Wahrnehmung und echte Begegnungen in Zeiten von Höher, Schneller, Weiter entsteht in Hainau ein Ort, um die Seele baumeln zu lassen oder sich selbst (wieder) zu finden.

Ein Schicksal, das alles verändert

Für viele wäre der Tod des eigenen Kindes ein Schlusspunkt. Für Bernhard war es ein schmerzhafter Wendepunkt: »Es hat mich komplett aus dem Leben gerissen«, erzählt er offen. »Ich hatte das Gefühl, mir wurde der Boden unter den Füßen weggerissen und ich habe gemerkt, wie weit wir Menschen eigentlich vom Leben entfernt sind.« Inmitten seiner Trauer um seinen bei einem Unfall verstorbenen Sohn wächst ein Entschluss: Das Erlebte sollte nicht ins Leere führen – sondern in etwas Sinnvolles münden.  Der ausgebildete Demenzbetreuer beginnt, seine Liebe zur Natur zu teilen. In Kursen für Waldwahrnehmungen lädt er Menschen ein, wieder ins Spüren zu kommen und sich selbst und ihre Umgebung achtsamer wahrzunehmen.

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Zwei Menschen, ein Traum

Die Suche nach einem passenden Ort für diese Vision führt zu einer besonderen Begegnung: Birgit Sahner, alleinerziehende Mutter von vier Kindern, Künstlerin und Filzgestalterin, träumt ebenfalls von einem Ort, an dem sie mit ihren filigranen, von der Natur inspirierten »Wesen« wirken kann. Gemeinsam entsteht ein Zukunftsplan. Doch bevor dieser Wirklichkeit werden kann, schlägt das Leben erneut zu: Auch Bernhards Tochter stirbt, nach einer Krebserkrankung. Doch auch dieser Schicksalsschlag entmutigt Bernhard nicht. Zusammen mit Birgit geht er erneut durch die Trauer, die eine noch tiefere Verbindung zu seiner Partnerin und zum Leben mit sich bringt.

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Arte Misia – ein Ort zum Durchatmen

Heute, gut sieben Monate nach dem Einzug in das alte Pfarrhaus in Hainau, ist der Sinneshof in Hainau ein lebendiger Treffpunkt geworden. Menschen, die auf der Suche nach Ruhe, Austausch oder einfach einem Ort zum Sein sind, finden hier zusammen. Der Verein Arte Misia bietet neben Begegnungsräumen auch vielfältige Aktivitäten an. Filzworkshops für Groß und Klein, achtsames Eselbaden, Vorträge rund um das Thema Natur und für Mutige: Eisbaden. Im Garten wächst im wahrsten Sinne des Wortes schon die nächste Attraktion. Ein Sinnespfad, bei dem Kräuter nicht nur betrachtet, sondern auch geschmeckt und gerochen werden dürfen. Alles zielt darauf ab, Menschen zurück in den Moment zu holen – raus aus dem Alltagsstress, rein ins Erleben.

Ein Ort für viele und eine große Vision

Doch die Vision von Birgit und Bernhard reicht weiter. Arte Misia soll ein geschützter, kreativer Ort für alle werden – insbesondere für Kinder, Senioren und Menschen mit Behinderungen.Damit dies gelingt, braucht es Unterstützung, auch finanziell. Ziel ist es, die Angebote so kostengünstig wie möglich – idealerweise kostenlos – für diese Gruppen anzubieten.

Wer also auf der Suche ist nach echten Begegnungen und authentischen Menschen, der ist auf dem Sinneshof in Hainau genau richtig! Apropos Begegnungen. Wie war das mit dem Eselbaden? Wie kann man sich das vorstellen? Sitzt man mit einem Esel gemeinsam in der Badewanne? Wer diese und weitere Fragen hat, findet viele Infos, inklusive Kontaktdaten, unter www.artemisia-sinneshof.de (js)

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Politik

Streit um Windkraft in der VG Nastätten: Zwischen Ausbauplänen und Bürgerprotest

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Foto: BEN kurier
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GEMMERICH Eine ungewöhnlich angespannte Stimmung herrschte am Montagabend vor dem Dorfgemeinschaftshaus in Gemmerich. Dutzende Bürgerinnen und Bürger hatten sich dort zu einer spontanen Demonstration versammelt. Ihr Protest richtet sich gegen die geplante Ausweisung neuer Windkraftflächen in der Verbandsgemeinde (VG) Nastätten. Anlass war die Sitzung des Verbandsgemeinderats, in der über die 23. Änderung des Flächennutzungsplans entschieden wurde.

Der Beschluss fiel mit zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen.

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Spontaner Protest vor der Sitzung

„Das hier ist eine spontane Versammlung, das heißt, hier ist nichts organisiert worden“, erklärte Ingo Bauer, Vorsitzender der Bürgerinitiative gegen Windkraft. „Die Bürgerinnen und Bürger, die hier heute Abend sind, haben sich also spontan aus ihrem Protest heraus dazu entschlossen, hierher zu kommen – um dem Verbandsgemeinderat ein deutliches Zeichen zu setzen.“

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Viele Anwesende fühlten sich übergangen und kritisierten mangelnde Transparenz in den Planungen. Besonders emotional wurde es, als es um den möglichen Verlust wertvoller Waldflächen ging.

„Wir leben in Zeiten des Klimawandels, und jedes Kind lernt in der Schule, wie wichtig der Wald ist. Der Wald ist eine CO₂-Senke, produziert Sauerstoff und speichert Grundwasser. Dass hier nun massive Rodungen für Windkraftanlagen stattfinden sollen – das versteht niemand mehr“, sagte Bauer. „Hier ist eine regelrechte Goldgräberstimmung ausgebrochen – es geht nur noch ums Geld.“

„Es geht um geordneten Ausbau, nicht um Wildwuchs“

Im Dorfgemeinschaftshaus stand unterdessen Jens Güllering, der Bürgermeister der Verbandsgemeinde, im Zentrum der Aufmerksamkeit – und Kritik. In seiner Rede versuchte er, die Entscheidung einzuordnen und zu erklären, dass es sich nicht um einen willkürlichen Ausbau handele, sondern um eine rechtlich und demokratisch legitimierte Maßnahme.

„Die Grundlage für das, was hier heute Abend beschlossen wird, ist ein Paragraf im Baugesetzbuch – der §245e. Dieser erlaubt eine sogenannte isolierte Positivplanung, und die ist befristet gültig. Unsere Aufgabe als Verbandsgemeinde ist es, den Wunsch der betroffenen Ortsgemeinden in einem geordneten Verfahren umzusetzen,“ sagte Güllering.

Die betroffenen Gemeinden Kasdorf, Oberwallmenach und Rettershain hätten konkrete Wünsche zur Ausweisung neuer Potenzialflächen geäußert. Insgesamt sei man mit den vorgesehenen Flächen unter dem gesetzlich erlaubten Maximalwert geblieben. „Von den möglichen 69 Hektar haben wir etwa 57 bis 59 Hektar berücksichtigt – wir liegen also rund 10 Hektar unter dem Maximum,“ so Güllering.

Er betonte außerdem: „Es wird kein Windrad gebaut, kein Antrag gestellt und keine Genehmigung erteilt – das ist nicht unsere Aufgabe. Es geht hier ausschließlich um die Schaffung von Planungsgrundlagen.“

Kritik an fehlender Beteiligung und Transparenz

Trotz dieser Erläuterungen konnten viele der Demonstrierenden den Beschluss nicht nachvollziehen. Vor allem das Gefühl, übergangen worden zu sein, prägte die Kritik.

„Wir engagieren uns hier seit 25 Jahren,“ sagte Dorette Schesny aus Singhofen. „Als wir hierhergezogen sind, war unsere erste Frage: Werden hier Windräder gebaut? Die Antwort war damals nein. Und jetzt sollen plötzlich solche gigantischen Anlagen entstehen.“

Auch Dr. Stephan Kaiser aus Lahnstein äußerte sich entschieden: „Was hier geplant ist, sind keine kleinen Windräder, sondern Monsterräder. Maßstabssprengend, landschaftszerstörend – das gehört nicht hierher.“

Ein alter Plan wird wiederbelebt

Laut Ingo Bauer sei bereits 2014 ein Flächennutzungsplan für Windkraft in der VG Nastätten beschlossen worden – dieser sei jedoch bis heute rechtlich bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier anhängig.

„Jetzt werden diese alten Windkraftflächen wieder hervorgeholt und aktiv vermarktet – und das geschieht, ohne die Bürger wirklich einzubeziehen“, kritisierte er. „Einige dieser Flächen wurden damals bewusst ausgeschlossen – aus Gründen des Naturschutzes, wegen alter Baumbestände, oder weil sie wichtige Lebensräume für Vögel darstellen. Und genau diese Flächen sollen jetzt wieder aufgenommen werden. Das ist ein Skandal.“

Wer profitiert?

Auch wirtschaftliche Aspekte standen im Fokus der Kritik. Viele Demonstrierende vermuten, dass es vor allem finanzielle Interessen seien, die den Windkraftausbau antreiben.

Güllering wies diesen Vorwurf zurück: „Die Verbandsgemeinde selbst hat von diesen Planungen keinen finanziellen Nutzen. Wenn es zu Pachtverträgen kommt, dann fließt das Geld an die Eigentümer – das sind die Ortsgemeinden oder private Eigentümer, nicht die Verbandsgemeinde.“

Bauer entgegnete: „Niemand hier hat etwas gegen lokal betriebene, kleine Windräder zur Eigenversorgung. Aber was hier passiert, ist großindustrielle Energiegewinnung für Ballungsräume. Unser Strom soll exportiert werden – auf Kosten unserer Landschaft.“

Wie geht es weiter?

Mit dem Beschluss zur Änderung des Flächennutzungsplans ist die Diskussion noch lange nicht beendet. Im Gegenteil: Sie steht womöglich erst am Anfang. Der nächste Schritt ist die Ausarbeitung eines städtebaulichen Vertrags und die konkrete Planung durch beauftragte Ingenieurbüros.

Für die Bürgerinitiative ist klar: „Wir werden weiter protestieren. Wir sind nicht grundsätzlich gegen Windkraft – aber für eine ehrliche, transparente und naturverträgliche Planung,“ so Bauer.

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