Recht
Marktentwicklung im Glücksspiel: Verfehlt der Glücksspielstaatsvertrag seine Ziele?
Marktentwicklung im Glücksspiel: Verfehlt der Glücksspielstaatsvertrag seine Ziele?
RECHT Seit Sommer 2021 gilt in Deutschland ein neues Regelwerk für das Glücksspiel. Die große Idee dahinter lautete: Ordnung ins digitale Durcheinander bringen, Menschen schützen, illegale Anbieter ausbremsen und ganz nebenbei noch die Staatskasse füllen. Klingt nach einem ambitionierten Projekt.
Zwei Jahre später stellt sich allerdings eine unangenehme Frage: Ist das, was da beschlossen wurde, tatsächlich eine Erfolgsgeschichte oder eher ein verwaltungstechnischer Rohrkrepierer mit gutem Vorsatz?
Worauf zielt der Glücksspielstaatsvertrag ab?
Der sogenannte GlüStV sollte das dicke Pflaster auf einer jahrzehntelangen Baustelle sein. Ein Vertrag zwischen allen Bundesländern, gültig für ganz Deutschland, mit dem Ziel, den florierenden Online-Glücksspielmarkt in geordnete Bahnen zu lenken. Vor allem dort, wo bisher graue bis tiefschwarze Anbieter ihre Spiele durch die digitalen Gassen treiben konnten.
Im Zentrum steht ein Prinzip: Kanalisierung. Also Menschen möglichst gezielt in legale Angebote lenken.
Damit das funktioniert, hat der Gesetzgeber ein ganzes Arsenal aufgefahren: Eine zentrale Sperrdatei namens OASIS, die Glücksspielenden bei problematischem Verhalten aus dem Verkehr zieht. Ein Einzahlungslimit von 1.000 Euro pro Monat, um Exzesse zu bremsen. Und ziemlich enge Zügel beim Thema Werbung, denn der Sog des Spiels soll nicht noch zusätzlich befeuert werden.
Für die Kontrolle ist eine zentrale Behörde zuständig – die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (kurz: GGL). Klingt behäbig, ist sie auch. Und das ist Teil des Problems.
Wachstum im Graubereich
Nach dem großen Startschuss des neuen Vertrags hätte man erwarten können, dass sich der legale Markt explosionsartig entwickelt. Immerhin dürfen Anbieter sich jetzt offiziell lizenzieren lassen, sofern sie sich brav an die Regeln halten. Die Realität sieht allerdings ernüchternd aus. Nur etwa 40 Anbieter haben bislang eine Lizenz für virtuelle Automatenspiele erhalten. In einem Markt, der europaweit Milliarden bewegt, ist das ein Tropfen in der digitalen Spielhölle.
Die Ursachen sind schnell benannt: Das Lizenzverfahren ist kompliziert, langwierig und vor allem teuer. Die Auflagen sind streng und die wirtschaftliche Attraktivität hält sich in Grenzen. Wer auf legalem Weg unterwegs ist, darf nicht zu viel werben, muss sich an die zentrale Sperrdatei koppeln und regelmäßig Reportings abliefern. All das frisst Ressourcen.
Währenddessen flackern am digitalen Horizont Angebote aus Curaçao, Malta oder Gibraltar, die sich um deutsche Regeln herzlich wenig scheren. Sie locken mit höheren Einsatzlimits, bunt blinkenden Bannern und dem Versprechen auf mehr Gewinn. Kein Wunder also, dass selbst viele seriöse Anbieter den Gang durch den deutschen Bürokratieparcours lieber bleiben lassen.
Illegale Anbieter dominieren weiterhin
Tatsächlich ist der illegale Markt das große Sorgenkind. Statt sich zurückzuziehen, hat er sich neu organisiert. Und wie. Rund 80 Prozent des Online-Slot-Markts werden weiterhin von nicht-lizenzierten Anbietern bedient. Trotz zentraler Sperrdatei, IP-Blocking und Zahlungsdienstleistern, die eigentlich den Hahn zudrehen sollen.
Wer einmal auf so einer illegalen Seite gelandet ist, merkt schnell: Das sieht alles ziemlich offiziell aus. Deutschsprachige Menüs, bekannte Zahlungsanbieter, verlockende Willkommensboni. Fast niemand vermutet hier ein illegales Angebot. Genau das macht die Situation so knifflig. Die Aufsicht ist überfordert. Zwar gibt es inzwischen erste Vollstreckungen und Sperrverfügungen, aber das System hinkt dem Tempo der Anbieter meilenweit hinterher. Neue Domains tauchen schneller auf, als sie blockiert werden können und selbst Spieler mit aktiver Sperre bei OASIS finden mühelos Wege zurück ins Spielgeschehen. Die zentrale Idee der Kanalisierung, also das gezielte Lenken in regulierte Bahnen, funktioniert in der Praxis kaum.
Wer eigentlich spielt und warum
Die Menschen hinter dem Bildschirm folgen keinem einheitlichen Muster. Was sich aber sagen lässt: Der typische Glücksspielende ist eher männlich, zwischen 18 und 35 Jahre alt und meist auf mobilen Geräten unterwegs. Gespielt wird in der U-Bahn, im Bett, im Feierabendmodus. Slots, Sportwetten, Poker. Das ganze Repertoire.
Die Motive? Vielschichtig. Manch einer sucht den Kick, andere schlicht Unterhaltung. Manche wollen das schnelle Geld, wieder andere kompensieren Langeweile oder Frust. In dieser Mischung steckt Sprengstoff, denn je emotionaler der Einstieg, desto größer ist die Gefahr, dass das Spielverhalten entgleist. Und genau hier sollte der GlüStV greifen. Doch die Realität zeigt: Wer raus will, kommt schnell wieder rein. Über Angebote, die sich nicht an die Regeln halten.
Spielerschutz und Suchtprävention
Spielerschutz war das große Schlagwort der Gesetzesreform. Und auf dem Papier klingt das Konzept durchaus solide. Eine bundesweite Sperrdatei, verbindliche Limits, Einschränkungen bei Werbung und Design. All das ist grundsätzlich sinnvoll.
Mehr als 230.000 Menschen sind inzwischen bei OASIS gesperrt. Eine beeindruckende Zahl, die zeigt, wie viele sich aktiv schützen wollen oder müssen. Gleichzeitig wird sichtbar, dass dieses Instrument auch tatsächlich genutzt wird. Ein funktionierendes Werkzeug im legalen System.
Anbieter, die eine deutsche Lizenz besitzen, müssen strenge Vorgaben erfüllen, Spielerschutz nachweisen und sich regelmäßig kontrollieren lassen. Sie sind an OASIS angeschlossen, halten sich an Einzahlungslimits und nehmen den Schutz ihrer Nutzenden ernst. Anders ist das bei Anbietern, die nicht zur GGL gehören. Ihnen fehlen diese Auflagen, was zwar rechtlich einen Unterschied macht, aber im Auftritt oft nicht erkennbar ist.
Gerade deshalb ist der Unterschied zwischen legalen und illegalen Angeboten so wichtig. Denn während lizenzierte Plattformen sichtbar Verantwortung übernehmen, fehlt diese Kontrolle bei vielen internationalen Anbietern völlig. Und genau das schwächt die Wirkung der Schutzmaßnahmen.
Wirtschaftliche Auswirkungen des GlüStV
Ein Blick in die Steuerstatistik zeigt, was Regulierung eigentlich bezwecken sollte: Einnahmen für den Staat sichern. Doch genau hier tut sich ein weiteres Problem auf. Die Steuereinnahmen aus dem Glücksspiel stagnieren. Trotz steigender Nachfrage, trotz Digitalisierung, trotz offizieller Lizenzen.
Der Grund ist einfach. Wer bei einem illegalen Anbieter spielt, zahlt keine deutschen Steuern. Und da diese Plattformen keine Einzahllimits kennen und mit höheren Auszahlungsquoten locken, sind sie für viele attraktiver. Das ist nicht nur ein Spielerschutzproblem, sondern auch ein wirtschaftliches.
Dazu kommt: Legale Anbieter müssen 5,3 Prozent Steuer auf jeden Einsatz zahlen, nicht auf den Gewinn. Diese Belastung drückt nicht nur auf die Marge, sondern macht das Angebot im Vergleich automatisch unattraktiver. Wer fair spielen will, spielt teuer. Wer trickst, spart. Das ist keine besonders kluge Anreizstruktur.
Warum der GlüStV zwischen den Fronten steht
Die große Misere des Glücksspielstaatsvertrags liegt nicht nur in seinen Regeln, sondern in der unmöglichen Balance, die er zu halten versucht. Anbieter beklagen sich über lähmende Vorschriften, Verbraucherschützer über mangelnde Durchsetzung. Der Staat versucht, zwei Lager zufriedenzustellen und trifft am Ende keines. Zu viel Regulierung schreckt Anbieter ab, zu wenig lässt illegale Plattformen wuchern.
Und mittendrin sind Nutzende, die sich fragen, warum das legale Angebot schwerer zugänglich ist als das illegale. Die Regulierung droht, sich selbst ad absurdum zu führen. Denn sie schafft kein Gleichgewicht, sondern eine Marktverzerrung.
Blick nach Europa
Ein kurzer Blick über den deutschen Tellerrand zeigt: Es geht auch anders. In Dänemark etwa sind über 90 Prozent der Glücksspielaktivitäten im regulierten Markt. Dort wurde früh auf einfache Lizenzmodelle, praktikable Regeln und konsequente Durchsetzung gesetzt. Auch Spanien und die Niederlande fahren besser.
Der Unterschied ist, dass die Politik anderer Länder den Mut hat, Regulierung als Service zu verstehen, nicht als Hürde. Die European Gaming & Betting Association fordert längst eine europaweite Strategie gegen illegale Anbieter. Deutschland dagegen beschäftigt sich mit sich selbst.
Montabaur
Landgericht Koblenz stoppt 1&1 in Montabaur: Glasfaser-Versprechen entpuppt sich als lahmes DSL
MONTABAUR Das Landgericht Koblenz hat der 1&1 Telecommunication SE untersagt, Internetanschlüsse unter Verwendung des Begriffs Glasfaser so zu bewerben, dass bei einer Verfügbarkeitsprüfung der Eindruck eines echten Glasfaserzugangs entsteht, obwohl am Ende nur ein Anschluss über die klassische DSL-Kupferleitung bereitgestellt wird. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband. Das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen datiert vom 16. September 2025 und trägt das Aktenzeichen 3 HK O 69/24.
Worum es konkret ging: »Glasfaser-DSL« mit grünem Haken
Im Mittelpunkt stand die Online-Verfügbarkeitsabfrage auf 1und1.de. Nutzer sahen dort für ihre Adresse Formulierungen wie »[Anschrift] ist ein Glasfaser-DSL-Anschluss verfügbar«, versehen mit einem grünen Haken. Gleichzeitig wurden an dieser Adresse aber Tarife angezeigt, die tatsächlich über DSL-Leitungen erbracht wurden. Das Gericht sah darin eine Irreführung, weil der durchschnittliche Verbraucher bei »Glasfaser« eine durchgehende Versorgung mit Glasfaser erwartet und keine hybride Lösung auf der letzten Meile über Kupfer. 1&1 muss diese Praxis künftig unterlassen.
Deutliche Konsequenzen für Zuwiderhandlungen
Das Gericht verhängte ein striktes Unterlassungsgebot. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten. Die Vollstreckung kann sich auf Mitglieder des Vorstands erstrecken. Zudem muss 1&1 die Kosten des Rechtsstreits tragen und dem Kläger 260 Euro zuzüglich Zinsen zahlen. Teile des Urteils sind gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Warum das Urteil wichtig ist
Das Koblenzer Urteil stärkt den Verbraucherschutz in einem Markt, in dem technische Begriffe gerne werblich aufgeladen werden. Wer „Glasfaser“ liest, erwartet in der Regel einen Anschluss, bei dem die Faser bis in die Wohnung oder zumindest ins Haus führt. Genau diese Erwartungshaltung schützt das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Der Beschluss zwingt Anbieter, die verwendete Anschlusstechnik klar zu benennen und irreführende Mischbegriffe zu vermeiden. Auch die öffentliche Debatte über kreativ eingesetzte Marketingvokabeln im Festnetzmarkt erhält damit neue Relevanz.
1&1 ist nicht zum ersten Mal in Koblenz mit Verbraucherschützern aneinandergeraten. Bereits zuvor hat das Landgericht irreführende oder unklare Gestaltung im Telekommunikationsbereich gerügt, etwa beim Thema Routerwahl und bei uneindeutigen Flatrate-Versprechen. Die Linie der Kammer ist erkennbar: Werbung und Bestellprozesse müssen das halten, was sie dem durchschnittlichen Kunden erkennbar zusagen.
Was Kunden jetzt beachten sollten
Wer einen Festnetzanschluss bestellt, sollte bei der Verfügbarkeitsabfrage genau lesen, welche Technik tatsächlich anliegt. Entscheidend ist die Unterscheidung: FTTH bedeutet Glasfaser bis in die Wohnung, FTTB bis ins Gebäude, FTTC führt meist über eine Kupfer-Reststrecke und ist am Ende VDSL. Im Zweifel sollte man im Bestellprozess nachsehen, welche Leitungsart im Vertragstext steht und ob die zugesagten Bandbreiten realistisch erreichbar sind. Das Koblenzer Urteil hilft dabei, denn es setzt klare Grenzen, wie Anbieter mit dem Begriff Glasfaser werben dürfen.
Das Landgericht Koblenz schafft Klarheit: Der Begriff Glasfaser ist kein Gummiwort. Wer ihn nutzt, muss echte Glasfaser liefern oder unmissverständlich sagen, dass es sich nur um einen DSL-Anschluss handelt. Für den Wettbewerb bedeutet das Urteil mehr Fairness und für Verbraucher mehr Transparenz. Die vollständige Urteilsbegründung ist öffentlich zugänglich und bietet detaillierte Einblicke in die rechtliche Abwägung der Kammer (dk).
Quellenhinweise:
Beglaubigte Urteilsabschrift LG Koblenz, 3 HK O 69/24, Urteil vom 16.09.2025. Verbraucherzentrale.de+1 | Bericht und Kontextdarstellung aus dem Fachmedium teltarif.de. Teltarif | Frühere, thematisch verwandte Entscheidungen mit Beteiligung des vzbv gegen 1&1. Verbraucherzentrale Bundesverband+1
Recht
„Es ging mir um Gerechtigkeit“: Frank Herrig-Jansen eröffnet Kanzlei in Nastätten
NASTÄTTEN Rechtsanwalt Frank Herrig-Jansen hat in Nastätten eine neue Kanzlei eröffnet. Mit seiner Familie hat er seinen Lebensmittelpunkt in die Blaufärberstadt verlegt und damit einen persönlichen Neuanfang gewagt. Nach über 25 Jahren Tätigkeit in einer großen Sozietät arbeitet er nun unabhängig und baut sich in der Region eine neue Basis auf.
Ich bin Anwalt geworden, weil es mir um Gerechtigkeit ging
Herrig-Jansen begann seine Laufbahn als Strafverteidiger. „Ich bin Anwalt geworden, weil es mir um Gerechtigkeit ging. Ich wollte Menschen helfen und sie in Prozessen verteidigen“, erzählt er im Gespräch mit dem BEN Kurier. Doch die Auseinandersetzung mit schweren Gewalt- und Straftaten brachte ihn früh an moralische Grenzen. Er orientierte sich um und spezialisierte sich zunächst auf das Autokauf- und Werkstattrecht. In dieser Zeit verfasste er ein Fachbuch und vertrat Autohäuser, bevor er über diesen Weg mit dem Arbeitsrecht in Berührung kam.
Zunächst war er auf Arbeitgeberseite tätig. Ein langjähriger Bekannter, damals Vorsitzender eines Gesamtbetriebsrats, bat ihn schließlich, Mandate zu übernehmen – allerdings mit der Bedingung, sich klar für eine Seite zu entscheiden. „Für mich war sofort klar, dass ich künftig Arbeitnehmer und Betriebsräte vertreten möchte“, so Herrig-Jansen. Seitdem konzentriert er sich ausschließlich auf diese Mandate.
Das Arbeitsrecht sei für ihn besonders reizvoll, weil es unmittelbare Auswirkungen auf die Lebenssituation von Menschen habe. Fälle von Kündigungen, Mobbing, Diskriminierung oder Belästigung am Arbeitsplatz gehörten ebenso dazu wie die Unterstützung von Betriebsräten bei Betriebsvereinbarungen oder in Beschlussverfahren. Dabei weist der Anwalt immer wieder auf die besondere Bedeutung von Fristen hin: Eine Kündigungsschutzklage müsse innerhalb von drei Wochen eingereicht werden, Ansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz binnen zwei Monaten. Auch in Arbeits- oder Tarifverträgen seien Ausschlussfristen üblich, deren Versäumnis hohe finanzielle Einbußen bedeuten könne. „Wer eine Zielvereinbarung über 20.000 Euro hat und die Frist verpasst, verliert dieses Geld“, macht er deutlich.
Neben den inhaltlichen Fragen spielt auch die Kostenregelung im Arbeitsrecht eine Rolle. In der ersten Instanz trägt nach § 12a Arbeitsgerichtsgesetz jede Partei ihre Anwaltskosten selbst, auch wenn sie den Prozess gewinnt. Deshalb sei eine Rechtsschutzversicherung sehr empfehlenswert. Für Bedürftige bestehe die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen.
Trotz aller digitalen Möglichkeiten legt Herrig-Jansen Wert auf den persönlichen Kontakt. „Ich bin noch von der alten Schule. Für mich gehört es dazu, den Mandanten wenigstens einmal persönlich zu sprechen – sei es telefonisch oder in der Kanzlei. Nur so kann man die Erfolgsaussichten realistisch einschätzen.“ Gerade bei Kündigungen sei dies wichtig, da die Begründungen oft unklar oder gar nicht angegeben seien und die entscheidenden Informationen vom Mandanten kommen müssten.
Mit der Eröffnung seiner Kanzlei in Nastätten verbindet Herrig-Jansen einen bewussten Neuanfang. „Ich wollte unabhängig arbeiten. Mit dem Umzug meiner Familie nach Nastätten entstand die Idee, hier eine Kanzlei aufzubauen. Daran arbeite ich nun mit ganzer Kraft.“
Gesundheit
Neues Bestattungsgesetz: Angehörige dürfen Urne mit der Asche nach Hause nehmen
RECHT Nach mehr als vier Jahrzehnten hat Rheinland-Pfalz sein Bestattungsrecht umfassend reformiert. Der Landtag verabschiedete am 11. September ein neues Gesetz, das die individuellen Wünsche der Bürgerinnen und Bürger stärker berücksichtigt und gleichzeitig die Tradition der Friedhofskultur bewahrt. Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) sprach im Plenum von einem wichtigen Schritt, der persönliche Vorstellungen und ein würdiges Abschiednehmen miteinander verbindet. Das Gesetz soll bereits im Oktober in Kraft treten, eine Durchführungsverordnung wird derzeit erarbeitet. In rund fünf Jahren ist eine erste Überprüfung vorgesehen.
Mehr Wahlfreiheit bei Bestattungsformen
Das neue Gesetz eröffnet den Menschen im Land zahlreiche zusätzliche Möglichkeiten, ihren letzten Weg nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Künftig ist es erlaubt, die Asche eines Verstorbenen nach Hause zu nehmen oder einen Teil davon zu einem Erinnerungsstück wie einem Schmuckstein oder einer Keramik verarbeiten zu lassen. Auch das Verstreuen der Asche außerhalb eines Friedhofs wird möglich, ebenso die sogenannte Flussbestattung in Rhein, Mosel, Lahn oder Saar.
Eine weitere Neuerung betrifft die bisherige Pflicht zur Erdbestattung im Sarg. Ab sofort kann man sich auch für eine Tuchbestattung entscheiden und zwar ausdrücklich nicht nur aus religiösen Gründen. Wer hingegen keine besondere Verfügung trifft, kann wie bisher in einem Sarg oder einer Urne auf dem Friedhof beigesetzt werden.
Sternenkinder im Zentrum der Reform
Besonders am Herzen lag Minister Hoch die Situation von Eltern, deren Kinder tot zur Welt kommen. Bislang galten Kinder, die vor der 24. Schwangerschaftswoche oder mit einem Gewicht unter 500 Gramm geboren wurden, rechtlich als Fehlgeburten ohne Anspruch auf eine offizielle Bestattung. Mit der Reform werden sie künftig als Sternenkinder bezeichnet.
Damit erhalten Eltern die Möglichkeit, ihre Kinder würdevoll zu bestatten und ihnen einen Raum für Trauer und Erinnerung zu eröffnen. Neu ist auch, dass Sternenkinder gemeinsam mit einem gleichzeitig oder kurz darauf verstorbenen Elternteil beigesetzt werden können. Diese Regelung soll vor allem in Fällen von Unfällen oder medizinischen Notfällen Trost spenden.
Verbesserungen im Leichenschauwesen
Neben den erweiterten Bestattungsformen enthält das Gesetz tiefgreifende Änderungen im Bereich der Leichenschau. Hintergrund ist Kritik von Polizei und Strafverfolgungsbehörden an der bisherigen Praxis. Künftig werden die verschiedenen Arten von Leichenuntersuchungen, von der Leichenschau über die Obduktion bis hin zur anatomischen Sektion, sowie die Ausstellung von Todesbescheinigungen klarer geregelt.
Eine besonders einschneidende Neuerung ist die Einführung einer Obduktionspflicht für Kinder bis zum sechsten Lebensjahr, wenn die Todesursache unklar bleibt. Damit soll sichergestellt werden, dass mögliche Tötungsdelikte wie etwa ein Schütteltrauma nicht unentdeckt bleiben. Um unnötige Obduktionen zu vermeiden, sieht das Gesetz jedoch eine zweite Leichenschau als Kontrollfunktion vor.
Ehrengräber für gefallene Soldaten
Zum neuen Bestattungsgesetz gehört auch die gesicherte Finanzierung dauerhafter Ehrengräber für im Auslandseinsatz verstorbene Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Damit soll deren Einsatz und Opferbereitschaft langfristig sichtbar gewürdigt werden.
Balance zwischen Tradition und Moderne
Mit dem neuen Bestattungsgesetz schlägt Rheinland-Pfalz eine Brücke zwischen bewährter Friedhofskultur und modernen, individuellen Vorstellungen vom Abschiednehmen. Minister Hoch fasste zusammen: „Wir erhalten unsere Traditionen, öffnen aber zugleich neue Räume für persönliche und würdevolle Formen der Bestattung.“
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