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Politik

Kritischer Journalismus im Fadenkreuz: Bad Ems und der offene Angriff auf die Pressefreiheit

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Die Rheinzeitung wusste alles und berichtete nicht
Foto: BEN Kurier | Lizenz: Envato
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KOMMENTAR Mit Erstaunen, aber nicht ohne Klarheit, nehmen wir als BEN Kurier zur Kenntnis, dass die Fraktionen von CDU, FWG, Bündnis 90/Die Grünen, FDP sowie ein fraktionsloses Mitglied des Stadtrats Bad Ems in einem gemeinsamen offenen Brief die journalistische Arbeit unseres Hauses öffentlich infrage stellen.

Der Vorwurf: Unsere Berichterstattung sei unsachlich, einseitig und tendenziös. Der Versuch: Kritische Presse durch politischen Druck zu delegitimieren. Das Ergebnis: Ein Dokument politischer Empfindlichkeit, nicht journalistischer Substanz.

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Zunächst ist festzuhalten, dass nicht alle Fraktionen dieses Schreiben mittragen. Und auch innerhalb der unterzeichnenden Fraktionen – so ist uns bekannt – wurden nicht alle Ratsmitglieder im Vorfeld über den Brief informiert. Das wirft Fragen auf: etwa, ob hier wirklich im Namen der kommunalen Demokratie gesprochen wird oder eher im Interesse eines empfindlich getroffenen Zirkels.

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Die zentrale Anklage lautet: Der BEN Kurier berichte tendenziös. Doch konkrete Belege bleiben aus. Kein einziger Artikel wird benannt, keine Aussage widerlegt, kein Sachverhalt klargestellt. Stattdessen: Pauschalkritik, die mehr über den Zustand der politischen Absender aussagt als über unsere redaktionelle Arbeit. Wer meint, Pressefreiheit ende dort, wo Kritik beginnt, verkennt ihren Wesenskern. Die Aufgabe der Presse ist nicht Gefälligkeit, sondern Kontrolle. Und wer das nicht aushält, stellt sich selbst ins Abseits, nicht den Journalismus.

Die Realität sieht anders aus, als im offenen Brief suggeriert. Der BEN Kurier wurde beispielsweise zu einem Pressetermin am Bahnhofsgebäude nicht eingeladen, andere Medien hingegen schon. Im Stadtrat wurde kurzfristig und ohne ordnungsgemäße Ankündigung ein Tagesordnungspunkt zur Vorstellung des Bodengutachtens „Große Wiese“ ergänzt. Die Kommunalaufsicht bestätigte, dass eine rechtzeitige öffentliche Bekanntmachung rechtswidrig unterblieb. Interessierte Bürgerinnen, Bürger und Presse – auch wir – wurden so faktisch ausgeschlossen. Zufällig war ein Medienvertreter, der nie oder kaum eine Stadtratssitzung medial begleitet, genau an diesem Tag anwesend und nach diesem Tagesordnungspunkt wieder weg. Sicherlich ein Zufall.

Auch zur Sache selbst: Der Spielplatz „Große Wiese“ wurde errichtet und eröffnet, ohne dass zu diesem Zeitpunkt eine rechtsgültige Baugenehmigung vorlag. Auch das wurde von der Kommunalaufsicht bestätigt. Beim Fitness-Parcours auf der Kalkspitze begann die Stadt ebenfalls ohne Genehmigung mit dem Bau, auch das wurde von der Kommunalaufsicht eindeutig festgestellt. Die Folge war der Rückbau der bereits installierten Fitnessgeräte. Diese Tatsachen werden im offenen Brief nicht einmal erwähnt. Dabei handelt es sich nicht um Meinungen, sondern um dokumentierte Verwaltungsrealität.

Es spielt dabei keine Rolle, welche Rechtsauffassung das Bauamt der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau hierzu vertritt. Zuständig für die Genehmigung ist ausschließlich die Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises als untere Bauaufsichtsbehörde. Die angebliche Rechtsauffassung des Bauamts der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau wäre zudem juristisch auch nicht nachvollziehbar, aber dies zu erläutern, würde an dieser Stelle zu weit führen.

Über 80 Artikel, die der BEN Kurier in den vergangenen Jahren zur Stadt Bad Ems, zur Verwaltung und zum Bürgermeister veröffentlicht hat, lassen sich nachweislich als sachlich oder sogar positiv einordnen. Allein die letzte offizielle Pressemitteilung der Stadt vom 7. Juni 2025 wurde bei uns publiziert. Wer dennoch behauptet, wir betrieben eine „persönliche Kampagne“, konstruiert einen Mythos, aber keine belastbare Argumentation.

Ein Beispiel, das im offenen Brief angeführt wird, ist die Eröffnung einer Bäckerei, bei der der Stadtbürgermeister auf einem Bild in unserer Berichterstattung nicht gezeigt wurde. Ja, wir haben den Fokus auf die Geschäftsinhaberin gelenkt. Das ist legitim. Die Presse ist nicht dazu da, politische Bilderbuchinszenierungen unverändert zu übernehmen. Sie entscheidet redaktionell und nicht auf Zuruf.

Unsere Berichterstattung zur Bodenbelastung auf dem Spielplatz „Große Wiese“, zu Bauverlauf, Genehmigungslage und Kosten in Höhe von derzeit rund 85.000 Euro – ohne die Anwaltskosten, die gegen uns eingesetzt wurden – war und ist faktenbasiert, dokumentiert und quellenbasiert. Die Darstellung, wir hätten uns dabei auf eine „gefälschte E-Mail“ gestützt, ist schlicht falsch. Diese Unterstellung hält keiner Überprüfung stand und wurde auch nie Bestandteil unserer journalistischen Grundlage. Es handelt sich um ein nachträglich konstruiertes Narrativ, nicht um eine Tatsache. Dass sich im Nachgang sowohl die Kommunalaufsicht als auch die Öffentlichkeit intensiv mit dem Vorgang befassen mussten, belegt nicht unsere Tendenz, sondern die Relevanz.

Wer als politisches Gremium öffentlich erklärt, mit einer Redaktion künftig nicht mehr zusammenarbeiten zu wollen, offenbart ein fragwürdiges Demokratieverständnis. Pressearbeit ist keine Gefälligkeit, sie ist Kontrolle und sie ist unabhängig. Genau das scheint einigen unbequem geworden zu sein.

So klar unsere Haltung für Pressefreiheit ist, so unmissverständlich ist auch unsere Haltung zu gezielter Diffamierung. Denn Kritik – so berechtigt sie sein mag – endet dort, wo sie in gezielte Rufschädigung und wirtschaftliche Einschüchterung übergeht.

Unter einem Klarnamen – liegt der Redaktion vor – einer Person, die dem Stadtbürgermeister Oliver Krügel persönlich und politisch sehr nahesteht, wurde kürzlich ein Kommentar veröffentlicht, der über jede zulässige Form demokratischer Auseinandersetzung hinausgeht. Darin wird nicht nur behauptet, der BEN Kurier betreibe seit Jahren „systematische Einflussnahme“ und „gezielte Meinungsmache“, es wird zudem offen suggeriert, Anzeigenkunden sollten ihre Zusammenarbeit mit uns überdenken. Das ist kein Debattenbeitrag, sondern ein Boykottaufruf. Es ist der gezielte Versuch, ein unabhängiges Medium wirtschaftlich zu treffen und politisch zu delegitimieren. Solche Aussagen sind – auch rechtlich – hoch problematisch und können unter Umständen den Tatbestand der üblen Nachrede (§ 186 StGB), der Verleumdung (§ 187 StGB) oder sogar der versuchten sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) erfüllen.

Auch die politisch motivierte Unterstellung, unsere Haltung sei durch eine SPD-Mitgliedschaft des Herausgebers beeinflusst, ist in ihrer Machart nicht nur unzulässig, sondern bewusst rufschädigend. Hier wird nicht argumentiert, hier wird unterstellt, verleumdet und delegitimiert.

Deshalb machen wir an dieser Stelle eines unmissverständlich klar: Auch wir haben unsere Grenzen. Und wo diese überschritten werden, da ziehen wir juristische Konsequenzen.

Wir prüfen derzeit strafrechtliche und zivilrechtliche Schritte gegen den Urheber des genannten Kommentars sowie gegen weitere gezielte Eingriffe in unsere redaktionelle und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Pressefreiheit bedeutet nicht Wehrlosigkeit.

Wir stehen für den offenen Diskurs. Aber wir stehen ebenso für den Schutz unserer Redakteur*innen, unserer journalistischen Integrität und unserer unternehmerischen Existenz.

Der BEN Kurier lässt sich nicht einschüchtern. Nicht inhaltlich. Nicht politisch. Nicht wirtschaftlich. Und: Wir bleiben. Weil die Öffentlichkeit ein Recht auf unabhängige, kritische und faktenbasierte Berichterstattung hat – gerade in Bad Ems.

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1 Comment

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  1. Claudia Vollbrecht

    30. Juni 2025 at 18:25

    Sehr verehrte Redaktion , man kann immer wieder nicht fassen , wie hier Fakten verdreht und falsch von dem Bürgermeister , dem Stadtrat und den einzelnen Parteien dargestellt werden .– Und hier nun auch noch Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter , diffamiert, Einflussnahme und Meinungsmache unterstellt wird, und Boykottaufrufe gegen die Redaktion , stattfinden !!1 —- Ich finde und fand Ihre Berichterstattung , im BEN Kurier immer wahr , sachlich und sehr gut aufbereitet. Evidente Fakten und wahrheitsgemäße Berichte ,über Verwaltungsrealität in der Verbandsgemeinde , müssen einfach immer ans Tageslicht , so das die Bürgerinnen und Bürger , immer informiert sind , und es auch in der nächsten Wahlentscheidung , für sich zu berücksichtigen!— Aber hier zeigt sich mal wieder das wahre Gesicht, des Bürgermeisters , des Stadtrats und der einzelnen Mitglieder , der vertretenen Parteien. Für eigene Fehler und Fehlverhalten , nicht ein zu stehen , sich nicht bei Ihrer Redaktion , den Bürgerinnen und Bürgern , zu entschuldigen , für weitreichende Entscheidungen , die explizit falsch waren und sind ! Nach meinem Verständnis , müssten die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger , für diese Fehlentscheidungen , zurück treten und für den finanziellen Schaden haften , wie z.B. die Mehrkosten z. B . für das Spielplatz Debakel , und jedwede Entscheidungen , die einfach falsch und , nicht durchdacht sind !—– Auch das der Bürgermeister bei der Eröffnung einer Bäckerei , nicht abgebildet war , wie armselig ist so etwas , denn , sich darüber zu beschweren . — Das ganze nimmt ja schon , groteske Züge an fast , wie in den USA !— Aber leider sind es keine Einzelfälle , in der Politik , es ist natürlich verständlich , das die Politik Verdrossenheit bei solchem Agieren steigt !!! Sie sind im Recht , und das Recht ist auf Ihrer Seite !!! Mit herzlichem Gruß , aus Bad Ems, Claudia Vollbrecht

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Politik

Bürgermeister verlässt Freie Wähler: „Diese Öffnung nach Rechtsaußen kann ich nicht mehr ertragen“

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Foto: FREIE WÄHLER Landtagsfraktion
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AAR-EINRICH|POLITIK Vor dem Hintergrund der jüngsten Presseberichte über die scheinbare Nähe der Landesvorsitzenden Lisa-Marie Jeckel zur rechtsextremen AfD erklärt Ortsbürgermeister Claas Osterloh (Daxweiler) seinen Parteiaustritt: Nach über dreizehn Jahren Mitgliedschaft muss ich schweren Herzens heute meinen Austritt aus der Partei FREIE WÄHLER bekanntgeben. Diese Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen und über lange Zeit in mir gereift. In unterschiedlichen Ämtern und Funktionen Kreis-, Landes und auf Bundesebene habe ich diese Partei maßgeblich mit aufgebaut und programmatisch geprägt. Und es betrifft mich sehr, in welche Richtung sie sich in den letzten Jahren trotz aller Bemühungen, einen Kurs von Maß, Mitte und Anstand zu halten, entwickelt hat.

Die jüngsten Erkenntnisse über die Co-Landesvorsitzende und JWF-Bundesvorsitzende Lisa-Marie Jeckel und mehr noch die gestrige Mail des Co-Landesvorsitzenden Christian Zöpfchen widern mich an. Denn anstatt sich den Vorwürfen zu stellen und Konsequenzen daraus zu ziehen wie es in jeder anderen Partei selbstverständlich zu erwarten wäre, werden unglaubwürdige Ausflüchte gesucht und in einer Mail an die Mitgliedschaft die Parole ausgegeben: „Jede neue kritische Schlagzeile wird kein Anlass zur Sorge, sondern als Solidaritätsritual dienen“. Spätestens dieser Satz, der mich mehr an einen Kult als an eine demokratische Partei denken lässt, hat mir gezeigt, dass sich diese Partei zumindest hier in Rheinland-Pfalz endgültig auf einem Weg befinden, den ich als aufrechter Demokrat nicht mehr mitzugehen bereit bin.

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Doch dem waren bereits eine Vielzahl von Ereignissen und Äußerungen vorangegangen, die ich parteiintern und später auch öffentlich scharf kritisiert habe: So etwa die Volten unseres Bundesvorsitzenden Hubert Aiwanger, seine Erding-Rede, sein katastrophaler Umgang mit der Flugblatt-Affäre, oder auch seine jüngsten Äußerungen beim Gillamoos, die man anders nicht bei der rechtsextremen AfD erwarten würde. Und auch der lasche Umgang mit dem sächsischen Landespartei, die schon am Tag nach dem Beschluss des Kooperationsverbotes mit der AfD ebendieses torpedierte und deren Spitzenkandidat Matthias Berger nach der Wahl beispielsweise eine gemeinsame Pressekonferenz mit der AfD-Fraktion abhielt.

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Aber insbesondere die Vorgänge in Rheinland-Pfalz haben mich schwer erschüttert. Hier wurde der erfolgreiche und politisch fähige Landesvorsitzende Stephan Wefelscheid planvoll demontiert und öffentlich gedemütigt, nur um die Landespartei damit letztlich an die Wand zu fahren. Standen wir unter Wefelscheids Vorsitz noch bei sieben Prozent in den Umfragen, Tendenz steigend, so ist es heute äußerst fraglich, ob diese Trümmertruppe überhaupt noch mal in den rheinland-pfälzischen Landtag einzieht, von einer „Regierung2026“ ganz zu schweigen. Und wenn ich mir als ehemaliger Referent der Landtagsfraktion das bisherige politische Wirken der Kandidaten auf den vorderen Listenplätzen anschaue, dann ist das wohl auch besser so für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.

Letztlich wird diese Wahlschlappe mit Spitzenkandidat Joachim Streit nach Hause beziehungsweise ins weiche Nest nach Brüssel gehen. Immerhin hat er ja schon aus Mainz Erfahrung damit, einen Trümmerhaufen zu hinterlassen. Und auch Landesvorsitzender Christian Zöpfchen, der mir in seinem Amt bisher nur durch sein satzungs- und rechtswidriges Gebaren bei Parteiausschlussverfahren aufgefallen ist, dürfte für den Niedergang der rheinland-pfälzischen Freien Wähler zur Verantwortung zu ziehen sein.

Für mich bleibt festzuhalten: Die Partei hat sich weit von den Werten und Ideen entfernt, wegen derer ich eingetreten bin und mich mit Herzblut und einem erheblichen Anteil meiner Energie und Zeit engagiert habe. Statt Sachpolitik und durchdachten Argumenten zählen neuerdings Lautstärke, Plattheit und Populismus. Erst will man Regenbogenflaggen verbieten, dann wird die Schaffung eines Digitalisierungsministeriums gefordert das es eigentlich schon gibt, dann soll wiederum die Abschaffung gleich zweier Ministerien alle Probleme lösen.

Und nun hat sich gezeigt, dass Landesvorsitzende Lisa-Marie Jeckel anscheinend Anfragen bei der AfD abschreibt, nachdem sie schon 2024 unter fadenscheinigsten Vorwänden gegen das Kooperationsverbot stimmte. Diese Öffnung nach Rechtsaußen kann ich nicht mehr ertragen, eine Mitgliedschaft bei den Freien Wählern kann ich wie schon viele meiner langjährigen Parteifreunde vor meinem Gewissen nicht mehr verantworten.

Auf mein Amt als Ortsbürgermeister hat dieser Schritt keine Auswirkungen, dieses habe ich von Beginn an klar von meinem sonstigen politischen Engagement getrennt gehalten. Daher werde ich den Bürgerinnen und Bürgern von Daxweiler weiterhin überparteilich und unabhängig zur Verfügung stehen.“ (pm Claas Osterloh, Ortsbürgermeister in Daxweiler)

Ortsbürgermeister Claas Osterloh verlässt FREIE WÄHLER nach über 13 Jahren Mitgliedschaft
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Lahnstein

Verkehrsführung in Oberlahnstein: SPD und Grüne klagen beim Verwaltungsgericht auf Entscheidung des Stadtrats

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Foto: SPD Lahnstein
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LAHNSTEIN Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Lahnsteiner Stadtrat haben beim Verwaltungsgericht Koblenz Klage gegen die Stadtverwaltung eingereicht. Anlass ist die Entscheidung von Oberbürgermeister Lennart Siefert, die sogenannte Ringlösung mit der Drehung der Adolfstraße dauerhaft einzuführen, ohne dass der Stadtrat beteiligt wurde. Aus Sicht der beiden Fraktionen handelt es sich um einen Verstoß gegen die kommunalrechtlichen Zuständigkeiten und einen Eingriff in die Rechte des Rates.

Nach § 32 Abs. 1 der Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz ist der Stadtrat für alle Angelegenheiten von grundsätzlicher und erheblicher Bedeutung zuständig. Hierzu gehören insbesondere städtebauliche Maßnahmen, die Verkehrsströme, Rettungswege, Emissionen, die Erreichbarkeit der Innenstadt und die wirtschaftliche Entwicklung beeinflussen. Die dauerhafte Einführung der Ringlösung fällt nach Auffassung von SPD und Grünen eindeutig in diesen Bereich.

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Die Verwaltung begründet ihre Entscheidung mit einer angeblichen Gefährdungslage im Bereich der bisherigen Verkehrsführung vor der Hochbrückensperrung, insbesondere in der Hochstraße. SPD und GRÜNE halten dies nicht für belegt: Weder im Mobilitätskonzept (MEK 2022) noch im Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK 2020) wurden die betreffenden Straßenabschnitte als Gefahrenstellen ausgewiesen.

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Auch die Unfallstatistiken weisen keine entsprechenden Schwerpunkte aus. Ein weiterer Aspekt betrifft die finanziellen Folgen der Maßnahme. Umbauten, Beschilderungen und andere Anpassungen im Straßenraum wie z.B. Bushaltestellen sind mit erheblichen Ausgaben verbunden. Über derartige Mittel darf nach der Gemeindeordnung nur der Stadtrat im Rahmen seines Haushaltsrechts entscheiden.

Für SPD und GRÜNE zeigt sich darin ein weiterer Grund, warum der Rat zwingend hätte beteiligt werden müssen. Bereits am 5. August 2025 hatten die beiden Fraktionen beantragt, die künftige Verkehrsführung in Oberlahnstein im Stadtrat zu beraten. Der Antrag war ordnungsgemäß eingereicht, wurde aber von der Verwaltung aufgrund ihrer Rechtsposition nicht als Beschlussvorlage zur Beratung zugelassen.

Die dauerhafte Änderung der Verkehrsführung ist keine technische Detailfrage, sondern eine grundlegende Entscheidung mit weitreichenden Folgen, die die gesamte Stadtentwicklung beeinflusst“, erklären die Fraktionsvorsitzenden Jutta Niel (GRÜNE) und Jochen Sachsenhauser (SPD). SPD-Stadtrat Herbert Fuß ergänzt: „Unter Beachtung aller Mobilitätsformen muss eine offene und transparente Beratung im Stadtrat stattfinden.

Dabei sind alle Optionen einzubeziehen: die Rückkehr zur bisherigen Verkehrsführung, die Beibehaltung der aktuellen Lösung oder mögliche Varianten. Vor- und Nachteile für Verkehr, ÖPNV, Rettungswege und Verkehrssicherheit sind sorgfältig abzuwägen, und mögliche Gefahrenstellen müssen in den Gremien klar benannt werden.“

Auch Björn Schmeling (GRÜNE) betont: „Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, dass über solch grundlegende Veränderungen ihre gewählten Vertreter:innen entscheiden. Wenn die Verwaltung dauerhaft allein handelt, wird das demokratische Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung geschwächt. Wir befürworten daher eine Bürgerbefragung, um klar zu erfassen, welche Lösung sich die Bevölkerung von Lahnstein wünscht. Dies wäre eine Form der Bürgerbeteiligung, die sich aus dem Grundgesetz (Art. 20 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1) ergibt. Sie ist zwar nicht bindend, aber rechtlich durchführbar, sofern die Verwaltung sie freiwillig umsetzt.“ (pm Grüne und SPD Lahnstein)

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Lahnstein

Nähe zur AfD: Lahnsteins Oberbürgermeister Siefert fordert Rücktritt von Lisa-Maria Jeckel vom Parteivorsitz

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Urheber Foto: FREIE WÄHLER Landtagsfraktion
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LAHNSTEIN Ein politischer Eklat erschüttert die Freien Wähler in Rheinland-Pfalz: Der Lahnsteiner Oberbürgermeister Lennart Siefert hat die Landesvorsitzende der Freien Wähler, Lisa-Maria Jeckel, öffentlich aufgefordert, ihren Parteivorsitz niederzulegen. Der Grund: Vorwürfe einer zu großen ideologischen Nähe zur AfD. Bereits zuvor hatten Bürgermeister anderer Verbandsgemeinden ähnliche Forderungen erhoben. Die Spannungen wachsen und hinter den Vorwürfen steht mehr als bloße Wortwahl.

Hintergrund: Der Nährboden für Vorwürfe

Schon länger wird gegen Jeckel, die auch Abgeordnete des Landtags aus der Verbandsgemeinde Aar-Einrich (Wahlkreisbüro Niederneisen) ist – kritisiert, sie nähere sich in politischer Haltung oder sprachlicher Nähe der AfD an. Besonders im Fokus stehen dabei mehrere kleine Anfragen, die sie im Landtag eingebracht hat und die in Form, Wortwahl oder Themen vielfach mit Anträgen identisch oder sehr ähnlich sind, die zuvor von AfD-Abgeordneten in anderen Landesparlamenten eingebracht wurden. In zahlreichen Fällen sind die Einleitungen oder einzelnen Fragen nahezu wortgleich, wobei lediglich der jeweilige Landesname geändert wurde. (Diese Parallelen wurden in der Berichterstattung der Rheinpfalz hier dokumentiert.)

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Jeckel weist jegliche Absicht einer bewussten Übernahme solcher Texte entschieden zurück. In Stellungnahmen erklärte sie, es habe keine Zusammenarbeit mit AfD-Abgeordneten gegeben und sie habe die Anfragen eigenständig formuliert. Die textlichen Ähnlichkeiten begründet sie mit allgemein zugänglichen Formulierungen und der thematischen Relevanz bestimmter Fragestellungen.

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Der Landesvorstand der Freien Wähler Rheinland-Pfalz sicherte Jeckel Rückendeckung zu. Er wies Vorwürfe einer AfD-Nähe zurück und betonte, es könne von „Abschreiben“ keine Rede sein; man sei bereit, sämtliche Quellen offenzulegen.

Lennart Siefert zur Rheinpfalz: »Jeckel kann nicht vereinen, sie kann nur spalten«

Mitten in der Diskussion schlägt jetzt Lennart Siefert zu. Er äußerte gegenüber der Rheinpfalz, dass er Jeckels Darlegungen für „unglaubwürdig“ halte und forderte sie auf, den Parteivorsitz „spätestens jetzt“ aufzugeben. Seiner Ansicht nach könne Jeckel „nicht einen innerparteilichen Zusammenhalt erzielen, sondern spalte die Partei“.

Siefert ist nicht der erste, der sich gegen Jeckel positioniert. Auch Kathrin Laymann, Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Rhein-Mosel und Vorsitzende im Freie-Wähler-Bezirk Rheinland-Pfalz Nord, fordert ebenfalls den Rücktritt. Laymann spricht gar von Abschreibungen bei der AfD. Sie kritisierte insbesondere den Landesvorstand dafür, dass dieser ihrer Meinung nach nicht klar genug Stellung beziehe.

In der Provinzpolitik, so Laymann, sei eine solche Nähe inakzeptabel. Sollte der Landesvorstand Jeckels Position unterstützen, müsse sich dieser Vorstand selbst neu legitimieren – im Extremfall mit Rücktritten.

Zentrales Dilemma: Parteitagsentscheidung und interne Widersprüche

Der Vorfall um Jeckel und die Kritik von Siefert fallen nicht in einen ideologischen Leerlauf, sondern in eine Phase, in der die Freien Wähler sich parteiintern bereits mit dem Umgang mit der AfD auseinandersetzen mussten.

Beim Bundesparteitag der Freien Wähler in Bitburg wurde im Februar 2024 ein klarer Beschluss gefasst: Koalitionen oder inhaltliche Absprachen mit der AfD dürfen nicht stattfinden, es sei denn, sie werden ausdrücklich ausgeschlossen. Dieser Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen. Allerdings gab es Gegenstimmen und Enthaltungen – darunter aus der rheinland-pfälzischen Landtagsfraktion.

Jeckel selbst stimmte nicht für den ursprünglichen Antrag, sondern für einen Alternativvorschlag, der eine generelle Abgrenzung von linken und rechten Extremisten forderte. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass der ursprüngliche Antrag in seiner konkreten Form nicht hinreichend überzeugend gewesen sei, obwohl sie mit dessen Grundgedanken übereinstimme.

Kritiker sehen darin aber die Gefahr, dass das offizielle Bekenntnis zur Unvereinbarkeit mit der AfD verwässert werde. Der Schritt von Siefert und Laymann setzt genau an dieser Sorge an: Kann eine Landesvorsitzende glaubhaft eine klare Abgrenzung zur AfD verkörpern, wenn sie in parlamentarischen Vorlagen sprachliche Nähe zulässt?

Fazit. Der Rücktrittsappell von Oberbürgermeister Siefert gegenüber Lisa-Maria Jeckel ist mehr als ein Lokalzoff: Er greift das zentrale Konfliktfeld der Freien Wähler Rheinland-Pfalz an – die Glaubwürdigkeit in der Abgrenzung zur AfD. Jeckels weiterer Umgang mit den Vorwürfen wird zeigen, ob sie dem Parteivorsitz in turbulenter Zeit gewachsen ist, oder ob der Landesverband jetzt vor einem Neuanfang stehen muss.

Quellen: Rheinpfalz Die Freie-Wähler-Chefin Jeckel und die Nähe zur AFD | Rheinpfalz Wegen AFD Nähe: Zwei Bürgermeister für Rücktritt der Landesvorsitzenden Jeckel |SWR Kooperationsverbot beschlossen: Freie Wähler grenzen sich von AFD ab  | Die Zeit Wirbel um Abstimmung bei Freien Wählern zum Umgang mit AFD

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