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Lahnstein

Volkstrauertag: Stilles Gedenken in Lahnstein

LAHNSTEIN Der Opfer der Kriege, des Terrors und der Gewalt gedacht

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Die Kränze auf dem Ehrenfriedhof in Oberlahnstein. Ein besonderer Dank galt auch den Kranzspendern, dem VdK und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge.
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LAHNSTEIN Traditionell findet auch in Lahnstein jährlich eine Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag statt, die jedoch in diesem Jahr aufgrund der Covid-19-Pandemie abgesagt wurde. Dennoch war es der Stadt Lahnstein wichtig, am 15. November 2020 ein stilles Gedenken abzuhalten. So versammelten sich auf dem Ehrenfriedhof in Oberlahnstein General André Bodemann, Bürgermeister Adalbert Dornbusch, Rhein-Lahn-Nixe Sira I. und Günter Groß vom Kur- und Verkehrsverein (KVL), um ganz bewusst ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen und in Stille der vielen Kriegs-, Gewalt- und Terroropfer zu gedenken, die es bis heute gibt.

Der Opfer der Kriege, des Terrors und der Gewalt gedacht

Ursprünglich wurde am Volkstrauertag den gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkriegs erinnert. Mittlerweile gedenkt man aller Opfer der Kriege, des Terrors und der Gewalt.

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Dass der Volkstrauertag auch heute noch eine hohe Bedeutung hat wurde ganz besonders in der Ansprache des eigentlichen Festredners, General André Bodemann, zum Ausdruck gebracht. Denn „der Volkstrauertag gibt uns neben dem Gedenken und dem Nicht-Vergessen noch eine zweite besondere Aufgabe – die Mahnung!

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Die Mahnung, dass so etwas nie wieder geschehen darf und dass wir wachsam bleiben müssen! Der Volkstrauertag ist in dieser Botschaft sehr aktuell und zugleich überzeitlich. Er weist uns als Demokraten darauf hin, auf welchem Fundament unsere Rechtsordnung und unser Gemeinwesen gründen und welch hohen und unantastbaren Wert die Menschenwürde in unserem Staat darstellt. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Kommandeur Zentrum Innere Führung, Generalmajor André Bodemann am 15. November 2020 zum Volkstrauertag

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger der Stadt Lahnstein. In diesem Jahr ist alles anders. Die COVID-19-Pandemie macht alles anders. So kann es in diesem Jahr aus nachvollziehbaren Gründen auch keine öffentliche Veranstaltung zum Volkstrauertag in der Stadt Lahnstein geben.

Verzichten wir deshalb auf den Volkstrauertag in diesem Jahr? Nein, denn unser Gedenken bleibt Verpflichtung, auch wenn sich der Rahmen dafür ändert.

Für den ein oder anderen Menschen, der das Glück hat, in einer Demokratie und in einem Land wie der heutigen Bundesrepublik Deutschland aufgewachsen zu sein, mag die Betrachtung der Vergangenheit unwirklich, kaum begreifbar und weit entfernt sein. Dort fehlen die Erfahrungen aus zwei furchtbaren Kriegen, der menschenverachtenden totalitären NS-Diktatur mit Rassenwahn und staatlich organisiertem Völkermord sowie aus einem geteilten Deutschland mit der DDR als einem alles andere als Rechts- im jeden Fall jedoch Überwachungsstaats.

Und je länger gerade die beiden Weltkriege und die dunkelste Zeit Deutschlands zurückliegen, desto mehr stellt sich vielleicht die Vorstellung und das Empfinden ein, der Volkstrauertag sei nichts als ein bloßes Ereignis im Jahreskalender, welches immer mehr einem leeren Ritual ausschließlich älterer Generationen gleiche. Dies kann ich als Soldat und Staatsbürger in Uniform, nicht nachvollziehen.
Das Ende des Zweiten Weltkrieges vor etwas mehr als 75 Jahren ist dabei eine wichtige Markierung, um sich über die Notwendigkeit von Gedenken und Erinnerung Klarheit zu verschaffen. Vor allem aber, um zu mahnen, alles Notwendige dafür zu tun, dass derartige Kriege und das damit verbundene Leid für Millionen von Menschen nie wieder geschehen können. Der Volkstrauertag gibt dazu besondere Gelegenheit. Wir wollen den Opfern und Toten gedenken. Wir wollen aber auch in Erinnerung rufen, dass das Gedenken in würdiger Form kein leeres Ritual und keine lästige Pflichtübung bedeutet. Der Opfer und Toten hingegen nicht zu gedenken, hieße, eine unmoralische Pflichtvergessenheit bewusst zu begehen.

In Lahnstein finden wir gleich mehrere besondere Orte des Gedenkens. Unter anderem ist dies der vor genau 60 Jahren neugestaltete Ehrenfriedhof Oberlahnstein an der Sebastianusstraße, auf dem über 200 Gefallene des Zweiten Weltkriegs bestattet sind und an dem der weiteren Gefallenen, Vermissten oder an den Kriegsfolgen verstorbenen Soldaten aller Nationalitäten und der zivilen Opfer gedacht wird.

In unmittelbarer Nähe befindet sich auch der Ehrenfriedhof von 1914/18 sowie ein Sandsteinobelisk für die Toten des Deutsch-französischen Krieges 1870/71, die vor genau 150 Jahren fielen. Auch Ihrer wollen wir heute besonders gedenken. Ein weiterer besonderer Ort des Gedenkens ist das Ehrenmal in Friedrichssegen, an dem die die Bürgerinnen und Bürger nicht allein ihrer in den Weltkriegen Gefallenen gedenken, wie dies heute in so vielen Gemeinden unseres Landes geschieht. Hier gedenken wir besonders auch der im Nationalsozialismus vertriebenen, deportierten sowie im Menschheitsverbrechen „Holocaust“ ermordeten jüdischen Mitbürger der Stadt. Damit steht der Gedenkstein für die ganz besondere Verpflichtung, die Konturen des individuellen Leides nicht weich zu zeichnen, sie nicht zu verwischen und keinesfalls gar zu löschen.

Der Volkstrauertag gibt uns neben dem Gedenken und dem Nicht-Vergessen noch eine zweite besondere Aufgabe – die Mahnung! Die Mahnung, dass so etwas nie wieder geschehen darf und dass wir wachsam bleiben müssen! Der Volkstrauertag ist in dieser Botschaft sehr aktuell und zugleich überzeitlich. Er weist uns als Demokraten darauf hin, auf welchem Fundament unsere Rechtsordnung und unser Gemeinwesen gründen und welch hohen und unantastbaren Wert die Menschenwürde in unserem Staat darstellt. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Gedenken am Volkstrauertag heißt auch stets, sich mit schmerzhaften Fragen der deutschen Geschichte auseinanderzusetzen: „Wie konnte dies geschehen? Warum, wodurch und wie haben sich Menschen in der Vergangenheit schuldig gemacht und warum machen sich Menschen auch heute wieder schuldig?“

Die Kränze auf dem Ehrenfriedhof in Oberlahnstein. Ein besonderer Dank galt auch den Kranzspendern, dem VdK und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge.

Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen ist wichtig für den Fortbestand unserer Demokratie. Es ist wichtig und unerlässlich, sich diesen Fragen zu stellen und gegen Gewalt und Unrecht anzutreten – insbesondere heute, wo populistische und auch extremistische Tendenzen unseren demokratischen Konsens in Zweifel ziehen. Hier zählt die Courage jedes einzelnen Staatsbürgers zum Erhalt des Rechtsstaats, mit dem Willen zur Verständigung und der Pflicht zur Verantwortung. Dies ist aus meiner festen Überzeugung die Botschaft des Volkstrauertages; es ist der Auftrag an uns, gegeben von jenen, die im Gedenken angesprochen sind und derer wir uns heute an dieser Stelle erinnern. Dies ist nicht einfach, aber auch keine Bürde, sondern immerwährende Verpflichtung! Dies ist Voraussetzung für ein gegenwärtiges und künftiges Leben in Würde und Humanität.

In diesem Zusammenhang stellt sich für uns Soldaten, die sich individuell in der Wahl ihres Berufes selbstkritisch zu prüfen haben, die grundlegende Frage: Bin ich tatsächlich bereit, in letzter Konsequenz mein Leben im Dienst der Bundesrepublik Deutschland einzusetzen,

also das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen? Diese Frage ist auch elementarer Bestandteil der Führungskultur der Bundeswehr, der Inneren Führung. Die Innere Führung, die vor 70 Jahren im Eifelkloster Himmerod ihren Anfang nahm, hat sich in ihren wesentlichen Zügen bis heute bewährt. Sie wird auch in Zukunft den Dienst und das Selbstverständnis deutscher Soldaten prägen. Nach der Grundidee der Himmeroder Denkschrift sollte gerade aus dem Erlebten des Zweiten Weltkriegs und der NS-Diktatur mit den neuen Streitkräften auch etwas ganz Neues geschaffen werden.

Und das Innere Gefüge, heute die Innere Führung, sollte dabei gewährleisten, dass die Streitkräfte nicht wieder Teil eines Unrechtsregimes werden können, sondern in der Mitte der Gesellschaft bleiben und dass die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ihren Auftrag aus innerer Überzeugung erfüllen und dabei für Menschenwürde, Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit, Solidarität und Demokratie als die leitenden Werte unseres Staates eintreten.

Insofern darf für uns alle, aber gerade auch für uns Soldaten, der Volkstrauertag kein leeres Ritual und keine lästige Pflichtübung sein! Deshalb verzichten wir auch in diesem Jahr – aller widrigen Umstände zum Trotz – nicht auf den Volkstrauertag!

Ich verneige mich vor den Opfern von Terror und Gewalt, von Vertreibung und Verfolgung, und vor denen, die im Widerstand gegen das Unrecht ihr Leben ließen. Und schließlich verneige ich mich auch vor allen, die als Soldat, Polizist, Entwicklungshelfer oder in welcher Funktion auch immer ihr Leben im Dienst und Einsatz für unser Land gegeben haben. Ihr André Bodemann

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In der Stadtbücherei Lahnstein sind die Würfel gefallen Begeisterte Besucher erleben abwechslungsreichen Spieleabend

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LAHNSTEIN Spielefreude pur herrschte kürzlich in der Stadtbücherei Lahnstein: Gemeinsam mit dem Koblenzer Spieleladen „Spieß Stein Papier GmbH“ verwandelte sich die Bücherei für einen Abend in einen lebendigen Treffpunkt für Brett- und Kartenspielfans. Rund zwei Dutzend Teilnehmerinnen und Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, zwischen 19.00 und 23.00 Uhr neue Spiele auszuprobieren, bekannte Klassiker wiederzuentdecken und in geselliger Runde jede Menge Spaß zu haben. Die Zeit verging dabei sprichwörtlich wie im Flug.

Schon beim Eintreten war die Vorfreude auf einen geselligen Abend spürbar: Zahlreiche Brett- und Kartenspiele für zwei, vier oder mehr Personen standen zur Auswahl, darunter bekannte Klassiker ebenso wie neue Titel. Dank der Unterstützung von zwei Mitarbeitern des Spieleladens, die mit Rat und Tat zur Seite standen, gelang der Einstieg schnell und unkompliziert. Sie erklärten die Regeln jedes gewünschten Spiels und beantworteten alle Fragen – so kamen sowohl erfahrene Spielerinnen und Spieler als auch Neulinge auf ihre Kosten.

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In der offenen und lockeren Atmosphäre des Abends, konnten die Gäste die Tische wechseln und sich einer anderen Spielrunde anschließen. So entstanden neue Begegnungen, spannende Partien und angeregte Gespräche.

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Auch für das leibliche Wohl war bestens gesorgt. Zwischen den Spielrunden konnte sich mit Snacks und Getränken gestärkt werden, bevor es wieder hieß: Karten mischen, Würfel rollen lassen und den nächsten Sieg einfahren.

Die Veranstalter ziehen ein rundum positives Fazit: „Es war ein wunderbarer Abend voller Spaß, Spannung und Gemeinschaft – genau so, wie wir es uns vorgestellt hatten“, das Team der Stadtbücherei.

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Lahnstein

Geplante Gästekarte in Lahnstein vorgestellt Wichtiger Schritt auf dem Weg zur Buga 2029

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Foto: Olaf Bückner
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LAHNSTEIN Mit großem Interesse verfolgten mehrere Dutzend Vertreterinnen und Vertreter der Lahnsteiner Beherbergungsbetriebe kürzlich in der Stadthalle die Vorstellung der neuen Gästekarte für den Rhein-Lahn-Kreis, die künftig Besucherinnen und Besuchern zahlreiche Vorteile bieten soll.

Die geplante Gästekarte ist ein zentraler Baustein in der touristischen Weiterentwicklung Lahnsteins, insbesondere mit Blick auf die Bundesgartenschau 2029 im Oberen Mittelrheintal. Oberbürgermeister Lennart Siefert betonte in seiner Begrüßung die Bedeutung des Projekts: „Die Buga 2029 wird eine enorme Strahlkraft für die gesamte Region entfalten. Mit der Einführung der Gästekarte stellen wir bereits heute die Weichen, um Lahnstein als gastfreundlichen und modernen Tourismusstandort zu positionieren.“

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Die neue Karte soll nicht nur Vergünstigungen bei regionalen Freizeitangeboten, Sehenswürdigkeiten und Partnerbetrieben ermöglichen, sondern auch ein integriertes VRM-Ticket enthalten. Damit können Gäste künftig den öffentlichen Nahverkehr im gesamten Verkehrsverbund nutzen, was einen deutlichen Mehrwert für Übernachtungsgäste und einen Beitrag zu nachhaltiger Mobilität bedeutet.

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Ziel des Projekts ist es, Lahnstein für Touristen noch attraktiver zu machen und gleichzeitig den Gastgebern – von Hotels über Pensionen bis hin zu Ferienwohnungen – einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Die Grundsatzbeschlüsse zur Einführung der Karte sind bereits gefasst, nun beginnt die konkrete Umsetzungsphase. Neben den Funktionen und Vorteilen wurden bei der Veranstaltung auch technische Details, Vertriebswege und der geplante Zeitplan vorgestellt. Die Informationsveranstaltung bot den Teilnehmern zudem die Möglichkeit, Fragen zu stellen und eigene Ideen einzubringen (pm Stadt Lahnstein).

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Lahnstein

Die Welle“ fesselt und mahnt: Junge Bühne Lahnstein zeigt beklemmendes Theaterstück im Johannes-Gymnasium

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LAHNSTEIN Die Aula des Johannes-Gymnasiums in Lahnstein war am Freitagabend bis auf den letzten Platz gefüllt. Aufgeführt wurde ein Stück, das aktueller kaum sein könnte: »Die Welle« von der Jungen Bühne Lahnstein. Schon beim Betreten des Raumes lag eine gespannte Atmosphäre in der Luft. Viele Zuschauer wussten um die Brisanz des Stoffes und wurden nicht enttäuscht.

Das Theaterstück basiert auf einem realen Experiment, das der kalifornische Lehrer Ron Jones 1967 unter dem Titel »The Third Wave« in seiner Klasse durchführte. Seine Absicht war es, den Schülern zu zeigen, wie schnell sich Menschen autoritären Strukturen unterwerfen. Jahrzehnte später verarbeitete Todd Strasser alias Morton Rhue die Begebenheiten in seinem Roman »Die Welle«, der in vielen Schulen Pflichtlektüre ist. Der Stoff wurde auch als Film erfolgreich, unter anderem mit Jürgen Vogel in der Hauptrolle. Doch wie funktioniert dieses Thema als Theaterinszenierung? Die Junge Bühne Lahnstein wagte das Experiment und überzeugte.

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Schon die ersten Minuten machten klar, dass es kein leichter Abend werden würde. Eine Geschichtslehrerin stößt auf Unverständnis in ihrer Klasse, als es um den Nationalsozialismus geht. »Warum haben so viele Menschen damals weggeschaut?«, fragen sich die Schülerinnen und Schüler. Die Lehrerin startet ein Experiment. Mit einfachen Mitteln – Disziplin, straffen Regeln, einem Logo, Mitgliedsausweisen und Parolen – formt sie eine Bewegung, die schnell Eigendynamik entwickelt. Wer nicht mitmacht, wird ausgegrenzt. Wer sich anpasst, fühlt sich stark. Was harmlos beginnt, nimmt einen beklemmenden Verlauf.

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Die Junge Bühne setzte das mit großem Ernst um. Intendantin Corinna Schmitz hatte eine mutige Inszenierung auf die Beine gestellt, die den Nerv der Zeit traf. Zwischen den Szenen sorgte dystopische Musik für Gänsehaut und verdeutlichte die dramatische Zuspitzung. Immer stärker verstrickte sich die Schulklasse in das eigene Machtgefüge, bis die Kontrolle verloren ging. Ein Happy End gab es nicht. Am Ende stand das Publikum auf, applaudierte frenetisc und verließ den Saal ohne Zugabe, ohne Lächeln, dafür mit einem beklemmenden Gefühl. Genau das war gewollt.

»Wir haben uns für die Welle entschieden, weil wir gedacht haben, gerade in unserer heutigen Zeit ist das ein Thema, das so brandaktuell ist wie schon lange nicht mehr«, sagte Intendantin Corinna Schmitz im Videointerview mit dem BEN Kurier. »Wir wollten auch zeigen, dass eine solche Figur nicht immer männlich sein muss. Deshalb haben wir die Lehrerin Mrs. Ross ins Zentrum gestellt. Das Experiment entgleitet, und am Ende droht es in einer Katastrophe zu enden.«

Die Junge Bühne Lahnstein existiert seit fast 18 Jahren. Was einst als Kinder- und Jugendtheater begann, ist heute ein großes Ensemble mit über 200 Akteuren, die in sieben Produktionen proben, von Kindergartenkindern bis hin zu Senioren. »Wir wollen nicht nur unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anregen«, betonte Schmitz. »Gerade die jungen Leute sollen für Themen sensibilisiert werden, die nicht alltäglich sind.«

Das Prinzip der Welle kann man überall anwenden“, sagte Darsteller Carl Thiesen

Auch die Schauspieler selbst waren sichtlich bewegt. »Das Prinzip der Welle kann man überall anwenden«, sagte Darsteller Carl Thiesen. »Und ich denke, es würde bei jedem Menschen funktionieren. Genau das zeigt das Stück. Man darf eben nicht nur am Rand stehen und zuschauen.«

Für die junge Schauspielerin Sophia Klossok war die Botschaft klar: »Es ist wirklich so passiert. Und es ist schade, wenn Leute das vergessen. Gerade jetzt in der politischen Lage braucht es Menschen, die aufwachen.«

Das Publikum zeigte sich gleichermaßen beeindruckt wie nachdenklich. Bruno Laermall, Schüler des Cusanus-Gymnasiums Koblenz, sprach von einem »sehr ergreifenden und aktuellen Stück«. Es habe deutlich gemacht, dass so etwas jederzeit wieder passieren könne. Zuschauer Bertram Friederichs aus Bad Ems sagte: »Das ist ein brisantes Thema. Man merkt, wie leicht Menschen manipulierbar sind, wenn man ihnen verspricht, dass alles besser wird. Dann laufen sie hinterher. Ich hoffe, dass der Menschenverstand ausreicht, dass so etwas nie wieder geschieht.«

»Ob so etwas an unserer Schule passieren könnte? Wenn man es herausfordert, bestimmt.«

Auch Julian Friederichs, Schüler der 11. Klasse, war tief beeindruckt: „Es war sehr informativ. Man bekommt ein anderes Bild vom Nationalsozialismus. Ob so etwas an unserer Schule passieren könnte? Wenn man es herausfordert, bestimmt.

Gerade dieser Gedanke macht die Inszenierung so eindringlich. Denn was auf der Bühne gezeigt wurde, ist längst nicht nur Vergangenheit. Populismus, Fremdenfeindlichkeit und autoritäre Bewegungen sind auch heute wieder spürbar. Die Codes haben sich verändert, die Muster nicht. Wer ist drin, wer draußen? Wer schaut zu, wer wagt Widerspruch? Braucht es am Ende nur eine schweigende Mehrheit, um die Demokratie zu gefährden?

Die Junge Bühne Lahnstein führte dies dem Publikum schmerzhaft deutlich vor Augen. Es war kein Wohlfühltheater, sondern ein Abend, der mitten ins Herz traf. Mit einer unbehaglichen Erkenntnis endete das Stück: Ausgrenzen funktioniert immer und wer einmal Macht verspürt, will sie behalten. Die Schauspielerinnen und Schauspieler machten erfahrbar, wie leicht eine Gesellschaft kippen kann.

Vielleicht sollte dieses Stück Pflichtprogramm an Schulen werden. Denn wie ein Zuschauer nach der Vorstellung sagte: »Bitte, nie wieder.«

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