Politik
Neuer Stadtrat Bad Ems: Personalentscheidungen und Debatte über die Erhöhung der Sitzungsgelder

BAD EMS Am heutigen Tag fand die konstituierende Sitzung des neu gewählten Stadtrates von Bad Ems statt, nachdem die Kommunalwahl im Juni 2024 durchgeführt worden war. Stadtbürgermeister Oliver Krügel begrüßte zu Beginn der Sitzung zahlreiche Zuschauer sowie die ausscheidenden und neu zu verpflichtenden Ratsmitglieder. Von den insgesamt 24 Ratsmitgliedern waren 21 anwesend.
Verabschiedung der ausscheidenden Mitglieder
Zu den ausscheidenden Beigeordneten zählten Michael Spielmann und Günter Wittler. Zudem wurden folgende Ratsmitglieder verabschiedet: Dirk Reckenthäler, Ernst Heilig, Dr. Antje Zeller, Elfriede Schmidt, Doris Lotz, Elke Ruppert und Fritz Bingel.
Verpflichtung der neuen Ratsmitglieder
Im ersten Schritt der Sitzung wurden die anwesenden Ratsmitglieder feierlich verpflichtet. Bürgermeister Krügel machte anschließend auf die Tagesordnung aufmerksam und informierte darüber, dass drei Wahlvorschläge für die Besetzung von Ausschüssen vertagt werden mussten, da das erforderliche Quorum von mindestens 50 Prozent der Ratsmitglieder nicht erreicht wurde. Betroffen davon sind der Bauausschuss, der Ausschuss für Tourismus und Weltkulturerbe sowie der Ausschuss für Kita, Jugend, Vereine und Soziales. Hierüber wird fraktionsübergreifend weiter beraten.
Bürgermeister Krügel: Antrittsrede mit Rückblick und Blick auf die Zukunft
In seiner Antrittsrede blickte Bürgermeister Krügel auf einige zentrale Themen zurück. So betonte er die Schaffung von 170 neuen Kita-Plätzen durch die baldige Eröffnung der Kita Römergarten, was künftig Wartelisten verhindern soll. Weitere Schwerpunkte seines Rückblicks waren der Welterbetitel, der Rheinland-Pfalz-Tag, der Abendmarkt sowie die Schließung der Paracelsus Klinik als Akutkrankenhaus und der Brand des historischen Gebäudes „Vier Türme“. Krügel blickte zudem in die Zukunft und betonte die Bedeutung der Innenstadtentwicklung, die Sanierung des alten Rathauses, die touristische Nutzung des Welterbestatus und die Förderung der Badekur, die seit Herbst 2022 wieder eine gesetzliche Pflichtleistung darstellt. Außerdem verwies er auf die Nutzung von Quellen und Gruben für die Energiewende.
Beigeordnetenwahl: Frank Ackermann neuer erster Beigeordneter
Ein zentraler Punkt der Sitzung war die Wahl der Beigeordneten. Aufgrund der guten Zusammenarbeit der letzten fünf Jahre überließ die CDU das Vorschlagsrecht für den ersten Beigeordneten der SPD-Fraktion, die Frank Ackermann nominierte.
Der Fraktionsvorsitzende der UL BEN, Michael Brüggemann, betonte, dass das Vorschlagsrecht nicht nach Fraktionsstärke vergeben wird, und brachte zunächst Bernd Geppert als Kandidaten für das Amt des 1. Beigeordneten ins Spiel. Dieser lehnte jedoch mit den Worten „für den ersten nein, aber für den zweiten gerne“ ab, woraufhin Brüggemann seine Fraktionskollegin Jennifer Redert als Kandidatin vorschlug.
In der anschließenden Wahl setzte sich Ackermann mit 15 Stimmen gegen Redert durch, die drei Stimmen erhielt. Zwei Stimmen waren ungültig. Ackermann legte daraufhin sein Ratsmandat nieder; sein Nachfolger wird Herr Fischbach.
Auch die Wahl des zweiten und dritten Beigeordneten stand auf der Tagesordnung. Für das Amt des zweiten Beigeordneten traten Bernd Geppert (CDU) und erneut Jennifer Redert (UL BEN) an. Geppert erhielt 17 Stimmen, Redert drei, und es gab eine Enthaltung. Geppert legte sein Stadtratsmandat nieder, sein Nachfolger wird Frank Piroth.
Bei der Wahl des dritten Beigeordneten setzte sich Birk Utermark (FWG) mit 18 Stimmen gegen Redert durch, die zwei Stimmen erhielt. Eine Stimme war ungültig. Utermark legte ebenfalls sein Mandat nieder, Nachfolger wird Michael Held.
Kontroverse um die Erhöhung der Sitzungsgelder: Zwischen Wertschätzung und Unverhältnismäßigkeit
Ein zentrales und kontrovers diskutiertes Thema der konstituierenden Sitzung des Stadtrates Bad Ems war die Erhöhung der Sitzungsgelder für Ratsmitglieder und Fraktionsvorsitzende. Der Antrag, der von der FWG-Fraktion eingebracht wurde, sorgte für eine lebhafte Debatte, die verschiedene Positionen und Argumente zum Vorschein brachte.
FWG-Fraktion fordert Anpassung an Nachbargemeinden
Bernd Hewel, der Fraktionsvorsitzende der FWG, begründete den Antrag damit, dass die Sitzungsgelder in Bad Ems im Vergleich zu den Nachbargemeinden deutlich niedriger seien (Auf Nachfrage des Ben Kuriers teilte die Verwaltung mit, dass die Stadt Bad Ems mit den neu beschlossenen Fraktions- und Sitzungsgeldern an der Spitze steht. 17 von 28 Gemeinden innerhalb der VG BEN zahlen ihren Ratsmitgliedern weder Fraktion- noch Sitzungsgeld). Hewel argumentierte weiter, dass die Ratsmitglieder für ihre umfangreiche ehrenamtliche Tätigkeit eine angemessene Entschädigung erhalten sollten. Er stellte klar, dass es jedem Ratsmitglied freistehe, auf das Sitzungsgeld zu verzichten, und dass der Antrag als Zeichen der Wertschätzung der geleisteten Arbeit zu verstehen sei.
Verwaltung und Gegenstimmen: Kritik an der Notwendigkeit und am Zeitpunkt
Die Verwaltung stellte jedoch klar, dass ein Verzicht auf das Sitzungsgeld nicht möglich sei, das Geld aber an die Stadt oder andere Organisationen zurückgespendet werden könne.
Jennifer Kögler von der CDU-Fraktion äußerte sich kritisch zu dem Antrag und bezeichnete die vorgeschlagenen Erhöhungen als unverhältnismäßig. Sie zeigte sich überrascht, dass dieser Antrag gerade von der FWG kommt, die in den vergangenen Jahren für ihre Sparsamkeit bekannt war. Kögler sagte: „Es wundert mich, dass der Antrag von der FWG kommt, die in den letzten Jahren in den Sitzungen jeden Euro umgedreht hat.“
Auch Jennifer Redert von der UL BEN-Fraktion kritisierte den Antrag scharf. Ihrer Ansicht nach setzt die Erhöhung der Sitzungsgelder ein falsches Signal, insbesondere in Zeiten, in denen das Vertrauen der Bürger in die Politik schwindet. Redert betonte: „Der erste Antrag einer Ratsfraktion sollte nicht die Erhöhung der Sitzungsgelder sein. Wir haben wichtigere Themen zu behandeln.“ Sie stellte zudem die Frage in den Raum, ob eine solche Entscheidung dem Anspruch der Politik gerecht werde, das Gemeinwohl in den Vordergrund zu stellen. Michael Brüggemann, Fraktionsvorsitzender der UL BEN erinnerte an den Schuldenstand in Höhe von rund 20 Mio. EUR der Stadt Bad Ems und das letztlich auch an der Grundsteuerschraube gedreht werden müsse, wenn die Steuereinnahmen nicht mehr reichen. Dies würde am Ende auch jeden Mieter treffen, da die Grundsteuer Umlagefähig sei.
Wertschätzung für ehrenamtliche Tätigkeit oder Symbol für das falsche Signal?
Gisela Bertram, Ratsmitglied der SPD-Fraktion, verteidigte die Erhöhung und argumentierte, dass es nicht darum gehe, die geleistete Arbeit finanziell zu entlohnen, sondern eine Art Wertschätzung für das ehrenamtliche Engagement zu zeigen. Sie stellte klar, dass die politische Arbeit in den Gremien eine immense Verantwortung mit sich bringe, die zumindest symbolisch anerkannt werden sollte. „Mit dem Verzicht auf die Sitzungsgelderhöhung, werden wir den Haushalt nicht sanieren können.“
Bürgermeister Oliver Krügel versuchte die Wogen zu glätten, indem er darauf hinwies, dass der Zeitpunkt der Debatte nicht zufällig gewählt sei. „Der Zeitpunkt ist dem geschuldet, dass die Hauptsatzung heute beschlossen wird“, erklärte Krügel. Diese Regelung sei notwendig, um die gesetzlichen Grundlagen für die nächsten Jahre festzulegen, einschließlich der Entschädigungen.
Abstimmung mit knapper Mehrheit angenommen
Trotz der kontroversen Diskussion stimmte der Stadtrat schließlich mehrheitlich für die Erhöhung der Sitzungsgelder. Die Sitzungsgelder wurden von bisher 30 Euro auf 50 Euro für Fraktionsvorsitzende und auf 30 Euro für andere Ratsmitglieder angehoben. Auch das Fraktionsgeld wurde von 10 Euro auf 30 Euro erhöht. Vier Ratsmitglieder – Michael Brüggemann, Jennifer Redert, Markus Wieseler und Jennifer Kögler – stimmten gegen den Antrag, während sich drei weitere Ratsmitglieder enthielten – auch Bürgermeister Krügel enthielt sich.
Diese Abstimmung verdeutlicht die Spannungen und unterschiedlichen Sichtweisen innerhalb des Stadtrates, besonders in Bezug auf die Frage, wie politisches Engagement honoriert werden sollte. Die Entscheidung für eine Erhöhung der Sitzungsgelder spiegelt die Anerkennung der ehrenamtlichen Arbeit wider, wird jedoch von einigen als unnötig und als falsches Signal an die Öffentlichkeit gesehen.
Weitere Beschlüsse und Wahlen
Im weiteren Verlauf der Sitzung wurden die Hauptsatzung und die Geschäftsordnung mit wenigen Gegenstimmen verabschiedet. Auch die Wahlvorschläge für den Hauptausschuss und den Rechnungsprüfungsausschuss wurden einstimmig angenommen. Als Vertreter der Stadt Bad Ems im Zweckverband Schloss Balmoral wurden Frau Spielmann und Herr Wittler gewählt, während Michael Brüggemann und Inge Beisel ihre Stellvertreter sind. Für die Vertreterversammlung der Staatsbad Bad Ems GmbH wurde Günter Wittler gewählt.
Die Wahl eines neuen Vertreters für den Jugendzentrum e.V. wurde aufgrund von drei vorliegenden Vorschlägen vertagt. Einstimmig gewählt wurde jedoch Frau Spielmann in die Fair Trade Stadt Steuerungsgruppe.
Mit dieser ersten Sitzung wurden wichtige Weichen für die kommenden Jahre gestellt, sowohl in personeller als auch in politischer Hinsicht. Bad Ems kann gespannt auf die zukünftige Entwicklung blicken.
Politik
Bürgermeister Weiland fordert barrierefreie Bahnhöfe in der Loreley

ST. GOARSHAUSEN Nachdem jetzt im Verbandsgemeinderat Loreley von einen Bahnvertreter das Projekt der Deutschen Bahn InfraGo „Hochleistungskorridor Rechter Rhein 2026“ vorgestellt wurde, hat sich Mike Weiland, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Loreley, an die rheinland-pfälzische Staatsministerin Katrin Eder gewandt, die sich für den Schienenpersonennahverkehr zuständig zeichnet.
„Mit diesem weiteren Versuch an einer verantwortlichen Stelle anzuklopfen, möchte ich um Engagement dafür werben, dass im Zuge des Hochleistungskorridors 2026 die Bahnstationen nicht nur saniert, sondern auch barrierefrei gestaltet werden“, so Mike Weilands Intension. Während der Vorstellung im Rat entwickelte sich nicht nur eine intensive Diskussion über den zu erwartenden flüssigeren und damit höheren Zugdurchfluss durchs Mittelrheintal sowie zu wenig Lärmschutz für die Anwohner, sondern vor allem auch darüber, dass die Bahnverkehrsstationen im Rahmen dieses Bundesprojektes nicht barrierefrei gestaltet werden sollen, weil sich die Bahn darauf beruft, dass sämtliche Stationen keine 1.000 Ein- bzw. Ausstiege an Fahrgästen vorweisen können.
Weiland: Barrierefreiheit der Bahnverkehrsstationen im Rahmen des Hochleistungskorridors 2026 muss geschaffen werden
Mike Weiland schreibt daher jetzt an die Ministerin, dass bei diesem Bundesprojekt Millionen von Euro investiert würden. An der Barrierefreiheit werde jedoch gespart bzw. diese werde einfach nicht umgesetzt. Gerade bei Bundesprojekten gibt es einen Leitfaden Barrierefreies Bauen zu beachten. Der Bürgermeister fragt daher jetzt die Ministerin, weshalb sich bei dem Bundesprojekt Hochleistungskorridor die Bahn über die Barrierefreiheit einfach so hinwegsetzen kann.
„Bei jeder noch so kleinen kommunalen Maßnahme, für die die Gemeinden und Städte Förderungen beantragen, ist Barrierefreiheit zu beachten, ansonsten haben solche Anträge keine Aussicht auf Erfolg“, so Mike Weiland. Daher können und wollen die Mitglieder der politischen Gremien dieses Vorgehen beim Hochleistungskorridor nicht nachvollziehen und akzeptieren.
Mike Weiland hat daher Ministerin Eder nicht nur um eine Erläuterung sondern vielmehr noch um entsprechendes Engagement gebeten, sich im Sinne der Barrierefreiheit bei der Umgestaltung der Bahnverkehrsstationen im Zuge des Hochleistungskorridors 2026 einzusetzen. „Dafür wäre ich der Ministerin im Sinne derjenigen Mitmenschen, die darauf angewiesen sind, sehr dankbar“, so Weiland und er schließt damit ab, dass es bei einem solch millionenschweren Bundesprojekt auch im Hinblick auf die BUGA29 nicht sein könne, die Herstellung der Barrierefreiheit auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben oder gar die Hoffnung zu hegen, dass später Kommunen diese kostspielige Aufgabe übernehmen.
Das Schreiben an die Ministerin hat der Bürgermeister auch gleichzeitig an die Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen geschickt, um auch von ihr eine Einschätzung zu erhalten.
Politik
Verzerrte Wahlergebnisse: Güllering fordert – Briefwahl muss mit in Wahllokalen ausgezählt werden

NASTÄTTEN Nach der Bundestagswahl wendet sich der Nastätter Verbandsbürgermeister Jens Güllering mit einem dringenden Anliegen an den Landeswahlleiter Marcel Hürther. Bereits 2017 hatte Güllering die Problematik der zentralen Briefwahlauszählung angesprochen – geändert hat sich seitdem nichts. Angesichts eines steigenden Anteils an Briefwählern wächst jedoch die Dringlichkeit des Problems. In einem Schreiben an den Landeswahlleiter fordert er eine Anpassung der Vorschriften.
„Da die Wahlergebnisse der Briefwahl nicht den einzelnen Stimmbezirken zugeordnet werden, führt diese zentrale Stimmenauszählung zu einer schlicht und ergreifend falschen Ergebnisdarstellung“, kritisiert Güllering. Gerade in kleineren Gemeinden sei das Interesse der Bürger groß, zu wissen, wie vor Ort abgestimmt wurde. „Die Menschen interessieren sich für ‚ihr‘ Ergebnis und möchten sich damit auseinandersetzen“, so der Bürgermeister.
Bei der diesjährigen Bundestagswahl lag der Briefwähleranteil in der Verbandsgemeinde Nastätten bei 40,5 %. Güllering sieht hier eine massive Verzerrung der Wahlergebnisse auf lokaler Ebene: „Die Veröffentlichung von falschen Ergebnissen – verstärkt durch entsprechende Grafiken – wirft ein Bild auf bestimmte Gemeinden, das nicht das tatsächliche Stimmverhalten widerspiegelt.“ Dies könne nicht nur zu Nachfragen, sondern sogar zu verbaler Kritik und Anfeindungen führen, betont er. Besonders die Schnelllebigkeit sozialer Netzwerke verstärke dieses Problem noch zusätzlich.
Die Lösung sieht Güllering in der Auszählung der Briefwahlunterlagen direkt in den Wahllokalen. „Dies wäre aus meiner Sicht unproblematisch möglich und in der Abwägung zwischen gewollter Entlastung der Wahlhelfer und einer korrekten Ergebnisdarstellung unbedingt den Vorzug zu geben.“ Zudem ließen sich dadurch landesweit hunderte Wahlhelfer einsparen oder anderweitig einsetzen, so der Bürgermeister weiter. In der Verbandsgemeinde Nastätten mussten 40 Verwaltungsmitarbeiter für die Briefwahlauszählung abgestellt werden, im gesamten Wahlkreis Montabaur waren es 67 Briefwahlvorstände.
Ein weiteres Problem sieht Güllering in den amtlichen Veröffentlichungen: Auch auf der offiziellen Wahlseite des Landes Rheinland-Pfalz würden falsche Ergebnisse auf Gemeindeebene dargestellt – mit entsprechendem Einfluss auf die Presseberichterstattung. „Nicht selten kommt es dadurch zu unverschuldeten Fehlinterpretationen“, mahnt er. Eine Anpassung der Vorschriften sei daher dringend erforderlich.
Neben dem Schreiben an den Landeswahlleiter hat Güllering auch den Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz sowie die örtlichen Wahlkreisabgeordneten informiert und um Unterstützung gebeten. Das Anliegen wurde zudem an die Bundeswahlleiterin weitergeleitet. Ob die Politik auf diese Forderungen reagiert, bleibt abzuwarten.
Koblenz
Koblenz: Muslime positionieren sich für Deutschland und gegen Extremismus

KOBLENZ Mehr als 400.000 Afghanen leben in Deutschland. Nach den schrecklichen islamistisch motivierten Terroranschlägen von Mannheim und München stehen sie zunehmend unter Generalverdacht. Dabei entspricht der Anteil der Täter an der Gesamtzahl der hier lebenden Afghanen lediglich 0,0005 Prozent. Ähnlich ergeht es derzeit syrischen Flüchtlingen.
Generalverdacht statt individueller Verantwortung
Nach dem Attentat auf einen Polizisten in Mannheim sind auch Syrer verstärkt ins Visier geraten. Ende 2023 lebten rund 700.000 syrische Flüchtlinge in Deutschland, von denen mehr als 200.000 bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Doch trotz ihrer Verurteilung der Anschläge sehen sich viele von ihnen Misstrauen und Fremdenhass ausgesetzt.
Insbesondere nach islamistischen Angriffen ist der öffentliche Aufschrei groß. Rechte Politiker nutzen solche Ereignisse, um pauschale Forderungen nach Abschiebungen zu stellen – oft unabhängig davon, ob die Betroffenen in irgendeiner Weise mit den Taten in Verbindung stehen. Anstatt Einzelfälle differenziert zu betrachten, wird eine ganze Bevölkerungsgruppe stigmatisiert. Der Schutzstatus der Betroffenen wird dabei ausgeblendet, und so sind sie oft der Angst und dem Hass der deutschen Bevölkerung schutzlos ausgeliefert.
Diese Entwicklung ist besorgniserregend, denn während das Gesetz Kollektivstrafen verbietet, zeigt sich in der gesellschaftlichen Debatte genau das Gegenteil. Es gibt eine Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ Flüchtlingen: Während Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine weitgehend unbürokratisch eine Aufenthaltserlaubnis und damit Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, müssen Afghanen und Syrer monatelange Asylverfahren durchlaufen. Ihre Arbeitsaufnahme unterliegt strengen behördlichen Genehmigungen, und oft bleibt ihnen nur der Weg in Flüchtlingsunterkünfte, während für Ukrainer der Wohnungsmarkt weit offener ist. Diese Ungleichbehandlung führt zu Perspektivlosigkeit und Frustration.
Mit jeder neuen Tat wächst das Misstrauen gegenüber Schutzsuchenden, obwohl sie selbst oft die ersten sind, die solche Verbrechen verurteilen. Dennoch erfahren sie kaum Solidarität, sondern vielmehr Ausgrenzung. Die Debatte wird zusätzlich durch populistische Forderungen nach präventiver Abschiebung von Straftätern befeuert. Natürlich muss gegen Intensivtäter konsequent vorgegangen werden, doch nicht immer ist das rechtlich oder diplomatisch möglich. Afghanistan etwa verweigert die Rücknahme seiner Staatsbürger, da es keine offiziellen Beziehungen zu Deutschland unterhält.
Rechtsextremismus als unterschätzte Gefahr
Wichtig ist, den Schutz jener Menschen nicht aus den Augen zu verlieren, die sich integrieren wollen und nicht unter Generalverdacht gestellt werden dürfen. Die Gesellschaft muss sich fragen, was sie bereit ist, auszuhalten und wie sie mit Angst umgeht. Eine Zweiklassengesellschaft unter Flüchtlingen ist nicht der richtige Weg – es braucht gleiche Perspektiven für alle.
Ein starkes Zeichen gegen diese Spaltung setzten Muslime in Koblenz, die sich öffentlich für Deutschland und gegen Gewalt aussprachen. Solche Aktionen sind selten und zeigen, dass sich hier etwas im gesellschaftlichen Empfinden verschiebt. Täter müssen als Individuen betrachtet werden – eine kollektive Vorverurteilung macht Opfer zu Tätern und wird von rechten Parteien für eigene Zwecke instrumentalisiert.
Dabei wird oft übersehen, dass rechtsextremistisch motivierte Straftaten in Deutschland stark zugenommen haben. Laut Verfassungsschutz stieg die Zahl solcher Taten von 2022 auf 2023 um 22,4 Prozent, gewalttätige Übergriffe nahmen um 16,4 Prozent zu. Das rechtsextreme Personenpotenzial wuchs von 32.000 im Jahr 2019 auf 40.600 im Jahr 2024, darunter 13.500 gewaltbereite Extremisten. Insgesamt wurden 2023 mehr als 25.660 rechtsextremistische Straftaten registriert – durchschnittlich 70 pro Tag.
Demgegenüber ist das islamistische Personenpotenzial seit 2019 auf 27.200 gesunken. Dennoch bleiben islamistische Anschläge aufgrund ihrer oft hohen Opferzahlen tief im kollektiven Bewusstsein verankert. Während rechtsextreme Gewalt häufig aus Körperverletzungen und Angriffen besteht, führen islamistische Taten oft zu schwerwiegenden Verbrechen mit vielen Opfern. Genau diese Dimension prägt die Wahrnehmung und verstärkt Ängste.
Am Ende wird nicht mehr auf den Einzeltäter geschaut. Die Gesellschaft verharrt in Angst und verurteilt pauschal ganze Bevölkerungsgruppen. Doch ist das gerecht? Während rechtsextreme Straftaten 0,03 Prozent der Gesamtbevölkerung betreffen, liegt die Zahl islamistischer Taten bei Afghanen bei nur 0,0005 Prozent.
Gleichzeitig nutzen Rechtsextreme soziale Medien geschickt zur Mobilisierung und erhalten eine beunruhigend große Lobby. Doch am Ende gilt: Nicht derjenige, der am lautesten schreit, hat automatisch recht – sondern der, der mit Vernunft reagiert und über seine Angst hinauswächst.
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