Gesundheit
Pflegekräfte des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein demonstrieren gegen Sana Übernahme

RHEIN-LAHN/KOBLENZ Bereits am 06. Juni teilte der Koblenzer Oberbürgermeister David Langner (SPD) mit, dass er sich eine Teilprivatisierung des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein gut vorstellen kann wenn bestimmte Bedingen erfüllt werden. Welche das sein sollen, ließ er im Gespräch offen.
Neben der Gewerkschaft ver.di, kündigte nun auch die Komba massiven Protest gegen das Vorhaben an. Sie forderte, dass die Kommune dauerhaft 53% der Gesellschafteranteile behält. Und dieses ist ein großes Dilemma. Zu gerne möchte die Stadt Koblenz das defizitäre GKM loswerden. Doch auf welche Kosten?
Die Linke und DIE PARTEI im Schulterschluss für die GKM Mitarbeiter
Am heutigen Tage starteten am Kemperhof und dem evangelischen Stift die ersten organisierten Demos. Doch vor Ort durfte man sich verwundert die Augen reiben. Unterstützung durch die etablierten Parteien wie SPD, CDU, Grüne oder FDP? Fehlanzeige. Lediglich die Linke und Die PARTEI solidarisierten sich für die Mitarbeiter des GKM.

Die Linke organisierte die Demo gegen die Sana Übernahme. Auch die PARTEI unterstützt die GKM Mitarbeiter (Bild von links: Oli Antpöhler-Zwiernick | Fraktion die Linke Koblenz, Michael Brüggemann | Die PARTEI Bundestagskandidat)
Doch wer genau ist diese Sana AG? Zunächst einmal ist die Sana der drittgrößte Klinikbetreiber in Deutschland. Hinter der Sana stecken als Eigentümer die DKV AG (22,4%), die Signal Iduna, die Allianz, die Debeka und die Continentale. Allesamt private Krankenversicherer. Der Aufsichtratsvorsitzende der Sana Kliniken AG (Ulrich Leitermann) ist gleichzeitig CEO von der Signal Iduna Versicherung.
Und genau dieser Konzern scheint wenig Interesse an den einzelnen Beschäftigten zu haben. Erst kürzlich teilte das Unternehmen mit, dass ihr hundertprozentiges Tochterunternehmen, die DGS pro Service GmbH, 1000 Stellen abbauen möchte. Die Gründe sind so fadenscheinig wie sie nur sein können. Angeblich wäre die Tochtergesellschaft nicht zukunftsfähig aufgestellt. Dieses betrifft den Bereich der Hol- & Bringdienste, Pforte sowie Sicherheit und die Stationsassistenten. Laut der Muttergesellschaft SANA, wären in diesem Bereich die Anforderungen gestiegen. Dabei wirbt das Unternehmen explizit mit der hervorragenden Weiterbildung seiner Mitarbeiter. Ein verlogener Widerspruch?
GKM Übernahme könnte Stolperstein für rheinland-pfälzische Bundestagskandidaten werden
Nicht nur die Gewerkschaft ver.di wirft der Sana Profitgier vor. Laut den Geschäftsberichten der Jahre 2015 bis 2019 habe der Konzern alleine in diesem Zeitraum einen Reingewinn von ca. 423 Millionen EUR nach Steuern erwirtschaftet. Der Sana AG Unternehmenssprecher Pascal Nebling gab gegenüber dem BEN Kurier bekannt, dass es im Jahre 2019 einen Gewinn von 65 Millionen EUR gab. Für 2020 werden ähnliche Zahlen erwartet.
Dabei ist im Land Rheinland-Pfalz kaum Protest gegen die Übernahme der Sana zu hören. Im Bundestag sieht das ganz anders aus. In einer parteiübergreifend vielbeachteten Rede, kritisierte der CDU Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Matthias Zimmer das Vorgehen der Sana und der Tochterfirma DGS pro Service GmbH scharf.
„Die Firma Sana begründet ihre Kündigungen mit – ich zitiere – „neuen Anforderungen, die eine deutlich höhere fachliche Führung, Prozessbegleitung und Prozessüberwachung“ erfordern. Das ist in Ordnung; das habe ich erst mal so zur Kenntnis genommen.
Dann habe ich wie andere auch hier im Plenum die Geschäftsberichte der Sana durchgeschaut, und da bin ich über eine Formulierung gestolpert, die mich hat hellhörig werden lassen. Da steht nämlich drin, die „Sana legt Wert auf eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung“ ihrer Mitarbeiter.
Hohe Fluktuation unter den Mitarbeitern des GKM
Da stehen jetzt auf der einen Seite die kontinuierliche Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter, auf der anderen Seite die neuen Anforderungen, die dazu geführt haben, dass die Kündigungen ausgesprochen werden. Da frage ich mich: Ja, warum hat dann die Sana nicht die Möglichkeiten genutzt, die wir beispielsweise mit dem Qualifizierungschancengesetz geboten haben, um Mitarbeiter weiterzuqualifizieren und in den Jobs zu halten?“
Unverzichtbarkeitserklärung für das Nastättener Paulinenstift doch zu welchen Arbeitsbedingungen?
Zu den übrigen Mitarbeitern, welche nicht zur DGS pro Service GmbH gehören, wie zum Beispiel die Kräfte im GKM, äußerte sich Prof. Dr. Matthias Zimmer wie folgt: „….aber dann frage ich mich angesichts eines solchen Verhaltens: Müssen dann die Ärzte, die Krankenschwestern, die Pfleger nicht glauben, dass sie jetzt die nächsten sind? Müssen sie jetzt nicht in der Angst leben, dass gegebenenfalls sie die nächsten sind, die daran glauben müssen, wenn Profitinteressen wieder über das Gemeinwohl und über die langfristige Bindung der Mitarbeiter gestellt werden? Ich glaube, da sind wir in einem äußerst schwierigen Bereich. „

Die Linke startete den Demonstrationszug gleichzeitig vom Kemperhof und Stift. Gemeinsam zogen sie vor das Koblenzer Rathaus
Zum Aufsichtsratvorsitzenden der Sana und Signal Iduna, Ulirch Leitermann, führte er aus: „Diesen Aufsichtsratsvorsitzenden Herrn Leitermann würde ich hier an dieser Stelle gerne fragen: Ist es Ihre Auffassung von gesellschaftlicher Verantwortung, Schmiere zu stehen, wenn 1 000 Menschen entlassen werden? (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ).
SPD, CDU, Grüne und FDP erschienen nicht zur Demo
Und diese Sorge ist bei einer möglicher bzw. immer wahrscheinlicher werdenden Übernahme des GKM durch die Sana berechtigt. Und dabei darf nicht vergessen werden, wer hinter der Sana als Eigentümer steckt. Die Privatversicherer.

Auch wenn das Plakat Humor versprach. Die PARTEI nahm das Thema der Sana Übernahme sehr ernst und setzt sich wie die Linke vehement für die GKM Mitarbeiter ein.
Auch dazu äußerte sich der CDU Politiker: „Ist diese Maßnahme geeignet, Vertrauen in private Strukturen im Gesundheitswesen zu stärken? Müssen Patienten jetzt Angst haben, dass sie nicht mehr angemessen versorgt werden? Ich glaube, es liegt auch nicht im Interesse dieser Krankenversicherer, dass diese Fragen gestellt werden.“
Die Gewerkschaften Ver.di und KUMA kündigen massiven Widerstand gegen Sana Übernahme an
Doch wie steht es um die Unterstützung zu den Betriebsräten? Auch dazu gab es Antworten von Prof. Dr. Matthias Zimmer: „Und dann ein zweiter Gedanke, zum Vertrauen in die Betriebsräte. Also, die Betriebsräte zu erwähnen, ist ja völlig in Ordnung, aber die werden natürlich erst dann tätig, wenn die Birne bereits gegessen ist. Ich habe da sehr viel mehr Vertrauen in die Kraft der Gewerkschaften…..“

Immer mehr Demonstranten fanden sich am Koblenzer Rathaus ein
Und genau dieses erleben viele Mitarbeiter des GKM in der aktuellen Situation. Sie beklagen die mangelnde Transparenz und fehlende Unterstützung durch die Betriebsräte. Dabei kann sich die CDU nicht von der Problematik freisprechen denn diese zeichnet sich im erheblichen Maße für die Einsparungen im Gesundheitssektor der Vergangenheit verantwortlich.
Massenentlassungen bei Sana AG Tochter – 1000 Beschäftigte betroffen
Auch die SPD Bundestagsabgeordnete Marianne Schieder lässt kaum ein gutes Haar an der Sana AG im Bezug auf die Massenentlassungen. „Ich kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen, sie ist unverfroren, unsozial und unglaublich!“, so Schieder. „Der Grund für die nun angekündigten sogenannten „Restrukturierungsmaßnahmen“ liegt allein im Profitstreben, um nicht zu sagen in der Profitgier dieses Konzerns!“ Es sei aber auch ein Schlag ins Gesicht des Steuerzahlers: In der Pandemie habe der Staat die Krankenhäuser mit erheblichen Steuergeldern unterstützt.
Dass Sana aber jetzt jegliches Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Belegschaft vermissen lasse, sei schlicht „schäbig“. Doch wieso bewertet der Bundestag die Sana AG völlig anders wie das Land Rheinland-Pfalz bzw. die Stadt Koblenz? Ist die Sana vielleicht gar nicht der Hai im Golffischbecken?
SPD Oberbürgermeister Langner kann sich Teilprivatisierung vorstellen
Wir schauen einmal in die Vergangenheit der Sana AG. 2019 gingen die Beschäftigten der Sana Kliniken in Berlin und Sommerfeld auf die Straße. Grund: „Schlechte Arbeitsbedingungen und Unterbezahlung.“
2013 kündigte die Sana AG in Offenbach 350 Beschäftigten. (https://www.op-online.de/offenbach/reaktionen-massenentlassungen-sana-klinikum-offenbach-3194665.html)
Ein anderes Mal werden Mitarbeiter ausgegliedert in Tochterunternehmen wie der DGS pro.Service GmbH (2016 https://www.mittelbayerische.de/region/cham/gemeinden/cham/neue-ausgliederungen-bei-sana-kliniken-22798-art1366166.html)
Wie wäre es mit Einschüchterungsversuchen oder 7 Tage Arbeit) (https://www.dewezet.de/region/hameln_artikel,-sanaklinik-droht-hamelner-streikenden-_arid,2445783.html und https://www.dewezet.de/region/hameln_artikel,-putzstreik-im-sana-_arid,2574293.html)
Und von solchen Vorfällen findet man so einiges mehr im unvergesslichen google Gedächtnis. Und genau mit dieser Sana AG verhandelt nunmehr die Stadt Koblenz. Die Ängste der Mitarbeiter sind nicht unberechtigt. Sie verlangen Transparenz in den Verhandlungen und keine mutmaßliche konspirative Geheimtreffen. Sie möchten nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden und sie erwarten faire Arbeitsbedingungen.
Sana – Gewinnmaximierung um jeden Preis?
Mit der Gesundheit der Menschen in der Region darf nicht gespielt werden. Gerade die geschulten und motivierten Pflegekräfte sind das Kapital eines Krankenhauses und wenn diese sich abwenden wird es schwierig.
Dabei gibt es Hoffnung. Die großen Gewerkschaften wie ver.di und Kuma sowie die Parteien Die Linke und Die PARTEI schauen nicht weg. Im Gegenteil. Da scheint ein Sturm aufzuziehen. Und dieses könnte auch ein Stolperstein für die rheinland-pfälzischen Bundestagskandidaten der etablierten Parteien werden, wenn diese sich nicht klar für die Gesundheit der Bürger und die Beschäftigten des GKM positionieren.
Am Ende muss die Sana in Vorleistung gehen um das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Und auch der Koblenzer SPD Oberbürgermeister David Langner muss einiges dafür tun um die Betroffenen zu überzeugen. Denn ansonsten besteht die Gefahr, dass es einen großen Gewinner gibt zu Lasten der Patienten und Mitarbeiter des GKM.
Gesundheit
Das Projekt Ärztehaus in Singhofen geht weiter

SINGHOFEN Es ist jetzt ein gutes Jahr her, dass auf dem Grundstück unterhalb des Zustellstützpunktes der Deutschen Post in Singhofen das Areal für das Zukunftsprojekt „Ärztehaus mit Apotheke“ abgesteckt wurde. Seitdem ist einiges passiert: Die Bauphasen 1-3 (Grundlagenermittlung, Vorplanung und Entwurfsplanung) sind abgeschlossen. Nach einer Sitzung des Ortsgemeinderates am 9.9.2024 sollte in der Bauphase 4 (Genehmigungsplanung) aufgrund der dann vorliegenden Kostenschätzung über das weitere Vorgehen entschieden werden.
Nach damaligem Beschluss sollen die Kosten auf eine Höhe von 2.250.000 Euro einschließlich Grundstück und abzüglich LEADER-Förderung in Höhe von 250.000 Euro begrenzt werden, sodass aus der Rücklage maximal 2.000.000 Euro entnommen werden müssen. Inzwischen befinden wir uns in der Bauphase 4 und der Ortsgemeinderat musste in seiner Sitzung am 10.3.2025 aufgrund der umfangreichen Planzahlen aller Gewerke darüber entscheiden, ob und wie es weitergeht. Herr Maxeiner, der für die gesamte Maßnahme die Steuerung übernommen hat, stellte in der nicht-öffentlichen Sitzung, an der auch der Bauausschuss teilnehmen durfte, alle Details zum Gebäude vor. Demnach lag die Kostenschätzung bei ca. 2.550.000 Euro und überschritt abzüglich der Förderung die geplante Investition um 300.000 Euro. Seitens des Rates wurde der Bau des Ärztehauses ohne Apotheke ins Spiel gebracht, die geschätzten Kosten liegen hier bei 1.860.000 Euro.
Auf dieser Grundlage beschloss der Ortsgemeinderat den Bau des Ärztehauses ohne Apotheke. Die dadurch erforderlichen Änderungen in der Planung und die notwendige Anpassung des Bebauungsplanes könnten zu leichten Verzögerungen führen, dennoch hat Herr Maxeiner mit einem Antrag auf vorzeitigen Baubeginn die Fertigstellung im Sommer 2026 in Aussicht gestellt.
Gesundheit
Leben bis zuletzt: Ein Besuch im Nassauer Hospiz, der alles verändert

NASSAU Anthony Hopkins sagte einmal: „Keiner von uns kommt hier lebend raus. Also hört auf, Euch wie Andenken zu behandeln. Esst leckeres Essen, spaziert in der Sonne, springt ins Meer, sagt die Wahrheit und tragt Euer Herz auf der Zunge. Seid albern, komisch und freundlich, denn für nichts anderes ist Zeit.“ Er hat so Recht.
Vor ein paar Tagen waren wir zum Pressegespräch ins Hospiz in Nassau eingeladen. Seit Tagen versuche ich zu begreifen, was dort geschehen ist und wie ich es in Worte fassen kann. Neben mir sitzt Dr. Schencking, der Initiator des Hospizes in Nassau, dazu die Hospizleitung Hanne Benz und die stellvertretende Pflegedienstleitung Kerstin Vogt. Auf dem Tisch stehen Plätzchen, dazu Kaffee und Wasser. Seit gut zwei Monaten ist das Hospiz geöffnet. Es war ein langer Weg und ein harter Kampf, doch heute sollte mir klar werden, wie wertvoll das Haus ist.
Vor dem Tod blicken wir nur zu gerne weg. Es ist etwas, womit wir uns nicht beschäftigen wollen und was wir ausblenden. Oh Anthony, du wirst in der Geschichte noch so recht behalten. An der Stelle könnte eigentlich alles enden, bevor es angefangen hat, wenn uns nicht ein Spiegel vor Augen gehalten worden wäre. Mit „wir“ ist an der Stelle der Kollege der Printpresse gemeint, den ich an dem Tag nicht als Konkurrenten betrachtete, sondern ihn vielmehr beobachtete, um zu fühlen, was er spüren würde. Vorab: Meine Achtung ist da gewaltig gestiegen.
Nadine Raab aus München betritt den Raum. Die Mitvierzigerin hält einen langen, handgeschriebenen Zettel in der Hand. Das kennt man so gar nicht mehr. Mit Füllfederhalter schien sie die Worte vorbereitet zu haben, die sie der Presse mitteilen wollte. Nadine ist Angehörige. Ihr Vater ist als Gast ins Hospiz zum Sterben gekommen. Ja, Gast, wie uns die stellvertretende Pflegedienstleiterin erklärt. Es gibt keine Patienten mehr im Hospiz. Es soll ein Ort sein, wo man aufleben darf. Leben. So surreal in dem Augenblick. Und doch ist es so. Man kommt nicht ins Hospiz zum Sterben, sondern zum Leben. Noch einmal leben dürfen, ohne Schmerzen und im Hier und Jetzt zu sein.
Wortlos sieht uns Nadine fragend an. Sie setzt sich, legt den sorgfältig vorbereiteten Zettel beiseite und beginnt bedächtig zu reden. Bei ihrem Vater wurde bei einer Zufallsuntersuchung ein Gehirntumor festgestellt. In dem Augenblick ist alles anders. Nicht nur der Betroffene wird aus dem Leben gerissen, sondern es ist ein nicht wahrzuhabender Abschied für alle. Zukunftspläne verschwinden und es ist nur noch der Augenblick, der zählt. Während Nadine leise spricht, versuche ich, sie zu lesen. Was mag sie empfinden? Es sind nicht die Worte, die sie spricht, sondern die traurigen Züge in ihrem Gesicht und die gebrochenen, kurzen Momente.
Das hier ist kein Job, es ist das reale Leben. Ich beobachte meinen mir gegenübersitzenden Kollegen. Er spricht kein Wort, hört zu, und auch ihn scheint die Situation ergriffen zu haben. „Mein Vater wurde zunächst auf einer Palliativstation versorgt“, erzählt Nadine. Zeit, ja Zeit, die gab es dort nicht für die Patienten. Das System der Patientenversorgung lässt kaum Raum für Menschlichkeit. Die Pflegenden wollen helfen – genau deshalb haben sie diesen Beruf gewählt. Doch unser Gesundheitswesen zwingt sie in ein Korsett aus Zeitvorgaben. Jede Minute ist durchkalkuliert, doch das Wichtigste bleibt oft auf der Strecke: Zeit für den Patienten. Das nette Wort, ein Halten der Hand und Zuhören. Dafür haben die Pflegekräfte einmal die Berufswahl getroffen und wurden genau darum betrogen.
Nadine erzählt vom Wünschewagen. Noch einmal fuhr sie mit ihrem Vater zu seinem Zuhause und besuchte die Burg Ehrenbreitstein. Wochenlang vorher freute sich ihr Papa auf diesen einen Tag. Ich fühle es und frage mich aber auch, wie es ist, zu wissen, dass auch dieser Tag vorbeigehen wird? Ich muss lernen zu verstehen, dass Todkranke den einen Augenblick erleben können. „Die Zeit für die Gäste bei uns hat eine ganz andere Bedeutung“, erzählt Dr. Schencking. „Sie steht, und jeder Moment dauert viel länger.“ Kennen Sie den Augenblick, wenn Sie vor der Mikrowelle stehen und ungeduldig warten, dass die Zeit abläuft? Tick Tack. Wie verschwenderisch wir sind. Für den Gast im Hospiz ist der Sonnenaufgang ein Schauspiel, das Zwitschern der Vögel ein unvergleichbares Konzert und das Jauchzen der Kinder im Kindergarten nebenan eine Reise in die eigene Kindheit zurück. Nur der eine Augenblick zählt.
Ein paar Tage war Nadine Gast im Hospiz und übernachtete kostenfrei in einem der wohnlichen Angehörigenzimmer. Ganz nah beim Vater sein. Vielleicht noch die Worte sprechen, die nicht gesagt worden sind. Mein Vater war vor etwa zehn Jahren an Demenz erkrankt. Es fing alles ganz harmlos an. Er erzählte eine seiner wunderbaren Geschichten aus seiner Zeit als Zechenarbeiter im Ruhrgebiet mit einer wunderbaren, lustigen Anekdote. Nur wenige Minuten später wiederholte er genau die gleiche Geschichte. Ich lachte an der gleichen Stelle wieder und ließ mir nichts anmerken, aber ich wusste, dass etwas nicht mit ihm stimmte. Ich bin dankbar für die Zeit, denn ich fragte ihn alles aus, was ich immer wissen wollte, von ihm und meiner Mutter. Am Ende war alles gesagt und der Abschied begann. Mein Vater hatte nicht dieses unglaubliche Glück, in einem Hospiz gehen zu dürfen. Im vergangenen Jahr verstarb er in einem Krankenhaus, ohne reden zu können. Es war kein schöner Abschied. Wir waren tagelang bei ihm, aber der Abschied war schon viel früher gewesen. Ob er noch wusste, dass wir da sind, weiß ich nicht, aber immerhin konnten wir seine Hand halten. Mein Vater war mir fremd geworden und ich glaube, dass er das nie gewollt hätte.
So unfassbar stark Nadine auch ist, so war in jedem ihrer Worte zu spüren, wie es ihr ging. Auf der einen Seite der bevorstehende Abschied und auf der anderen Seite die Erleichterung, dass ihr Vater noch einmal leben darf, denn genau das ist es im Hospiz. Es ist nicht das Sterben, sondern das Leben für ein paar Tage. Die Patienten sind Gäste in einer 5-Sterne-Wohlfühloase mit hochemphatischen Begleitern. Ich mag sie an der Stelle nicht Pfleger nennen, denn es ist viel mehr. Neugierig empfangen sie jeden neuen Gast und freuen sich auf die Zeit mit ihm. Das mag verrückt klingen, aber kann es etwas Schöneres geben?
Im Eingangsbereich steht die offene Küche, an der Seite stehen Musikinstrumente. Dr. Schencking erzählt, dass vor ein paar Tagen ein Gast sich eine Gitarre holte und leise im Zimmer spielte. Wie begreifen wir Menschen das Leben nur, ohne zu verdrängen? Können wir in dem einen Augenblick verharren? Viel zu oft lassen wir uns von Narzissten vereinnahmen, die nur um sich selbst kreisen. Sie reden geschickt, doch ihre Welt endet bei sich selbst. Solche Begegnungen rauben uns wertvolle Zeit – Zeit, die wir besser in echte Verbindungen investieren sollten. Und genau solche Menschen muss man aus seinem Leben verbannen.
Noch sieben Tage. Bis zum 31. März ist der Aufenthalt für Nadines Vater im Hospiz von den Krankenkassen genehmigt. Sterben mit Ablaufdatum. Die Perversion eines Systems, in dem das Leben kaum zählt, denn das Sterben ist Teil des Lebens – und darf man nicht in Würde gehen? Nicht jeder hat das große Glück, einen Platz im Hospiz zu bekommen. Meist wird er erst kurz vor dem tatsächlich vermuteten Sterbedatum gewährt. „Im Durchschnitt bleiben die Gäste etwa vier bis sechs Tage im Hospiz“, erklärt Dr. Schencking. Ich wünschte den Gästen mehr Zeit.
Mein Traum war es immer, mich verabschieden zu dürfen. Ich möchte keinen Herzinfarkt oder Schlaganfall, sondern die Hand meiner Frau halten dürfen. Vielleicht ist das egoistisch, aber auch der Tod ist kein Wunschkonzert. Was mag die Gäste im Hospiz beschäftigen? Sie wissen, dass es ein Abschied ist. Ein Leben lang begleitete Nadine ihren Vater auf ihrem Lebensweg. Mal weiter weg, aber er war immer erreichbar. Diesmal gibt es keinen gemeinsamen Weg mehr. Keinen Urlaub zusammen und auch keinen Spaziergang mehr. Ihr Vater wird den letzten Schritt alleine gehen müssen. Ein Weg ins Licht oder in die Dunkelheit? Ihr habt euch sicherlich auch mit dem Thema beschäftigt. Was kommt danach? Nur noch Stille? Ein Nichts oder eine Erkenntnis? Wird man sich wiedersehen? Ich habe einen Kloß im Hals. Wie wird es wohl Nadine ergehen?
Mein Blick auf das Nassauer Hospiz hat sich noch einmal nachhaltig verändert. „Wer nur ein Leben rettet, der rettet die ganze Welt“ ist ein hebräischer Spruch. Und ja: Ihr ermöglicht Leben für die letzten Tage. Ihr hört zu, haltet und lest denen vor, die keine Stimme mehr haben. Danke, dass es euch gibt.
90 Prozent der Kosten werden von den Krankenkassen übernommen. „Keine Selbstverständlichkeit“, wie Dr. Schencking erklärt. Früher wurde das nahezu gar nicht gefördert, und Krankenhausträger nahmen das auf ihre eigene Kappe. Soll man jetzt dankbar sein für 90 % Förderung? Die restlichen zehn Prozent für ein würdiges Sterben werden durch Spenden erbracht. Danke an die tollen Spender – doch auch hier läuft doch wohl etwas falsch. Die stellvertretende Pflegedienstleiterin Kerstin Vogt erzählt mir, wie sie einem Gast eine Aromatherapie auf die Haut einrieb und wie sehr sich der Mann freute. Sie spielten zusammen ein Gesellschaftsspiel und lachten. Dafür ist kein Geld da, liebe Krankenkasse?
Jeder Gast im Haus hat sein Buch des Lebens geschrieben. Ein unglaublicher Schatz und so wertvoll. Muss man dem nicht genauso begegnen? Ich bin dem Hospiz dankbar und auch Nadine, denn auch mir hat das ein Stück weit die Augen geöffnet. Ich bin 54 Jahre alt. Ich habe einen Job, der kaum Zeit für die Familie lässt. Im seltenen Urlaub sitze ich am Pool und schreibe auf dem Notebook. Ich funktioniere. Gemeinsamkeiten habe ich mit meiner geliebten Frau, wenn ich auf Reportagen unterwegs bin. Sie hilft – und das war dann oft die Zweisamkeit. Ist euch etwas in den vergangenen Tagen aufgefallen? Ja, genau. Es kam weniger im BEN Kurier. Draußen schien die Sonne. Wir setzten uns früh nachmittags in den Hof, holten ein Kartenspiel heraus, im Hintergrund lief das Radio, und wir verbrachten eine echt gute Zeit miteinander. Wir redeten, hörten einander zu und hatten Spaß.
Das Gleiche machten wir in den Tagen darauf. Leben. Wie oft gehe ich mit meiner Zeit um, als wäre sie unendlich. Dort die Glotze und nicht zu vergessen die sozialen Medien und das Handy. Vor ein paar Wochen trafen wir uns daheim mit Freunden zu einem Karaokeabend. Oh, wie wertvoll. Nicht, dass wir singen können, sondern einfach mit unfassbar tollen Menschen gemeinsam Zeit zu verbringen. Zu sehen, wie fröhlich sie sind, wie sie lachen und ungezwungen miteinander umgehen. Auch ich muss erst einmal wieder lernen zu leben – und es wird echt Zeit. Danke an das Hospiz für den Einblick, für eure unfassbar große Empathie und Wärme und dafür, dass ihr es schafft, ohne Worte aufzuzeigen, was das Leben wirklich bedeuten kann.
Und eines wird mir am Ende noch bewusster: Es gab so einige Unbelehrbare zum Hospiz. Es gab Bedenken. Jeder darf protestieren und seine Meinung äußern, aber mich beschämt das. Unter anderem wurde das begründet mit der Sorge, dass Rettungswagen mit hoher Lautstärke anfahren könnten oder man den Kindern nebenan in der Kita das nicht antun könnte, todkranke Menschen zu sehen. Was ist nur los mit der Gesellschaft? Nein, die Gäste kommen nicht mit Blaulicht, und die Kinder sind es, die Menschen als Menschen sehen und nicht die Krankheit. Wie verlogen muss man denn nur sein?
Gesundheit
Nastätter „Sportmedizinisches Forum“ war wieder ein Erfolg

NASTÄTTEN Das Sportmedizinische Forum Rhein-Lahn in Nastätten bleibt auch im Jahr 2025 ein Garant für belebte Fortbildungsveranstaltungen. Die Veranstalter und Kooperationspartner – u.a. der Rhein-Lahn-Kreis, die Stadt Nastätten, das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein, der Sportkreis Rhein-Lahn, der Turnverband Mittelrhein und der Sportbund Rheinland – hatten wieder eine Fülle von interessanten und lebendigen Vorträgen am Vormittag und zahlreiche praktische Übungen in Workshops am Nachmittag zusammengestellt.
Moderiert wurde die Veranstaltung durch den Leiter des Forums Dr. med. Zlatko Neckov, Ärztlicher Direktor des Paulinenstifts Nastätten. Mit „sportlichen“ Grüßen schloss sich Landrat Denninghoff an, welcher den Innenminister und Schirmherr der Veranstaltung, Michael Ebling, vertrat und sich insbesondere bei allen Mitwirkenden seit Anbeginn des Forums bedankte. Carina Mosel, neue Leiterin der Naspa in Nastätten und St. Goarshausen sprach ebenfalls als einer der Hauptsponsoren ein kurzes Grußwort.
Unter den Gästen auch Jens Güllering, Bürgermeister der Verbandsgemeinde, und Stadtbürgermeister Marco Ludwig. Unter dem Motto „Mit legalem Doping zur sportlichen Höchstform!“ – Nutze deine Musik, deinen Rhythmus! konnten sich mehr als 70 Teilnehmer*innen über die interessanten und aktiv auffordernden Vorträge freuen. Neu in diesem Jahr war das Thema Inklusion. Mehr als zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Stiftung Scheuern waren ebenfalls vor Ort.
„Besonders hervorheben möchte ich den erweiterten Fokus auf Inklusion im Sport. Es ist großartig, dass Menschen mit und ohne Behinderung heute gemeinsam an verschiedenen Sportangeboten teilnehmen können. Dies zeigt, wie wichtig es ist, Barrieren abzubauen und allen die Möglichkeit zu geben, aktiv zu sein und Freude an Bewegung zu finden. Um dies weiter voranzutreiben, haben wir als Rhein-Lahn-Kreis gemeinsam mit dem Sportmedizinischen Forum hier in Zusammenarbeit mit der Stiftung Scheuern uns das Ziel gesetzt, die Inklusion im Sport zu fördern und Hürden in Vereinen und Einrichtungen abzubauen. Daher freue ich mich besonders über die Teilnehmer:innen der Stiftung Scheuern, die heute hier gemeinsam mit Frau Klaiber als Vertreterin der Stiftung Scheuern aktiv zeigen, wie Inklusion im Sport funktionieren kann“, betonte Landrat Denninghoff.
Am Morgen warteten interessante Vorträge zum Thema auf die Gekommenen. Dr. med. Zlatko Neckov, Tim Gondorf, Sportwissenschaftler und Gesundheitstrainer Peak Personal Training, und Sportwissenschaftler Klaus Balk erklärten verschiedene sportmedizinische und sportwissenschaftliche Aspekte der Wirkung von Musik während sportlicher Betätigung.
Ein überragendes Highlight hatte das Organisationsteam dieses Jahr noch passend zum Thema zu bieten: Die Little Start der TG Skylights Singhofen präsentierten ihren neuen Tanz der aktuellen Saison und sorgten für staunende Blicke und tosenden Applaus. Nach einer bewegten Pause mit Tim Gondorf und einem leckeren Mittagessen erwartete die Sportlerinnen und Sportler am Nachmittag praxisnahe Workshops, die von Jumping Fitness über Line Dance bis hin zu inklusivem Tanzen reichten.
Nach einem abschließenden Zusammenkommen konnte nochmals die Möglichkeit genutzt werden, um mit den Referenten und Trainern in Kontakt zu treten und Fragen zu stellen. Mit erfolgreichem Abschluss der Veranstaltung erhielten die Teilnehmer*innen in diesem Jahr die Zertifikate digital. Eine rundum gelungene und überzeugende Veranstaltung.
Die Stiftung Scheuern sucht noch Übungsleiter, die inklusiven Sport anbieten.
Kontaktdaten:
Marco Himmighofen, Leitung Familienunterstützender Dienst m.himmighofen@stiftung-scheuern.de 02604 9796790 mobil: 015751657204 Birgit Klaiber, Bildungskoordinatorin b.klaiber@stiftung-scheuern.de 02604 979 6010 mobil: 01774235430 (pm Kreisverwaltung Rhein-Lahn).
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