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Panorama

Streit um den Agrardiesel: Diese Subventionen erhalten Landwirte in Deutschland

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Streit um den Agrardiesel: Diese Subventionen erhalten Landwirte in Deutschland

RHEIN-LAHN Am vergangenen Freitag fuhren über 1000 Landwirte mit ihren Traktoren zu der Großdemo nach Koblenz. Grund war der mögliche Wegfall des Agrardiesels und die Aufhebung der KFZ-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Maschinen. Gegen diese Beschlüsse wehren sich nicht nur die Bauern. Auch aus der rheinland-pfälzischen Landesregierung kommen kritische Stimmen. Der Rückhalt für die Maßnahmen der Landwirte in der Bevölkerung ist hoch.

Am 08. Januar wollen die Bauern mit weiteren gravierenden Aktionen auf ihre Situation aufmerksam machen, wenn bis dahin die Beschlüsse nicht rückgängig gemacht worden sind. Am selben Tag könnte ein bundesweiter Streik bei der Deutschen Bahn den Schienenverkehr zum Erliegen bringen.

Die Landwirtschaft in Deutschland wird mit Geldern aus dem EU-Haushalt subventioniert. Nach Frankreich und Spanien erhält Deutschland die meisten Mittel aus dem europäischen Agrarhaushalt. In der Förderperiode 2023 bis 2027 fließen rund sieben Milliarden Agrarsubventionen jährlich an etwa 315.000 landwirtschaftliche Betriebe, Verbände, Behörden und Unternehmen im Agrarbereich in Deutschland. Rund 70 Prozent der Fördermittel sind Flächenprämien. Rund ein Viertel der Direktzahlungen sind an Öko-Regelungen gebunden. Betriebe, die sich die Fördergelder sichern möchten, müssen dafür Leistungen für Klima-, Umweltschutz oder Biodiversität erbringen.

Die Fördergelder machen je nach Struktur eines landwirtschaftlichen Betriebes zwischen 41 und 62 Prozent des Einkommens aus. Bei sogenannten Nebenerwerbsbetrieben, die eine zweite Einkommensquelle außerhalb der Landwirtschaft haben, liegt der Anteil der Fördermittel am landwirtschaftlichen Einkommen noch deutlich höher.  Nicht nur in der Europäischen Union werden landwirtschaftliche Betriebe subventioniert. Beispielweise gibt es ähnliche Projekte, wenn auch im geringeren Umfang, auch in den USA oder Japan.

In Deutschland teilt sich die Subvention auf eine Basis-, Umverteilungs- und Greening-Prämie auf. Zusätzlich gibt es noch Unterstützung für Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen und die Erstattung nicht genutzter Mittel der Krisenreserve. Aus einer 2021 ausgeführten Auswertung des Institutes der deutschen Wirtschaft geht hervor, dass der Norden von Deutschland am meisten von den Prämien profitiert. Gemessen an der Fläche des Landkreises haben Bauern 2021 im Landkreis Sömmerda in Thüringen mit rund 19.800 Euro je Quadratkilometer die höchsten Subventionen eingestrichen. Am wenigsten gab es mit unter 4000 Euro im Landkreis Siegen-Wittgenstein. Im Rhein-Lahn-Kreis waren es 2021 rund 8701 Euro je Quadratkilometer und im Westerwald 6933 Euro.

Wie hoch die Förderungen für jeden einzelnen Landwirtschaftsbetrieb im EU-Haushaltsjahr 2021 oder 2022 war, kann man auf der Seite https://www.agrar-fischerei-zahlungen.de/Suche? einsehen. Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft, hätten Schwellenländer große Schwierigkeiten, ihre landwirtschaftlichen Produkte in der EU zu verkaufen, da die Landwirte in den EU-Mitgliedsländern durch Subventionen gestärkt werden.

Im Wirtschaftsjahr 2021/22 stiegen die Gewinne der Landwirte um bis zu 60 Prozent. Grund waren die gestiegenen Lebensmittelpreise.  Laut Auskunft des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erhöhte sich alleine im Spitzenreiterbundesland Niedersachsen der Gewinn je Unternehmen im Durchschnitt um 90,7 Prozent auf knapp 105.000 EUR. Der Gewinnzuwachs bei Futterbetrieben betrug demnach im Schnitt 129  Prozent. Einzig die Obstbauernbetriebe mussten Gewinneinbußen um rund 37 Prozent hinnehmen. Trotz exorbitant gestiegener Energie-, Dünge- und Pflanzenschutzpreise, erwirtschafteten die Bauern höhere Einnahmen laut dem Verband der Landwirtschaftskammern (VLK).

Der Deutsche Bauernverband (DBV) warnt, dass durch den möglichen Wegfall der Agrardiesel-Subventionen, die Lebensmittelpreise deutlich steigen könnten. Genaue Zahlen sollen dabei nicht genannt worden sein. Das Landwirtschaftsministerium  erklärte auf Anfrage von Table Agrifood (siehe hier), dass über einen möglichen Anstieg der Preise nur spekuliert werden kann. Table Media hat den potenziellen Preisanstieg für einzelne Produkte grob überschlagen. Dabei sollen die Auswirkungen äußerst gering sein. Nach einem Wegfall des Agrardiesels würde sich die Produktion eines Kilogramm Weizens um 0,24 Cent erhöhen. Bei Weizenmehl würde es etwa 0,3 Cent teurer werden. Bei einem Liter Milch würden die Produktionskosten um 0,38 Cent steigen. Nicht berücksichtigt wurde der Wegfall der KFZ-Steuerbefreiung.

Laut der TAZ (Artikel hier) würde der Wegfall der Agrarsubventionen nicht zum Sterben der Bauernhöfe führen. Sie führten aus, dass ein durchschnittlicher Haupterwerbsbetrieb in Deutschland jährlich laut Landwirtschaftsministerium 2900 EUR Agrardieselvergütung erhalten würde, bei einem Umsatz von 480.000 EUR in der Kategorie und 115.000 EUR Gewinn. Insgesamt erhielten die deutschen Landwirte 440 Millionen Euro Steuern auf Diesel vom Finanzamt zurück.

Schöpfer des Agrardiesels war die SPD unter dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder. Im Jahr 2000 hieß das Ziel: »Wettbewerbsfähigkeit der deutschen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe im Vergleich zu den anderen EU-Mitgliedsstaaten stärken.« Trotz der Rückvergütung von 21 Cent je Liter Diesel, zahlt ein deutscher Landwirt nach dem Bauernverband (DBV) etwa 25 Cent je Liter mehr als die Bauern in den meisten anderen EU-Staaten. 18 EU-Staaten haben geringere Steuern auf Agrardiesel. Dazu gehören auch die Länder Italien und Spanien. In den Nachbarländern Polen, Frankreich und den Niederlanden gab es bisher jedoch höhere Steuersätze.

Weitere 480 Millionen soll der Wegfall der KFZ Steuerbefreiung in der Landwirtschaft bringen. Auch dagegen wehren sich die Landwirte. Mit dem Wegfall der KFZ Steuerbefreiung und dem Agrardiesel kämen auf die rund 315.000 Landwirte in Deutschland eine Mehrbelastung von etwa 880 Millionen Euro im Sinne des Bundessparprogramms auf sie zu.

Mittlerweile formiert sich auch in den Länderparteien der Bundes-Ampelkoalition Widerstand gegen die Beschlussvorlage. Die Grüne BW-Landtagsfraktion unterstützt mit einer Resolution den Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, der die Streichungen für die Landwirtschaft beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer verhindern will. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hofft ebenso auf die Rücknahme der Sparpläne wie die RLP-Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt von der FDP. Der Bundesfinanzminister Christian Lindner zeigte sich gesprächsbereit, die geplante Streichung der Agrardiesel-Subvention zurückzunehmen und durch andere Kürzungen zu ersetzen. Zur Kritik von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Die Grünen) an der Subventions-Streichung sagte der Finanzminister: »Die Grünen drängen bekanntlich fortwährend auf eine Streichung klimaschädlicher Subventionen. Dass ein grüner Minister sich nun davon distanziert, worauf Herr Scholz, Herr Habeck und ich uns geeinigt haben, ist interessant für mich.« (Quelle: Focus).

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Digitale Hetze gegen den Gnadenhof Eifel: Der lange Kampf um Gerechtigkeit

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Foto: BEN Kurier | Aufgenommen auf dem Gnadenhof Eifel in Harscheid

HARSCHEID Die Diskussionen um den Gnadenhof Eifel in Harscheid haben sich in den letzten Monaten erheblich zugespitzt, und das jüngste Hoffest spiegelte die angespannte Lage wider. Seit der behördlich angeordneten Reduzierung des Tierbestands und der damit verbundenen Räumung im Oktober 2023 ist der Gnadenhof zu einem Brennpunkt digitaler und öffentlicher Auseinandersetzungen geworden. Betreiberin Liane Olert und ihr Team sahen sich immer wieder mit einer Welle von Hass und Anfeindungen konfrontiert, die sich vor allem in sozialen Netzwerken manifestierte.

Die sogenannten „Hater“, wie Olert sie bezeichnet, bestehen aus einer Gruppe von Personen, die mit teils heftiger Kritik auf die Führung des Gnadenhofs reagieren. Diese Kritiker werfen ihr unter anderem Verstöße gegen den Tierschutz vor und äußern sich in der Öffentlichkeit und in sozialen Medien nicht nur ablehnend, sondern oft auch diffamierend. Der Höhepunkt der Anfeindungen äußerte sich vor dem diesjährigen Fest in direkten Drohungen, die darauf abzielten, das Event zu stören oder gar zu eskalieren. Dies führte dazu, dass das Hoffest unter strengen Sicherheitsmaßnahmen stattfand, inklusive Ausweiskontrollen und der Unterzeichnung von Einverständniserklärungen für Bild- und Tonaufnahmen.

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Ein zentraler Punkt der Anfeindungen ist die unterschiedliche Wahrnehmung der Ereignisse um die Räumung des Gnadenhofs und den Verbleib der Hunde. Während die einen Olert als Opfer ungerechtfertigter behördlicher Maßnahmen sehen, betrachten andere sie als Verantwortliche, deren Handeln dem Wohlergehen der Tiere geschadet habe. Diese gegensätzlichen Positionen haben die Fronten verhärtet und den Ton in den digitalen Debatten verschärft.

Die Hasswelle richtet sich nicht nur gegen Olert selbst, sondern betrifft auch Unterstützer und sogar ihre rechtlichen Vertreter. Anwälte, die Olert in ihren Verfahren unterstützen, berichteten von zahlreichen beleidigenden und verleumderischen Kommentaren, die zu rechtlichen Schritten führten. Strafbewehrte Unterlassungserklärungen wurden erwirkt, um gegen identifizierte Angreifer vorzugehen. Gleichzeitig laufen mehrere Gerichtsverfahren, um die Verleumdungen und Beleidigungen, die in sozialen Netzwerken kursieren, zu ahnden. Die Anwaltskanzlei, die Olert vertritt, sieht sich selbst einer Flut von Angriffen ausgesetzt, die bis hin zu Drohungen reicht.

Die Hetze nahm besonders nach der Anordnung des Veterinäramts zur Reduzierung der Hundezahl auf dem Hof zu. Unterstützer von Olert und Organisationen, die sich solidarisch zeigen, wurden von dem mutmaßlichen Hater systematisch angegriffen. Der Betreiber des vermeintlichen Fake-Profils nutzte seine Reichweite, um Leser dazu aufzufordern, Unternehmen, die den Gnadenhof unterstützen, negativ zu bewerten. Diese Aufrufe zeigten, wie tief die Kampagne greift, indem sie versuchte, auch wirtschaftliche und soziale Unterstützungsstrukturen von Olert zu zerschlagen und den Gnadenhof zu isolieren.

Brisantes Datenleck: Hater-Szene im Besitz von Adressen der neuen privaten Besitzer der Hunde

Besonders verstörend ist die Eskalation der Gewaltandrohungen, die auf der Plattform verbreitet wurden. Auf der Hater-Seite sollen Pläne geschmiedet worden sein, einen der Hunde des Gnadenhofs zu entführen und dessen Chip herauszuschneiden. Diese entsetzlichen Drohungen offenbaren, wie weit manche bereit sind zu gehen, um eine Person zu schädigen, und verdeutlichen die reale Gefahr, die von digitalem Hass ausgehen kann.

In der Vergangenheit wurde der vermeintliche Hater bereits mit mutmaßlich ähnlichen diffamierenden Aktionen in Verbindung gebracht. Die Hinweise auf seine Enttarnung deuten darauf hin, dass hinter dem Profil eine Person steckt, die bekannt ist für gezielte Schikanen und psychische Gewalt. Die absichtliche Manipulation der Anhängerschaft dieses Profils soll zu einer Art blindem Herdenverhalten führen , das die Hetze weiter befeuert und die Kluft zwischen Unterstützern und Kritikern von Liane Olert vertieft.

Nachdem Liane Olert einen großen Teil Ihrer Hunde vom Gnadenhof Eifel abgeben musste an Privatpersonen, wurde die systematisch vom Kreisveterinäramt aufgesucht. Neben Vorkontrollen, gab es auch weitere Besuche bei den neuen Besitzern der Tiere. Primär schien es dem Veterinäramt darum zu gehen, ob die Tiere noch vor Ort waren. Vereinzelt sollen von einem Mitarbeiter sogar Fotos der Tiere gefordert worden sein. Wieweit das Kreisveterinäramt dazu überhaupt berechtigt war, stellt Fragen auf, denn die neuen Besitzer waren allesamt keine gewerblichen Händler und eine Gefahrensituation für die Tiere, die ein Eingreifen des Veterinäramtes begründet hätte, soll es in keinem Fall gegeben haben.

Hater-Szene wollte einen Hund entführen und dem Tier den Chip herausschneiden

Dabei dürfte ein mögliches Datenleck deutlich mehr brisant sein. Während dem Kreisveterinäramt alle neuen Besitzer bekannt gewesen sein sollen, hat auch die vermeintliche Hater-Szene die Adressen neuer Besitzer erfahren und soll dort mit Fahrzeugen und sogar Drohnen präsent gewesen sein.  Wie die Hater-Szene an die Adressen der neuen Besitzer gekommen ist, dürfte möglicherweise auch die Justiz beschäftigen, denn zwischenzeitlich sollen zahlreiche Strafanträge gegen den Hater und die Verantwortlichen dahinter ergangen sein. Bisher schien sich die Gruppe davon nicht beeindrucken zu lassen, doch allmählich könnte sich die juristische Schlinge gegen die beteiligten vermeintlichen Hater zuziehen, denn mittlerweile sollen auch gegen Mitläufer Verfahren eingeleitet worden sein. Die Opfer der Hater-Szene wollen keineswegs klein beigeben, auch wenn der angerichtete Schaden enorm ist. Einzelne Betroffene leiden unter der psychischen Belastung. Nachvollziehbar, denn die vermeintliche Hater-Szene soll selbst davor nicht zurückgeschreckt sein, diffamierende Schreiben an Arbeitgeber von Unterstützern des Gnadenhof Eifel zu versenden.

Auf dem Hoffest zeigte sich, dass die Unterstützer von Olert eine starke Gemeinschaft gebildet haben, die sich den „Hatern“ gegenüber solidarisch und entschlossen präsentiert. Viele Besucher und Helfer blieben jedoch anonym, um sich vor Anfeindungen zu schützen. Eine langjährige Unterstützerin aus dem Main-Taunus-Kreis betonte, dass der Zusammenhalt stärker geworden sei, gerade weil man sich den Angriffen von außen habe stellen müssen. Diese Unterstützer verstehen sich als Gegengewicht zu den negativen Stimmen und bemühen sich, die positive Arbeit des Gnadenhofs in den Vordergrund zu rücken.

Die Betreiberin selbst blieb während des Festes kämpferisch und betonte, dass sie und ihr Team sich nicht von den Anfeindungen einschüchtern lassen würden. Auch wenn die Drohungen und die digitale Hetze belastend sind, sah Olert das Hoffest als Beweis dafür, dass der Gnadenhof trotz allem von einer treuen Basis unterstützt wird. Ihr Ziel, die Rehabilitation des Hofes zu erreichen und weiter für die Tiere zu sorgen, bleibt unverändert. Das Fest diente nicht nur dem Sammeln von Spenden, sondern war ein deutliches Zeichen des Widerstands gegen die negativen Kräfte, die den Gnadenhof in die Kritik gezogen haben.

Ein besonders kritischer Moment des Hoffests war die Kontroverse um das Motto „Gegen das Vergessen“, das in Verbindung mit der Erinnerung an verstorbene Hunde gewählt wurde. Dieser Bezug sorgte für Empörung in sozialen Medien, da Olert vorgeworfen wurde, das Gedenken an historische Ereignisse für ihre Zwecke zu nutzen. Die Betreiberin sah sich erneut mit harscher Kritik konfrontiert, doch machte sie deutlich, dass das Fest und seine Botschaft ein Appell gegen das Vergessen von Leid – auch das der Tiere – sein sollte.

Zusammengefasst stand das Hoffest in Harscheid sinnbildlich für den andauernden Kampf zwischen Olert und ihren Unterstützern einerseits und den Kritikern und „Hatern“ andererseits. Trotz der digitalen Angriffe, Drohungen und Anfeindungen war es ein Ausdruck von Widerstand und der Hoffnung, eines Tages den Hof wieder frei von Kontroversen und unter besseren Bedingungen betreiben zu können.

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Lahnstein

Eröffnung der Lahnsteiner Lahnbrücke: Wenn angestaute Wut die Fakten verdrängt

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Foto: BEN Kurier

LAHNSTEIN Am gestrigen Montag war es endlich so weit: Die Lahnsteiner Lahnbrücke wurde festlich eröffnet. Von 10 Uhr bis 14 Uhr durften Besucher den sanierten Abschnitt der Bundesstraße 42 besichtigen. Vor knapp einem Jahr wurde das umleitende Verkehrskonzept während der Arbeiten auf der Lahnbrücke vorgestellt. Der Aufschrei war seinerzeit groß, denn es wurde ein Chaos auf den Straßen in der Lahnstein befürchtet.

Ausgeblieben ist das keineswegs. Zu Stoßzeiten brauchten die Verkehrsteilnehmer viel Geduld, um durch die Straßen der Stadt zu kommen. Dabei wurden nicht nur die Autofahrer auf eine Geduldsprobe gestellt, sondern auch die Anwohner und Geschäftsinhaber. So manch eine kleinere Firma mit Publikumsverkehrs stand vor dem finanziellen Aus oder strich sogar die Segel. Gut ein Jahr war für die Maßnahme angesetzt und so dürfte eine erste Erleichterung eingetreten sein, als bekannt wurde, dass knapp zwei Monate früher die Lahnbrücke eröffnet werden kann. Ursprünglich sollte die Brücke sogar eine Woche vorher eröffnet werden, doch durch die nötigen Restarbeiten, durfte das Band erst am 04. November zerschnitten werden.

14 Millionen Zuschuss gab es vom Bund für das zügig umgesetzte Mammutprojekt. Dass es so schnell vonstattenging, ist der Verdienst der unermüdlich arbeitenden Baufirmen und dennoch wurden auch die, stückweise um ihren verdienten Lohn betrogen. Wochen vor der Eröffnung durfte man spekulativ auf einer Webseite lesen, dass gesicherte Quellen berichten würden, dass die einwöchige Verschiebung der Eröffnung der Lahnbrücke an einem sich im Urlaub befindenden Minister liegen würde. Das Gerücht wurde nur zu gerne zahlreich in den sozialen Medien aufgegriffen und ein Shitstorm ergoss sich über die Landesregierung in Mainz.

Der Landesbetrieb Mobilität in Diez (LBM) dementierte vehement und teilte mit, dass die Verschiebung des Eröffnungstermines wegen nötiger Restarbeiten geboten war und keineswegs wegen eines Ministers und dennoch, hielt sich das Gerücht weiter. Eine solche diskreditierende Berichterstattung erinnerte an trumpsche Verschwörungstheorien in besten Schwurblerzeiten. Mit etwa 15 Minuten Verspätung kam gestern die FDP Wirtschafts- & Verkehrsministerin Daniela Schmitt zur Eröffnung auf die Lahnbrücke. Einen vorherigen einwöchigen Urlaub hatte sie nicht gehabt und dennoch hielten sich in den sozialen Medien die Gerüchte weiter.

Dabei geht es längst nicht mehr um Fakten, sondern mit einfachen, wenn auch falschen Wahrheiten, populäre Stimmung, einem konformen Schwarm zu präsentieren, der im Gleichklang die immer selben Parolen herausbrüllt, damit es auch wirklich alle glauben. Richtiger wird es dadurch nicht und es bleibt so einige verbrannte Erde, die keiner bereit ist aufzukehren, denn am Ende will es schließlich keiner gewesen sein, der sich an der Gerüchteküche beteiligte.

Ende gut, alles gut? Nein, bei weitem nicht. Während die Eröffnung der Lahnbrücke eine Erleichterung verspricht, wird gleichzeitig von Bad Ems aus kommend  Richtung Lahnstein und umgekehrt voll gesperrt durch Straßenerneuerungen zwischen Fachbach und Friedrichssegen. Das Verständnis für die Arbeiten in der Bevölkerung ist gering, zumal gleichzeitig die Strecke zwischen Dachsenhausen und Braubach ebenfalls saniert wird. Der polarisierende Aufschrei und die negative Stimmungsmache zur Maßnahme an der Bundesstraße 260 ist unüberhörbar. Schon jetzt wird erneut in den sozialen Medien mit einfachen Antworten geschwurbelt, was das Zeug hält, dabei ist die Realität durchaus komplex, wenn man sie denn hören möchte und nicht nur Zuspruch ernten will.

Mit der überfälligen Maßnahme an der Bundesstraße 260 werden nicht nur Straßenarbeiten vollzogen, sondern auch Kanäle der Verbandsgemeinde und Stromleitungen erneuert. Nur zu gerne hätte die LBM die Maßnahme verschoben, aber das ist unmöglich, da die Erneuerung in einer Baustellenserie liegt. Ab Sommer 2025 bis Mitte 2026 sollen die Fahrbahnen in Kestert und Osterspai erneuert werden, damit die Deutsche Bahn ihre Trasse zwischen Wiesbaden und Bonn unter Vollsperrung sanieren kann. Würde nunmehr den Bereich der B260 bei Fachbach nicht sanieren, würde man Gefahr laufen, dass im kommenden Jahr August bis September gleich drei Achsen Richtung Koblenz gesperrt wären. Das würde dann den Straßenabschnitt Dachsenhausen-Braubach, die Rheinstrecke und die B260 zwischen Bad Ems und Lahnstein betreffen.

Eines ist klar: Bei der B260 geht es keineswegs nur um eine schnöde Fahrbahnsanierung, sonders besonders auch um die Erneuerung von Kanälen und Leitungen der Syna, die nicht aufschiebbar waren. Das macht es keineswegs besser und erträglicher, gerade für die Pendler, die großen Umwege über die Denzer-Heide in Fahrtrichtung Koblenz in Kauf nehmen müssen, aber es macht es nachvollziehbarer. Bis zum Sommer 2025 soll die Maßnahme dauern und zu allem Unglück kommt es zeitgleich zu Maßnahmen der Deutschen Bahn an der parallelen Zugstrecke zur B260.

Von Ende November bis Anfang Januar soll die Bahnstrecke komplett gesperrt werden. Ein Schienenersatzverkehr von Nassau nach Koblenz wird eingerichtet. Ab dem 9. Januar bis Anfang April soll es ab dem Bahnhof Bad Ems-West in Richtung Koblenz und andersherum einen eingeschränkten Zugverkehr geben. Ob das die endgültige Lösung sein wird, ist unklar, denn der Landrat Jörg Denninghoff ist seit Monaten mit der Kreisverwaltung bemüht, das beste mögliche Ergebnis für die Schüler und Pendler zu finden. Da ist noch nicht das letzte Wort gesprochen.

Sie waren es auch, die federführend dafür verantwortlich waren, dass eine zuerst angedachte Vollsperrung der Bahnlinie, nun vom Tisch ist. Erwähnt wurde das allerdings nicht auf einer berichtenden Webseite. Dort wurde einzig ein Bundespolitiker der CDU genannt, der aber nicht für den Durchbruch in der Problematik der Bahnstrecke an der Lahn verantwortlich war.

Damit wäre alles gesagt? Leider nein. Kommen wir zurück nach Lahnstein. Der Tag der Eröffnung brachte gleichzeitig ein Verkehrschaos in der Stadt. Am Nachmittag staute sich der Verkehr in allen Richtungen. Jetzt ist die Lahnbrücke eröffnet, doch in der Stadt selber, kann von einer kompletten Verkehrsberuhigung nicht gesprochen werden. Noch immer gibt es die geänderte Verkehrsführung, für die die Stadt verantwortlich ist. Zur ursprünglichen Straßenleitung wird es nicht mehr zurückgehen. Das Verkehrskonzept soll grundsätzlich neu geplant werden. Von Braubach aus kommend soll sukzessive ein Teil der Straße in Richtung Lahnstein wieder freigegeben werden, was aber nicht bedeutet, dass es über die ursprünglichen Straßen wieder in die Stadt gehen wird. Der Hauptverkehr soll über die B42 laufen, teilte der Oberbürgermeister Siefert mit. Wie das neue Verkehrskonzept aussehen könnte und ob es von der Bevölkerung wohlwollend angenommen wird, bleibt abzuwarten.

Weitere Belastungen werden folgen, denn die Arbeiten am Kreisel in Niederlahnstein bedeuten erneute Einschränkungen im Straßenverkehr. Und am Ende wird man sich dennoch eines fragen müssen: Die Arbeiten an der Lahnbrücke war eine entbehrliche und durchaus schwierige Zeit für alle Beteiligten. Jeder wird für sich entscheiden müssen, ob es schlimmer oder besser war als ursprünglich befürchtet. Eines ist jedoch klar: Die Geschichte Lahnbrücke ist beendet. Während die Arbeiter, Planer und all die Menschen hinter dem Projekt etwas Großes geleistet haben, die Anwohner und Geschäftstreibenden trotz aller Entbehrungen und Einschränkungen bereit waren auszuhalten, wird gleichzeitig das durchaus berechtigte und sperrige Haar in der Suppe gesucht?

 All die Schwurbler und Verschwörungstheoretiker werden es finden, denn es ist sicherlich irgendwo und gehört zum immerwährenden pessimistischen Gedankengut hinzu, zumal es vom applaudierenden und konformen Publikum begeistert gefeiert wird. Was macht man nicht alles für den Like-belohnten und damit bestätigten Auftritt in den sozialen Medien? Eine Zeile oder Parole reicht oft aus, um ein Projekt oder eine öffentliche Person zu zerreißen. Dafür braucht es keine unwillkommenen Fakten, die als eher störend betrachtet werden.

Man kann aber auch einer anderen Sichtweise damit umgehen. Weder Rom noch die Pyramiden wurden an einem Tag erbaut, aber sie wurden erschaffen und waren Monumente und Städte ihrer Zeit. Daran erfreuen wir uns heute noch und keiner hinterfragt, was das seinerzeit für die Menschen bedeutete. Eine Straße ist keine Pyramide, aber auch eine verbesserte Infrastruktur braucht Weile. Steht sie einmal, redet man kaum noch darüber und schon gar nicht über die Menschen, die hinter dem Projekt standen.

Manch einer mag nun Unbehagen oder Wut bei dem Artikel empfinden und wir werden am Ende kein versöhnliches Wort sprechen, sondern lassen es genauso stehen, denn es ist die Aufgabe der Presse einen Finger in die Wunde zu legen und einen Artikel zu schreiben, der gerade nicht dem Mainstream entspricht oder der Applaus ernten könnte. Unsere Aufgabe ist es, die Menschen zum Nachdenken zu bewegen, ob sie der gleichen Meinung entsprechen oder nicht.

 

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Gesundheit

27 Stunden Internetausfall: Für Senioren im Rhein-Lahn-Kreis kann das Lebensgefahr bedeuten!

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RHEIN-LAHN Man könnte glauben, dass so ein Inexio-Internetausfall von 27 Stunden auch etwas Gutes hat. Plötzlich redet man wieder mit dem Partner oder trifft sich mit Freunden, statt nur per WhatsApp zu tickern. Zurück in die Zukunft der 80er Jahre. Das könnte tatsächlich ein entschleunigtes Erlebnis sein, wenn es für alle ungefährlich wäre, aber genau so ist es nicht. Unabhängig vom wirtschaftlichen Schaden für die regionalen Unternehmen und Homeoffice-Arbeiter hat die Geschichte einen gesundheitlichen Aspekt.

Zahlreiche ältere Menschen tragen Notfallarmbänder von karitativen Einrichtungen wie dem Deutschen Roten Kreuz oder dem Malteser Hilfsdienst. Diese sind mit einem Knopf versehen, der einfach gedrückt werden muss, um eine Gefahrensituation zu melden. Gekoppelt sind die Armbänder mit dem heimischen Telefon. Automatisch wird nach dem Knopfdruck die Nummer eines Mitarbeiters oder der Zentrale des Dienstes gewählt. Kann die Person nicht mehr antworten, wird direkt ein Rettungsdienst zu dem Betroffenen geschickt. Eine sinnvolle Sicherheit, die trügerisch wird, wenn das Internet ausfällt.

Viele Senioren sind zwischenzeitlich auf IP-Telefonie umgestiegen. Fällt das Internet aus, ist die Leitung tot. Das wäre ja noch ertragbar, wenn man ein Smartphone oder Seniorentelefon mit Notfallknopf bedienen könnte. Schön wäre es, denn im Rhein-Lahn-Kreis ist das Mobilfunknetz Glückssache und im besten Fall auf den Dörfern ein Fleckenteppich. Mit etwas Glück ist man in den Städten ordentlich bedient. Sobald man deren Dunstkreis verlässt, geht das Netz in die Knie. Dort mal mehr und woanders weniger.

Alle paar Jahre werden neue Mobilfunkstandards für gigantische Summen versteigert, immerhin möchte man mit dem Fortschritt Schritt halten. Das klappt auch ganz gut, sofern man in einer Großstadt lebt. Dort wird das Geld verdient, für die Mobilfunkanbieter. Am Ende heißt es dann, dass zwischen 95 und 98,7 Prozent mit LTE abgedeckt sind. Wie schön. Sind die 1,3 bis 5 Prozent fehlende Abdeckung alleine dem Rhein-Lahn-Kreis geschuldet? Wohl eher nicht. Richtig ist aber, dass es in manchen Dörfern so ist, dass ein fiktiver Franz-Josef im Oberdorf guten Empfang hat und die Edeltraud tot im Bett liegen könnte, weil sie im Notfall niemanden erreichen konnte.

Beim andauernden Ausfall des Internets soll es einen Notfallfahrplan geben. Die Feuerwehren in den Gemeinden besetzen die Gerätehäuser und die Verbandsgemeinden die Feuerwehren, um über den Digitalfunk kommunizieren zu können. Das ist gut und erinnert wieder einmal an die 80er Jahre, doch da sind wir nicht mehr. Denn die gute verwaiste Edeltraud im Unterdorf wird das Gerätehaus bei einem Schlaganfall, Oberschenkelhalsbruch oder Herzinfarkt kaum erreichen können. Und selbst wenn jemand in diesem Haus zugegen sein sollte, darf er sich aussuchen, ob er Notfallhilfe leistet oder zum Gerätehaus zur Feuerwehr geht, denn ohne Internet und Mobilfunknetz gehen ganz schnell die Lichter aus.

Es wird Zeit für ein Umdenken. Natürlich freuen wir uns für die Großstädte über ihr hervorragendes 5G-Netz, doch nun wird es Zeit, dass in allen Gemeinden sichergestellt wird, dass das Mobilfunknetz bis in die hinterste Ecke funktioniert, damit unsere fiktive Edeltraud eine reale Überlebenschance hat im Notfall.

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