Lahnstein
„Containern“ ist strafbar – Werden Lebensmittelretter zu Recht oder zu Unrecht bestraft?


LAHNSTEIN Wenn das moralische Recht an seine Grenzen stößt, wird dem Populismus Tür und Tor geöffnet. Kürzlich wurde vor dem Amtsgericht Lahnstein gegen zwei sogenannte Lebensmittelretter verhandelt. Diese sollen Lebensmittel beim regionalen Globus Warenhaus aus einem umzäunten Außenbereich entwendet haben. Diese waren zur Vernichtung bestimmt. An dieser Stelle könnte die Geschichte enden und zu gerne hätten dieses auch die Befürworter der Containernszene und so mancher Unterstützer gerne gesehen.
Der Gedanke an entsorgtes Essen durch Lebensmittelhändler lässt so manchen Aktivisten zur Hochform auflaufen. Laut Statista (2022) befürworten 64,8% der in Deutschland lebenden Bürger die Legalisierung des sogenannten Containerns. Und so wurde teilweise medial in beispielloser Einseitigkeit berichtet. Ein Internetportal schlug sogar vor, dass der Globus gekühlte Mülltonnen für Bedürftige zur Verfügung stellen sollte.
Über 6 Millionen Tonnen verschwenden Endverbraucher jährlich an Lebensmittel. Mit 52% aller vernichteten Lebensmittel machen sie den größten Posten aus. 75kg je Person und Jahr
Der Prozess in Lahnstein zeigte deutlich auf, wo die Gesetzgebung an ihre Grenzen stößt. Für die Angeklagten Julia und Nils ist die Verschwendung von weggeworfenen Lebensmitteln eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Für sie ist das Containern eine legale Methode um verwertbare Essensreste zu retten. Dieses sieht das Bundesverfassungsgericht anders. In einer höchstrichterlichen Grundsatzentscheidung wurde 2020 verkündet, dass das Containern, oder auch Dumpster Diving genannt, strafbar ist und bleibt. Entgegen der Annahme der sogenannten Lebensmittelretter, gibt der Lebensmittelbetrieb sein Eigentumsrecht nicht auf sondern will, dass die Artikel entsorgt werden. Erst durch die Vernichtung der Waren, wird der Handel aus etwaigen Haftungsrisiken (z.B. Streitigkeiten durch den Verzehr von abgelaufenen oder verdorbenen Waren) entlassen.
Besonders weil die Unternehmen mittlerweile vielfach die Abfallbehälter bewusst schützen durch Zäune oder Schlösser, zeigen diese an, dass sie zu keinem Zeitpunkt das Eigentumsrecht aufgegeben haben. Die Argumentation der Aktivisten, dass die Ware herrenlos sei, sah das Gericht nicht. Im Gegenteil. Durch den besonderen Schutz der weggeworfenen Lebensmittel, bleibt es eine fremde Ware für die Lebensmittelretter und wer eine fremde bewegliche Sache mit einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Gerade einmal für 4% sind die Lebensmitteleinzelhändler bei der Verschwendung zuständig und bilden damit die kleinste Gruppe
Es ist der Rechtsprechung nach ein Diebstahl und solange das Gesetz nicht geändert wird, bleibt es das auch. In anderen Ländern ist es verboten, genießbare Lebensmittel wegzuwerfen aber es ist auch in anderen Ländern erlaubt zum Beispiel Cannabis zu rauchen doch was fangen wir mit diesen Informationen an?
Die Fakten besagen, dass 11,9 Millionen Tonnen an Lebensmitteln jedes Jahr in Deutschland vernichtet werden doch die Zahlen sind seit Jahren rückläufig und unterliegen in der Gesellschaft einem großen Irrtum. Gerne werden diese polemisch in vereinzelten Medien zu Propagandazwecken verfälscht widergegeben. Würde wir diese Zahl jetzt so stehenlassen, wüssten sie nur die halbe Wahrheit. Von diesen knapp 12 Millionen Tonnen (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2019) werden rund 52% (6,1 Mio. Tonnen) von privaten Haushalten entsorgt. 1,4 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle entstehen bei der Primärproduktion und 2,2 Millionen bei der Verarbeitung von Lebensmitteln. Bei der Außer-Haus-Verpflegung sind es sogar 1,7 Millionen Tonnen. Doch nun wird es interessant. Gerade einmal 4% (0,5 Mio. Tonnen) entfallen auf den Groß- und Einzelhandel denn dieser hat längst reagiert.
64,8% der Deutschen halten Containern für ein legales Mittel um Lebensmittel zu retten – Dafür müsste das Gesetz geändert werden
Der größte Teil der Waren mit knappen Mindesthaltbarkeitsdatum wird reduziert verkauft. Auch der Globus in Lahnstein reagierte auf die Situation und bietet ein ganzes Regal voll mit ermäßigter Ware wo die Haltbarkeit sich dem Ende neigt. In der Tonne landen letztlich nur noch Produkte die beschädigt sind oder Umverpackungen nicht ausreichend sind um die hygienische Sicherheit zu garantieren. Zusätzlich finden sich dort Obst- und Gemüseabfälle. Dieses sind zwar unter Umständen durchaus genießbar, entsprechen aber nicht mehr den Vorgaben des Unternehmens.
Nicht mehr den Vorgaben des Unternehmens? Genau. Doch warum wird es dann nicht an die Tafeln weitergegeben? Genau dieses machen die Lebensmitteleinzelhändler wie REWE oder auch der Globus. Was dann letztlich tatsächlich vernichtet wird ist in einem solchen Zustand, dass der Einzelhandel Haftungsrisiken ausschließen möchte.
Globus spendet an die Tafel
Die Forderung der Lebensmittelretter ist moralisch nachvollziehbar. Nichts sollte weggeschmissen werden solange es verwertbar ist. Doch weshalb stürzen sich die Lebensmittelretter dann nicht auf die tatsächlichen Lebensmittelverschwender? Dieses sind (wie oben beschrieben) mit 52% oder 6,1 Mio. Tonnen die Bürger des Landes.
Am Ende wird es ein leidiges Thema bleiben. Das Bundesverfassungsgericht hat Recht gesprochen. Kein Unternehmen muss es gestatten, dass Personen unbefugt das Gelände betreten. Schon gar nicht wenn es besonders geschützt ist. So nobel die Beweggründe auch sein mögen dennoch bleibt es im besten Fall nur ein Hausfriedensbruch. Sollten für das Containern sogar Schlösser aufgebrochen werden könnte aus dem Offizialdelikt Diebstahl sogar ein besonders schwerer Diebstahl werden.
Die Lebensmittelretter sind davon überzeugt, dass die entwendeten Waren, mindestens für den Einzelhändler, keinen Wert mehr darstellen. Kann eine wertlose Ware ein qualifizierter Diebstahl sein? Ja. So sieht es das Bundesverfassungsgericht. Durch eine Umzäunung oder andere Schutzmaßnahmen zeigt ein Einzelhändler an, dass er das Eigentum auch an wirtschaftlich wertlosen Sachen strafrechtlich schützen will. Ungerecht?
Haben Sie schon einmal Sperrmüll vor die Türe gestellt? Dazu gibt es ein spannendes Beispiel. Ein Künstler wollte ein von ihm gemaltes Bild entsorgen und legte es zum angemeldeten Sperrmüll. Später kam eine Person und wollte es mitnehmen. Der Künstler verweigerte das und es kam zum Streit. Die Person war der Ansicht, dass das Bild ja sowieso vernichtet wird und somit herrenlos wäre. Dieses sah das Gericht anders. Der Künstler hat das Bild zur Vernichtung gegeben. Diesem Zweck sollte es zugeführt werden. Seine Eigentumsrechte waren damit nicht aufgegeben. Eine ungefragte Mitnahme von Sperrmüll stellt somit ebenfalls einen Diebstahl dar. Ähnlich wie bei den Lebensmitteln.
Während alle wohlwollend und bewundernd auf die Aktivisten beim Containern blicken, werfen sämtliche Personen in der BRD im Schnitt (Jahr) 75kg an Lebensmitteln weg. Eine unfassbare Verschwendung. Besserung kaum in Sicht. Und genau hier liegt ein Knackpunkt. Während die Forderung laut wird, dass die Lebensmittelhändler ihre nicht verwerteten Waren freigeben, sind dazu die Privathaushalte nicht bereit. Wer möchte schon, dass in seinen Abfällen gewühlt wird doch wo ist der Unterschied? Ist man dazu bereit, dass Fremde das eigene Grundstück betreten um nach Essenswaren zu suchen?
Es gibt mehr Befürworter wie Gegner für das Containern
Eine Gesetzesänderung ist nicht so einfach. Man kann von den Betrieben kaum verlangen, dass sie ihre Rechte an den eigenen Grundstücken preisgeben und auch nicht, dass sie einem Diebstahl zustimmen. Eine solche Tat ist ein Offizialdelikt und muss verfolgt werden per Gesetz.
Ob es in Deutschland zu einer Gesetzesänderung kommen wird in Hinblick darauf, dass die Betriebe keine Lebensmittel wegwerfen oder vernichten dürfen ist fraglich denn dieses ist nach deutschem Recht ein großer Einschnitt in die Eigentumsverhältnisse. Dabei hilft auch keine polemisch – populistische Berichterstattung mit der Meinungen gebildet werden sollen. Die Bürger haben das Recht auf alle Fakten um sich selbständig eine Meinung bilden zu können und diese wird differenziert sein und das ist gut so denn davon lebt eine Demokratie und die Meinungsvielfalt. Als Presse ist es nicht unsere Aufgaben die Ansichten zu beeinflussen sondern den Menschen das Werkzeug mit allen Fakten in die Hand zu geben um sich selber orientieren zu können. Und die Moral am Ende dieser Geschichte? Vielleicht sind beide Seiten interessant. Die Lebensmittelretter mit hohen moralischen Ansprüchen und der Einzelhandel, der gerade einmal 4% der Lebensmittelverschwendung ausmacht……
Lahnstein
Anhaltende Verschmutzung und Schäden führen zu Schulhofschließung in Lahnstein

LAHNSTEIN Nach einer Reihe massiver Verschmutzungen und wiederholter Sachbeschädigungen muss der Schulhof der Goetheschule Lahnstein ab sofort nach Schulschluss vollständig geschlossen werden. „Auf unserem Schulhof kommt es ständig zu untragbaren Zuständen“, erklärt Schulleiter Marius Klein. Lehrerinnen, Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler finden regelmäßig Verpackungsreste, leere Flaschen und Glasscherben auf dem Gelände.
„Nicht nur der Schulhof leidet unter den ständigen Beschädigungen und Verschmutzungen, sondern auch die Kinder“, betont Klein. Die zunehmende Verrohung schade dem Lernumfeld und gefährde zudem die Sicherheit der Kinder. Neben Müll und Unrat kommt es auch zu gezieltem Vandalismus: Immer wieder werden Äste von Büschen und Bäumen abgebrochen und Pflanzen in den Beeten zerstört. Die Rutsche wurde mit Eiern beworfen – die Reinigung der eingetrockneten Reste stellte die Zuständigen vor große Herausforderungen.
Besonders besorgniserregend: Der Fallschutzteppich an der Rutsche wurde mutwillig beschädigt – teils herausgerissen oder sogar herausgeschnitten – was eine erhebliche Verletzungsgefahr für spielende Kinder bedeutete. Nur notdürftig konnte der Bereich mit Panzertape gesichert werden. Auch Klettergeräte sind immer wieder Ziel von Schmierereien und Beschmutzungen.
Die Kletterwand sowie die Rutsche wurden mit Spraydosen besprüht und mussten mit Spezialreinigern gesäubert werden. In diesem Schuljahr wurden die Kletterstangen sogar mit Senf und Fäkalien beschmiert.
Bereits im vergangenen Schuljahr wurde ein Seil am Klettergerüst angeschnitten und im Jahr 2023 mehrere Fensterscheiben beschädigt. Angesichts der anhaltenden Vorfälle sieht sich die Stadt zu konsequentem Handeln gezwungen. Oberbürgermeister Lennart Siefert erklärte: „Die Sicherheit der Kinder hat oberste Priorität. Wir können nicht zulassen, dass durch solche Taten Gesundheit und Wohlbefinden der Schüler gefährdet werden.“ Die Schließung des Schulhofs nach Schulschluss sei daher leider ein notwendiger Schritt, um
eiteren Schaden zu verhindern.
Blaulicht
Alltag auf der Wache: Die Polizeiinspektion Lahnstein im Porträt


LAHNSTEIN Wenn morgens die ersten Streifenwagen das Gelände der Polizeiinspektion Lahnstein verlassen, beginnt ein Arbeitstag, der selten vorhersehbar ist. Die Einsätze sind so vielfältig wie das Gebiet, für das die Beamtinnen und Beamten hier zuständig sind: Von der Stadt Lahnstein hin zur Verbandsgemeinde Loreley – mit Orten wie Dachsenhausen, Braubach und die Koblenzer Stadtteile Horchheim sowie Pfaffendorf. Mal ist es eine Ruhestörung in einem Mehrfamilienhaus, mal ein schwerer Verkehrsunfall, mal eine Anzeige wegen Internetbetrug. Die Herausforderungen wachsen – aber eines bleibt: der Wille, den Menschen zur Seite zu stehen.
Berufung in Uniform
Wer durch die Flure der Polizeiinspektion geht, begegnet Menschen mit Haltung. Caroline Fachinger, die Dienststellenleiterin, empfängt ruhig und freundlich – mit der Selbstverständlichkeit von über 30 Dienstjahren. Schon mit 16 begann sie ihre Laufbahn bei der Polizei, über Mainz und Koblenz führte sie der Weg zurück in den Rhein-Lahn-Kreis. Seit anderthalb Jahren leitet sie die Inspektion in Lahnstein, ein Team aus rund 40 Mitarbeitenden.
»Was mich nach all den Jahren immer noch antreibt, ist die Vielseitigkeit dieses Berufs. Man kann sich entwickeln, sich einbringen – und man ist nie allein. Der Polizeidienst funktioniert nur als Teamarbeit«, sagt sie. Dabei ist sie nicht nur Führungskraft, sondern Kollegin, Mentorin, Ansprechpartnerin. Und sie spürt, dass sich der Beruf verändert hat – in der Wahrnehmung, aber auch in der Realität.
Zwischen Fußstreife und Facebookbetrug
Denn klassische Straftaten wie Einbruch oder Diebstahl sind längst nicht mehr die einzigen Herausforderungen. »Die Kriminalität hat sich stark ins Internet verlagert. Betrugsmaschen über Kleinanzeigenportale, Fake-Shops, Hasskommentare in sozialen Netzwerken – das sind Dinge, mit denen wir heute regelmäßig zu tun haben«, so Fachinger. Und auch die Bürger selbst hätten sich verändert: »Die Schwelle, die Polizei zu rufen, ist gesunken. Die Menschen reagieren sensibler, aber auch schneller. Ein Streit unter Nachbarn, eine Rangelei auf der Kirmes – sofort wird das Handy gezückt und die 110 gewählt.«
Die neue Generation im Team
Eine, die diese neue Realität aus nächster Nähe erlebt, ist Polizeikommissarin Alisha Ling. Frisch im Dienst, mit viel Begeisterung und einer ordentlichen Portion Realitätssinn. »Für mich war das ein Kindheitstraum. Und was mich bis heute am meisten fasziniert, ist der Teamgeist. Du bist nie allein. Du gehst nicht allein zum Einsatz, du trägst Verantwortung gemeinsam.«
Ling liebt die Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern. »Da sind so viele Begegnungen, die einfach guttun. Menschen, die dankbar sind. Oder auch nur mal reden wollen. Das gehört genauso dazu wie die schwierigen Seiten.«
Und die gibt es. Etwa wenn es darum geht, Todesnachrichten zu überbringen. »Das sind Momente, in denen man sich wünscht, diesen Teil des Jobs könnte jemand anders übernehmen.« Doch die Polizei ist auch darauf vorbereitet: Mit dem sogenannten Kriseninterventionsteam (Kit-Pol) stehen geschulte Kolleginnen und Kollegen zur Seite, um emotionale Belastungen aufzufangen – und aufzuarbeiten.
Streife, Schreibtisch, Zentrale Anzeigenbearbeitung
Viele denken bei Polizeiarbeit nur an Funkwagen und Blaulicht – doch der Dienstalltag ist weit mehr. »Ein Großteil unserer Arbeit spielt sich am Schreibtisch ab«, erklärt Caroline Fachinger. In Lahnstein ist sogar die Zentrale Anzeigenbearbeitung für das gesamte Polizeipräsidium Koblenz angesiedelt. Betrugsdelikte, Sachbeschädigungen, Ladendiebstähle – Fälle mit geringer Komplexität, aber hoher Anzahl, werden hier gesammelt und bearbeitet. »Das entlastet die Reviere vor Ort und bündelt Kompetenzen.«
Und dennoch bleibt der Kontakt zur Straße wichtig – buchstäblich. »Wir versuchen, regelmäßig zu Fuß Streife zu gehen«, sagt Alisha Ling. »Gerade nach dem Frühdienst, einfach raus in die Innenstadt. Die Leute sehen uns, sprechen uns an. So entsteht Nähe.«
Mit Haltung und Herz: Polizei als Lebensweg
Sven Hohaus, Polizeioberkommissar, ist einer, der den Polizeiberuf von mehreren Seiten kennt. Nach seiner Ausbildung unterrichtet er heute neben dem Streifendienst auch an der Höheren Berufsfachschule in Lahnstein – dort, wo er selbst einst begann. Er lehrt Gefahrenabwehrrecht und bringt den Nachwuchs auf Kurs. »Mir war klar, dass ich keinen Beruf will, der mich täglich ins Büro einsperrt. Hier habe ich alles: Menschen, Herausforderungen, Verantwortung.«
Auch er kennt die Diskussion um Respekt gegenüber der Polizei. „Ja, es ist manchmal rauer geworden. Aber mit dem richtigen Auftreten kommt man weit. Freundlichkeit wirkt oft stärker als jedes Mittel des Zwangs.“ Angst habe er nie. »Man braucht Respekt vor der Situation und den Menschen, aber keine Angst.«
Ein starkes Team – für ein starkes Revier
Was uns beim Besuch in der PI Lahnstein besonders auffiel, war das Miteinander. Die gegenseitige Unterstützung, das Gespräch, das offene Ohr. Vom Schreibtisch bis zur Fußstreife, von der jungen Kommissarin bis zur erfahrenen Leiterin – hier wird zusammengearbeitet, nicht nebeneinander her.
»Polizei ist nicht, was viele von außen denken«, sagt Caroline Fachinger. »Wir sind keine Befehlsempfänger – wir sind Entscheidungsfinder, Gesprächspartner, Helfer. Und manchmal auch nur einfach da.«
Lahnstein
Verkehrsdebatte in Lahnstein: Ringlösung sorgt für Zustimmung und Unmut gleichermaßen

LAHNSTEIN Die Umgestaltung der Verkehrsführung in Lahnstein – insbesondere die Einführung einer sogenannten „Ringlösung“ mit Einbahnstraßenregelungen – sorgt für eine kontroverse Debatte in der Stadtgesellschaft. Während Oberbürgermeister Lennart Siefert die Maßnahme als sachlich begründet und verkehrstechnisch notwendig bezeichnet, formiert sich Widerstand in Form einer Bürgerinitiative. Auch im Stadtrat sind die Meinungen geteilt. Klar ist: Einfache Lösungen gibt es nicht, und Einigkeit herrscht weder auf politischer noch auf gesellschaftlicher Ebene.
Oberbürgermeister: »Optimale Verkehrsführung – weniger Unfälle, flüssiger Verkehr«
Im Videointerview mit dem BEN Kurier erklärte Oberbürgermeister Lennart Siefert die Beweggründe für die umstrittene Maßnahme: „Es ist im Prinzip in Oberlahnstein Stein des Anstoßes, die Drehung der Adolfstraße. Dort haben wir die Bürger nicht beteiligt, weil die Rechtsgrundlage hergibt, dass keine Beteiligung erforderlich oder möglich ist. Auch die Gremien wurden nicht beteiligt, weil es sich um eine verwaltungsseitige Entscheidung handelt.„
Die neue Verkehrsführung sei aus Sicht der Stadtverwaltung die effektivste Lösung, um den Verkehr in Lahnstein dauerhaft zu entlasten. „Im Rahmen der Sperrung der Lahnbrücke haben wir festgestellt, dass dies die optimale Verkehrsführung ist, um den Verkehr störungsfrei und kreuzungsfrei durch Oberlahnstein zu leiten. Statt wie üblich 13.000 Fahrzeuge waren es damals fast 30.000, und dennoch lief der Verkehr flüssig„, so Siefert.
Weitere Vorteile sieht der Verwaltungschef in der Umleitung von Autos über die Bundesstraße: »Das spart Kosten für die Stadt, entlastet Anwohner und reduziert die Zahl der Unfälle. Die Maßnahme dient also der Sicherheit, der Ordnung und der Kosteneffizienz.«
Bürgerinitiative: »Fehlende Transparenz, wirtschaftliche Risiken, realistische Alternativen«
Die Bürgerinitiative (BI) »Zurück zur ursprünglichen Verkehrsführung« sieht das grundlegend anders. In einer ausführlichen Stellungnahme kritisiert sie nicht nur die mangelnde Bürgerbeteiligung, sondern auch die wirtschaftlichen Folgen für den Einzelhandel.
Ein zentrales Argument der Initiative betrifft die angeblich fehlende Alternative zur Hochstraße. Diese sei sehr wohl gegeben, etwa durch eine sinnvolle Einbindung der Bürgermeister-Müller-Straße. »Durch Verkehrsspiegel oder eine Ampelregelung kann der Tunnel aus dem Rheinquartier weiterhin sicher erreicht werden. Die aktuelle Beschilderung als Anliegerstraße verhindert eine sinnvolle Nutzung«, heißt es in der Mitteilung.
Auch die Diskussion um den Schwerlastverkehr sieht die BI verzerrt dargestellt. Entgegen der Vorwürfe wolle man nicht nur Oberlahnstein entlasten, sondern eine »gerechte Verteilung des Verkehrs auf beide Stadtteile«. Unter dem Motto »Geteiltes Leid ist halbes Leid« fordert die BI eine gleichmäßige Belastung – auch zum Schutz der Brücke und der Anwohner auf beiden Seiten der Lahn.
Einzelhandel warnt vor Existenzbedrohung
Besonders brisant ist die Position der Gewerbetreibenden: 59 lokale Händler haben sich laut BI mit einer Unterschriftenliste an den Oberbürgermeister gewandt und fordern die Rückkehr zur ursprünglichen Verkehrsführung. Sie befürchten durch die Verkehrsberuhigung – insbesondere der Hochstraße – Umsatzeinbußen bis hin zur Geschäftsaufgabe.
Dem entgegnet OB Siefert: »Ich weiß von etlichen Geschäftstreibenden, dass im Prinzip keine Einbußen im Umsatz vorhanden sind.« Zudem stelle sich die Frage nach der Seriosität der Unterschriften: »Wenn Leute, die sich vorher positiv äußern, nachher auf einer Unterschriftenliste stehen, muss man das hinterfragen.«
Die Bürgerinitiative sieht das anders und fordert eine Verkehrsführung, die sowohl den Anwohnern als auch den Gewerbetreibenden gerecht wird: „Ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich mit Tempo 20 und Kurzzeitparkplätzen wäre eine sinnvolle Lösung, ohne wirtschaftlichen Schaden anzurichten.„
Streit um Öffentlichkeitsarbeit: Interview abgelehnt – Bürgerinitiative erscheint nicht im Video
Ursprünglich hatte der BEN Kurier geplant, im Videobeitrag sowohl den Oberbürgermeister als auch die Bürgerinitiative »Zurück zur ursprünglichen Verkehrsführung« zu Wort kommen zu lassen. Beide Seiten wurden eingeladen, ihre Sichtweise darzulegen – und beide stimmten zunächst einem Videointerview zu.
Während Oberbürgermeister Siefert dem Gespräch ohne Bedingungen zustimmte, forderte der Initiator der Bürgerinitiative, Michael Cramer von Clausbruch, im Nachhinein eine Vorabfreigabe des Interviews. Obwohl ihm im Vorfeld ausdrücklich mitgeteilt worden war, dass redaktionelle Inhalte aus presseethischen Gründen grundsätzlich nicht zur Freigabe vorgelegt werden, beharrte er dennoch auf einer vorherigen Einsicht. Die Redaktion lehnte dies – wie bei allen Interviewpartnern – ab.
Infolge dieser Forderung zog die Bürgerinitiative ihre Zustimmung zur Veröffentlichung des bereits geführten Interviews zurück. Daher kommt im veröffentlichten Video nur die Perspektive des Oberbürgermeisters zur Geltung.
Redaktioneller Hinweis:
Ein solches Verhalten widerspricht den Grundprinzipien unabhängiger Berichterstattung. Während Interviewpartner selbstverständlich fair und korrekt dargestellt werden, bleibt die inhaltliche Verantwortung bei der Redaktion – nicht bei den Interviewten. Vorabfreigaben einzelner Inhalte wären ein unzulässiger Eingriff in die Pressefreiheit.
Zukunftsperspektive: Bürgerbeteiligung angekündigt
In der jüngsten Stadtratssitzung kündigte die ULL, die Partei des Oberbürgermeisters, eine Bürgerbeteiligung zur Verkehrsführung an. Eine „Koordinationsstelle Bürgerbeteiligung“ soll künftig den Dialog zwischen Verwaltung und Bürgerschaft verbessern. Zwar sei eine Stadt rechtlich nicht an die Ergebnisse solcher Beteiligungsverfahren gebunden, doch verschaffe man sich so ein besseres Gespür für die Bedürfnisse und Sorgen der Bevölkerung. Die Entscheidung über das konkrete weitere Vorgehen soll in der nächsten Sitzung des Hauptausschusses fallen. Dass es bei einem so emotional aufgeladenen Thema am Ende allen recht gemacht werden kann, ist jedoch fraglich.
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