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Recht

SPD fordert ADD zur zügigen Klärung offener Fragen zur Lebenshilfe Rhein-Lahn auf

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RHEIN-LAHN Seit Mitte 2021 war die ‚Lebenshilfe Rhein-Lahn‘ in nahezu jeder Kreisausschusssitzung Thema. Im Jahr 2022 gab es darüber hinaus keine Sitzung, in der nicht über den damaligen Sachstand informiert wurde und die Gremienmitglieder hatten die Möglichkeit, Fragen zu stellen. „Noch intensiver wurde der Informationsfluss seit April 2022 und die Informationsdichte und -klarheit nahm rapide an Fahrt auf“, so Mike Weiland und Carsten Göller für die SPD-Kreistagsfraktion nach erneuter Durchsicht der allen Fraktionen zur Verfügung stehenden Unterlagen und Protokollen zu den Gremiensitzungen. Bislang gab es diese Informationen jedoch für alle Fraktionen nur nicht öffentlich.

Weiland/Göller: SPD fordert Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zur zügigen Klärung offener Fragen zur Lebenshilfe Rhein-Lahn auf

Das führte im öffentlichen Diskurs und vor allem in sozialen Netzwerken teils zu Spekulationen und leider auch immer wieder zu falschen Darstellungen oder Behauptungen. Mit den in den nicht öffentlichen Sitzungen geteilten Informationen konnte den Spekulationen und falschen Behauptungen bislang aber nicht begegnet werden. Die Regelungen sind hier eindeutig, was aber zu Unverständnis bei der Öffentlichkeit führte. Bevor die Öffentlichkeit hierfür noch weniger Verständnis zeigt, war es für die SPD-Fraktion daher höchste Zeit, dass sich die Menschen ab sofort auf Grundlage von Tatsachen, Zahlen, Daten und Fakten mit Kreistagsmitgliedern austauschen können. Daher hatte die SPD für die zurückliegende Kreistagssitzung beantragt, die Themenkomplexe rund um die Lebenshilfe, die öffentlich behandelt werden können, auch öffentlich zu behandeln.

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Das soll nach Willen der SPD auch Fortsetzung finden“, wie Mike Weiland (SPD-Kreisvorsitzender) und Carsten Göller (SPD-Fraktionsvorsitzender) erklären. Sie begrüßen daher die Ankündigung von Landrat Jörg Denninghoff, künftig die Thematik im Kreistag und – soweit wie möglich – in öffentlicher Sitzung zu behandeln.

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Klar ist, die Kreisverwaltung muss sich an geltendes Recht halten und kann oftmals Fragen, die die Menschen am meisten bewegen, nicht sofort von A bis Z öffentlich darstellen und beantworten. „Jedoch entbehren Unterstellungen, die Kreisverwaltung oder gar die SPD hätten kein Interesse an einer lückenlosen Aufklärung, jeglicher Grundlage“, so Weiland und Göller. Sie gehen sogar noch einen Schritt weiter: Ein Prüfverfahren dümpelt bis heute bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier. In die Verwaltungsgeschäfte zwischen Lebenshilfe und Kreisverwaltung waren alle drei Kreisbeigeordneten von SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen bis zur Erkrankung des früheren Landrates nicht involviert. Unmittelbar nach dessen Ausscheiden aus gesundheitlichen Gründen hat die Erste Kreisbeigeordnete Gisela Bertram (SPD) gemeinsam mit der Verwaltung der Aufklärung des Sachverhalts rund um die Insolvenz der Lebenshilfe neuen Schub verliehen. Durch intensive Gespräche innerhalb der Verwaltung konnten zur Aufklärung die verwaltungsrechtlichen Beziehungen zwischen der Kreisverwaltung und der Lebenshilfe herausgearbeitet werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse wurden ohne Zeitverzug mit entsprechend zusammengefassten Unterlagen an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier übermittelt und der Dienstaufsichtsbehörde zur Bewertung und Ergreifung etwaiger weiterer Maßnahmen vorgelegt.

Nach Amtsantritt des neuen Landrats Jörg Denninghoff im Juli 2022 hat dieser die Aufklärungsbemühungen weiter vorangetrieben. Trotz seiner zwischenzeitlich mehrfachen Nachfragen an die ADD zu den Ergebnissen der Prüfung wurde er verwiesen, dass das Prüfverfahren noch andauere. Für die SPD ist dies ein nicht weiter hinnehmbarer Zustand. Die SPD-Kreistagsfraktion hat daher die ADD aufgefordert, die offenen Fragen zur Lebenshilfe Rhein-Lahn, die von der ADD beantwortet werden können, zügig zu klären, die Prüfung der vor Monaten durch die Kreisverwaltung und die Erste Kreisbeigeordnete Gisela Bertram übermittelten Unterlagen abzuschließen und der Kreisverwaltung sowie dem heutigen Landrat Jörg Denninghoff das Ergebnis mitzuteilen, damit sich der Kreistag damit befassen kann. „Wir haben uns, ebenso wie die Kreisverwaltung, schriftlich an den Präsidenten der ADD, Thomas Linnertz, gewandt“, so Mike Weiland und Carsten Göller. Der Präsident wurde durch die SPD aufgefordert, das Verfahren schnell und ohne Rücksichtnahme auf Ansehen und Verdienste von Personen abzuschließen. „Hier braucht es dringend Klarheit, damit der Landkreis prüfen kann, ob er im Gesamtkomplex Geschädigter ist. Außerdem muss dann geprüft werden, ob und welche weiteren Schritte ergriffen werden können und müssen“, so Weiland und Göller unisono.

Neben diesem Verfahren begrüßen die SPD-Vertreter auch die weiteren Aufklärungsbemühungen der Ersten Kreisbeigeordneten Gisela Bertram und des neuen Landrats Jörg Denninghoff sehr, denn es gibt weitere Sachverhalte und Verfahren, die bereits vor Monaten angestoßen wurden, jedoch zwingend separat zu betrachten sind. Neben dem Prüfverfahren bei der ADD gibt es noch das laufende Insolvenzverfahren, das die Lebenshilfe Rhein-Lahn in ihrer Organisationsstruktur selbst betrifft. Die Kreisverwaltung hat in diesem Verfahren ihre Ansprüche angemeldet. Für dieses Verfahren ist der Insolvenzverwalter verantwortlich und nur er kann über den aktuellen Stand Auskunft erteilen. „Auch hier ist es mehr als bedauerlich, dass das Verfahren, wie zu hören ist, wohl noch einige Zeit andauern wird“, so die SPD weiter.

Ein drittes Verfahren liegt in der Verantwortung der zuständigen Staatsanwaltschaft, die gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Lebenshilfe ermittelt. Auch hier ist die Kreisverwaltung nicht involviert und entsprechende Auskünfte kann nur der zuständige Staatsanwalt geben.

Im vierten Verfahren geht es um Erstattungsleistungen des Landesamtes für Jugend und Soziales an den Rhein-Lahn-Kreis, die noch ausstehen. „Hier gibt es laut Auskunft der Kreisverwaltung gegenüber dem Kreistag unterschiedliche Ansichten und Bewertungen der beiden betroffenen Behörden, was sehr bedauerlich ist“, so die SPD-Vertreter. Daher sei es richtig, dass der Kreistag in seiner jüngsten Sitzung entschieden habe, einen Rechtsbeistand zu beauftragen, um die Durchsetzung der Ansprüche des Kreises nun auf juristischem Weg durchzusetzen.

Für Carsten Göller und Mike Weiland sowie die gesamte SPD-Fraktion ist klar, dass weiter intensiv an der Aufarbeitung aller Sachverhalte um die Lebenshilfe gearbeitet werden muss. Ebenso wird aufgrund des SPD-Antrags die Thematik nun immer im Kreistag behandelt, sodass die Öffentlichkeit informiert werden wird.

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4 Kommentare

4 Comments

  1. Udo Rau

    7. April 2023 at 21:22

    Groß muss die Not bei der SPD-Rhein-Lahn sein, wenn es um die Aufklärung der Vorgänge rund um die Lebenshilfe Rhein-Lahn geht. Und gerade das Aufklärungsbuch des Kreisvorsitzenden Mike Weiland und seines Fraktionssprechers Carsten Göller ist besonders dünn und voller weißer Seiten!
    Es ist für die Gremienmitglieder im Kreisausschusses geradezu grotesk, wenn jetzt die SPD der Öffentlichkeit Glauben schenken will, Chefaufklärer zu sein. Bislang ist keiner der genannten Herren durch Aktivitäten und/oder Wortbeiträgen in dieser Causa aufgefallen.
    Dass die SPD Rhein-Lahn jetzt auf den Präsidenten der ADD zeigt, einen Genossen, der es in diesen Tagen aufgrund der Ahr-Katastrophe ohnehin schon schwer genug hat, lässt tief blicken. Die Reihen standen schon mal geschlossener.
    Dass man jetzt auch noch suggeriert, der Präsident der ADD hätte die Aufklärungsarbeit zu leisten, ist ebenso abstrus wie falsch. Der Präsident der ADD ist Disziplinarvorgesetzter der Landräte und prüft deshalb die Rolle von Alt-Landrat Puchtler. Er wird entscheiden, ob Puchtler dienstliche Vorschriften verletzt hat und im Falle der Bejahung dies auch sanktionieren, er wird aber nicht die Arbeit des Kreises machen. Dort liegen heute bereits alle Fakten vor, die zu einer rechtlichen und politischen Bewertung ausreichen. Der Kreis „füttert“ den ADD-Präsidenten mit Fakten und nicht umgekehrt!
    Warum es mehr als 6 Monate dauert, bis der ADD-Präsident seiner Verantwortung nachkommt und sich dem Fall überhaupt annimmt, wird er politisch an anderer Stelle zu erklären haben. Warum es aber fast 8 Monate dauert, bis die Verwaltungsspitze der Kreisverwaltung die Fraktionen über ihre Erkenntnisse ins Vertrauen zieht, wird wiederum auf Kreisebene zu diskutieren sein.

    Udo Rau, Nassau
    Mitglied Kreistag
    und Kreisausschuss

    Ein Faktencheck bereits zum 1. Absatz der SPD-Pressemeldung zeigt die Suggestion die hier versucht wird:

    Behauptung: Seit Mitte 2021 war die Lebenshilfe in nahezu jeder Kreisausschusssitzung (KA) Thema…
    … Fakt ist, dass der KA in 2021 10mal getagt hat. In lediglich 2 Sitzungen wurde Das Thema Lebenshilfe gestreift. Es wurde lediglich über die Trägerschaft der Kindertagesstätte gesprochen, nachdem hierzu von einem Mitglied des Ausschusses Fragen gestellt wurden.

    Behauptung: In 2022 gab es darüber hinaus keine Sitzung, in der nicht über die Lebenshilfe informiert wurde…
    … Fakt ist, dass in 2022 9 Sitzungen des KA stattfanden. 3mal wurde überhaupt nicht über die Lebenshilfe gesprochen, 2mal weil ein Antrag oder eine Anfrage der CDU vorlag. Lediglich 4mal wurde ein kurzer Bericht durch den/die Vorsitzende/n abgegeben. Die Rolle des Alt-Landrates wurde nie beleuchtet.

    Behauptung: Die Gremienmitglieder hatten die Möglichkeit Fragen zu stellen…
    … Fakt ist, dass das Thema Lebenshilfe immer im nicht-öffentlichen Teil unter „Mitteilungen der Verwaltung“ angesprochen wurde. Mitteilungen lassen aber, anders als eine Beratung, überhaupt keine Rückfragen oder gar eine Debatte zu.

    • Michael Eberhardt

      9. April 2023 at 21:23

      Ich kann mich als Kreistagsmitglied und stellv. Mitglied im Ältestenrat und im Kreisausschuss dem Kollegen Rau nur anschließen und habe ebenfalls dazu einen Kommentar verfasst, der bislang allerdings vom BEN-Kurier noch nicht veröffentlicht wurde.
      Michael Eberhardt, Pohl

      • Redaktion

        10. April 2023 at 9:43

        Kommentare schauen wir uns leider immer nur einmal am Tag an und geben diese dann immer direkt frei.

  2. Michael Eberhardt

    8. April 2023 at 21:37

    Als Kreistagsmitglied würde ich die entsprechenden Protokolle gerne mal sehen:
    „Im Jahr 2022 gab es darüber hinaus keine Sitzung, in der nicht über den damaligen Sachstand informiert wurde und die Gremienmitglieder hatten die Möglichkeit, Fragen zu stellen. „Noch intensiver wurde der Informationsfluss seit April 2022 und die Informationsdichte und -klarheit nahm rapide an Fahrt auf“, so Mike Weiland und Carsten Göller für die SPD-Kreistagsfraktion nach erneuter Durchsicht der allen Fraktionen zur Verfügung stehenden Unterlagen und Protokollen zu den Gremiensitzungen. Bislang gab es diese Informationen jedoch für alle Fraktionen nur nicht öffentlich.“

    Man wurde immer hingehalten, es sei ein laufendes Verfahren, zu dem man keine Auskunft erteilen könne. Im Kreisausschuss war nur das Gebäude der Lebenshilfe und die Weiterführung der KiTa Thema. Erst Ende vergangenen Jahres wurde der Ältestenrat über den näheres informiert und auch über Tätigkeiten, die schon Anfang des Jahres 2022 stattfanden.
    Die SPD tritt die Flucht nach vorne an, um mit möglichst wenig Schaden für die Partei aus dieser Angelegenheit herauszukommen. Dies war auch mein Eindruck im Ältestenrat und bei dem SPD-Antrag, den Fall in den öffentlichen Kreistagsitzungen zu behandeln. Was bei der letzten Kreistagsitzung vom Landrat Denninghoff vorgetragen wurde, waren Antworten ohne Zusammenhang, da man die gestellten Fragen größtenteils öffentlich nicht vortragen konnte oder wollte. Für die Zuschauer und ehemaligen Mitarbeitern der Lebenshilfe vertane Zeit. Die AfD-Kreistagsfraktion wird alles daran setzen, dass die Wahrheit ans Licht kommt und die Öffentlichkeit erfährt, was auch im öffentlichen Interesse ist. Die Rhein-Lahn-Zeitung hat im übrigen heute schon Details veröffentlicht. Frohe Ostern!

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Recht

„Es ging mir um Gerechtigkeit“: Frank Herrig-Jansen eröffnet Kanzlei in Nastätten

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NASTÄTTEN Rechtsanwalt Frank Herrig-Jansen hat in Nastätten eine neue Kanzlei eröffnet. Mit seiner Familie hat er seinen Lebensmittelpunkt in die Blaufärberstadt verlegt und damit einen persönlichen Neuanfang gewagt. Nach über 25 Jahren Tätigkeit in einer großen Sozietät arbeitet er nun unabhängig und baut sich in der Region eine neue Basis auf.

Ich bin Anwalt geworden, weil es mir um Gerechtigkeit ging

Herrig-Jansen begann seine Laufbahn als Strafverteidiger. „Ich bin Anwalt geworden, weil es mir um Gerechtigkeit ging. Ich wollte Menschen helfen und sie in Prozessen verteidigen“, erzählt er im Gespräch mit dem BEN Kurier. Doch die Auseinandersetzung mit schweren Gewalt- und Straftaten brachte ihn früh an moralische Grenzen. Er orientierte sich um und spezialisierte sich zunächst auf das Autokauf- und Werkstattrecht. In dieser Zeit verfasste er ein Fachbuch und vertrat Autohäuser, bevor er über diesen Weg mit dem Arbeitsrecht in Berührung kam.

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Zunächst war er auf Arbeitgeberseite tätig. Ein langjähriger Bekannter, damals Vorsitzender eines Gesamtbetriebsrats, bat ihn schließlich, Mandate zu übernehmen – allerdings mit der Bedingung, sich klar für eine Seite zu entscheiden. „Für mich war sofort klar, dass ich künftig Arbeitnehmer und Betriebsräte vertreten möchte“, so Herrig-Jansen. Seitdem konzentriert er sich ausschließlich auf diese Mandate.

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Das Arbeitsrecht sei für ihn besonders reizvoll, weil es unmittelbare Auswirkungen auf die Lebenssituation von Menschen habe. Fälle von Kündigungen, Mobbing, Diskriminierung oder Belästigung am Arbeitsplatz gehörten ebenso dazu wie die Unterstützung von Betriebsräten bei Betriebsvereinbarungen oder in Beschlussverfahren. Dabei weist der Anwalt immer wieder auf die besondere Bedeutung von Fristen hin: Eine Kündigungsschutzklage müsse innerhalb von drei Wochen eingereicht werden, Ansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz binnen zwei Monaten. Auch in Arbeits- oder Tarifverträgen seien Ausschlussfristen üblich, deren Versäumnis hohe finanzielle Einbußen bedeuten könne. „Wer eine Zielvereinbarung über 20.000 Euro hat und die Frist verpasst, verliert dieses Geld“, macht er deutlich.

Neben den inhaltlichen Fragen spielt auch die Kostenregelung im Arbeitsrecht eine Rolle. In der ersten Instanz trägt nach § 12a Arbeitsgerichtsgesetz jede Partei ihre Anwaltskosten selbst, auch wenn sie den Prozess gewinnt. Deshalb sei eine Rechtsschutzversicherung sehr empfehlenswert. Für Bedürftige bestehe die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen.

Trotz aller digitalen Möglichkeiten legt Herrig-Jansen Wert auf den persönlichen Kontakt. „Ich bin noch von der alten Schule. Für mich gehört es dazu, den Mandanten wenigstens einmal persönlich zu sprechen – sei es telefonisch oder in der Kanzlei. Nur so kann man die Erfolgsaussichten realistisch einschätzen.“ Gerade bei Kündigungen sei dies wichtig, da die Begründungen oft unklar oder gar nicht angegeben seien und die entscheidenden Informationen vom Mandanten kommen müssten.

Mit der Eröffnung seiner Kanzlei in Nastätten verbindet Herrig-Jansen einen bewussten Neuanfang. „Ich wollte unabhängig arbeiten. Mit dem Umzug meiner Familie nach Nastätten entstand die Idee, hier eine Kanzlei aufzubauen. Daran arbeite ich nun mit ganzer Kraft.“

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Gesundheit

Neues Bestattungsgesetz: Angehörige dürfen Urne mit der Asche nach Hause nehmen

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RECHT Nach mehr als vier Jahrzehnten hat Rheinland-Pfalz sein Bestattungsrecht umfassend reformiert. Der Landtag verabschiedete am 11. September ein neues Gesetz, das die individuellen Wünsche der Bürgerinnen und Bürger stärker berücksichtigt und gleichzeitig die Tradition der Friedhofskultur bewahrt. Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) sprach im Plenum von einem wichtigen Schritt, der persönliche Vorstellungen und ein würdiges Abschiednehmen miteinander verbindet. Das Gesetz soll bereits im Oktober in Kraft treten, eine Durchführungsverordnung wird derzeit erarbeitet. In rund fünf Jahren ist eine erste Überprüfung vorgesehen.

Mehr Wahlfreiheit bei Bestattungsformen

Das neue Gesetz eröffnet den Menschen im Land zahlreiche zusätzliche Möglichkeiten, ihren letzten Weg nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Künftig ist es erlaubt, die Asche eines Verstorbenen nach Hause zu nehmen oder einen Teil davon zu einem Erinnerungsstück wie einem Schmuckstein oder einer Keramik verarbeiten zu lassen. Auch das Verstreuen der Asche außerhalb eines Friedhofs wird möglich, ebenso die sogenannte Flussbestattung in Rhein, Mosel, Lahn oder Saar.

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Eine weitere Neuerung betrifft die bisherige Pflicht zur Erdbestattung im Sarg. Ab sofort kann man sich auch für eine Tuchbestattung entscheiden und zwar ausdrücklich nicht nur aus religiösen Gründen. Wer hingegen keine besondere Verfügung trifft, kann wie bisher in einem Sarg oder einer Urne auf dem Friedhof beigesetzt werden.

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Sternenkinder im Zentrum der Reform

Besonders am Herzen lag Minister Hoch die Situation von Eltern, deren Kinder tot zur Welt kommen. Bislang galten Kinder, die vor der 24. Schwangerschaftswoche oder mit einem Gewicht unter 500 Gramm geboren wurden, rechtlich als Fehlgeburten ohne Anspruch auf eine offizielle Bestattung. Mit der Reform werden sie künftig als Sternenkinder bezeichnet.

Damit erhalten Eltern die Möglichkeit, ihre Kinder würdevoll zu bestatten und ihnen einen Raum für Trauer und Erinnerung zu eröffnen. Neu ist auch, dass Sternenkinder gemeinsam mit einem gleichzeitig oder kurz darauf verstorbenen Elternteil beigesetzt werden können. Diese Regelung soll vor allem in Fällen von Unfällen oder medizinischen Notfällen Trost spenden.

Verbesserungen im Leichenschauwesen

Neben den erweiterten Bestattungsformen enthält das Gesetz tiefgreifende Änderungen im Bereich der Leichenschau. Hintergrund ist Kritik von Polizei und Strafverfolgungsbehörden an der bisherigen Praxis. Künftig werden die verschiedenen Arten von Leichenuntersuchungen, von der Leichenschau über die Obduktion bis hin zur anatomischen Sektion, sowie die Ausstellung von Todesbescheinigungen klarer geregelt.

Eine besonders einschneidende Neuerung ist die Einführung einer Obduktionspflicht für Kinder bis zum sechsten Lebensjahr, wenn die Todesursache unklar bleibt. Damit soll sichergestellt werden, dass mögliche Tötungsdelikte wie etwa ein Schütteltrauma nicht unentdeckt bleiben. Um unnötige Obduktionen zu vermeiden, sieht das Gesetz jedoch eine zweite Leichenschau als Kontrollfunktion vor.

Ehrengräber für gefallene Soldaten

Zum neuen Bestattungsgesetz gehört auch die gesicherte Finanzierung dauerhafter Ehrengräber für im Auslandseinsatz verstorbene Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Damit soll deren Einsatz und Opferbereitschaft langfristig sichtbar gewürdigt werden.

Balance zwischen Tradition und Moderne

Mit dem neuen Bestattungsgesetz schlägt Rheinland-Pfalz eine Brücke zwischen bewährter Friedhofskultur und modernen, individuellen Vorstellungen vom Abschiednehmen. Minister Hoch fasste zusammen: „Wir erhalten unsere Traditionen, öffnen aber zugleich neue Räume für persönliche und würdevolle Formen der Bestattung.“

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Blaulicht

Bundesgerichtshof entscheidet über Koblenzer Urteil wegen Versklavung einer Jesidin

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KOBLENZ|KARLSRUHE Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH), zuständig für Staatsschutzsachen, hat über die Revision einer vom Oberlandesgericht (OLG) Koblenz verurteilten Angeklagten entschieden. Die Frau war wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit (u. a. Versklavung, Freiheitsentziehung, Verfolgung), Beihilfe zum Völkermord, weiterer Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland sowie weiterer Delikte zu neun Jahren und drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden.

Auf die Revision änderte der BGH den Schuldspruch, hob den Strafausspruch auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung über die Strafe an einen anderen Strafsenat des OLG Koblenz zurück. Im Übrigen wurde die Revision verworfen.

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Sachverhalt (aus den Feststellungen des OLG)

Die in Deutschland geborene Angeklagte reiste 2014 nach Syrien und weiter in den Irak und schloss sich mit ihrem Ehemann, einem syrischen Arzt, dem „Islamischen Staat“ (IS) an. In Mossul nahmen beide mit Genehmigung des IS andere IS-zugehörige Frauen auf, versorgten sie und unterstützten so die Organisation. Im gemeinsamen Schlafzimmer lagerten sie vier Kalaschnikow-Sturmgewehre, um den mit Gewalt aufrechterhaltenen Herrschaftsanspruch des IS zu stützen.

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Ende April 2016 wurde dem Ehemann die Nebenklägerin, eine Jesidin aus dem Sindschar-Gebiet, als „Geschenk“ übergeben. Sie wurde in die Villa verbracht und der Angeklagten als „seine Sklavin“ vorgestellt. Bis Februar 2019 musste die Nebenklägerin unentgeltlich Hausarbeit und Kinderbetreuung leisten; sie durfte das Haus nicht ohne Begleitung verlassen. Der Ehemann vergewaltigte sie regelmäßig; die Angeklagte wusste davon und verließ jeweils das Haus. Während der Gefangenschaft erhielt die Nebenklägerin Kleidung, Nahrung, Hygieneartikel, Medikamente und bei Bedarf fachärztliche Versorgung.

Rechtliche Würdigung des OLG

Das OLG sah u. a. mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in drei Fällen (davon einmal tateinheitlich mit Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen), außerdem tateinheitlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Versklavung, Freiheitsentziehung, Verfolgung), Beihilfe zum Völkermord, Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Ausrottung, Vertreibung, sexuelle Gewalt), Beihilfe zu Kriegsverbrechen gegen Personen (sexuelle Gewalt, Vertreibung), Menschenhandel zur Ausbeutung der Arbeitskraft, Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung sowie schwere Freiheitsberaubung.

Entscheidung des BGH

Die Verfahrensrügen blieben ohne Erfolg. Im Ergebnis hielt der BGH die Verurteilung ganz überwiegend aufrecht, u. a. wegen:

  • Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Versklavung, Freiheitsentziehung, Verfolgung) – in Tateinheit mit Beihilfe zu sexueller Gewalt und zu entsprechenden Kriegsverbrechen,

  • mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland,

  • Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen,

  • Menschenhandel zur Ausbeutung der Arbeitskraft,

  • Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung,

  • schwerer Freiheitsberaubung.

Rechtsfehler zugunsten der Angeklagten sah der BGH nur insoweit, als das OLG sie wegen Beihilfe zum Völkermord, Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Ausrottung und Vertreibung sowie Beihilfe zu dem Kriegsverbrechen gegen Personen durch Vertreibung verurteilt hatte. Der Senat präzisierte die Anforderungen an die Strafbarkeit wegen Völkermordes nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 VStGB und an eine darauf gerichtete Beihilfehandlung: Zwar sei der vom IS begangene Völkermord an den Jesiden belegt, die getroffenen Feststellungen trügen jedoch nicht die Verurteilung der Angeklagten wegen Beihilfe hierzu. Der Schuldspruch wurde entsprechend geändert.

Da nicht auszuschließen ist, dass das OLG ohne die (nicht gegebene) Beihilfe zum Völkermord eine geringere Strafe verhängt hätte, hob der BGH den Strafausspruch auf. Über das Strafmaß hat ein anderer Senat des OLG Koblenz neu zu entscheiden (dk).

Aktenzeichen und Normen

  • Vorinstanz: OLG Koblenz, 2 StE 9/22, Urteil vom 21. Juni 2023

  • Maßgebliche Vorschriften (Auszug): § 6 VStGB (Völkermord), § 7 VStGB a. F. (Verbrechen gegen die Menschlichkeit), § 27 StGB (Beihilfe)

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