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Marktentwicklung im Glücksspiel: Verfehlt der Glücksspielstaatsvertrag seine Ziele?

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Marktentwicklung im Glücksspiel: Verfehlt der Glücksspielstaatsvertrag seine Ziele?
Foto: BEN Kurier | Lizenz: Envato
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RECHT Seit Sommer 2021 gilt in Deutschland ein neues Regelwerk für das Glücksspiel. Die große Idee dahinter lautete: Ordnung ins digitale Durcheinander bringen, Menschen schützen, illegale Anbieter ausbremsen und ganz nebenbei noch die Staatskasse füllen. Klingt nach einem ambitionierten Projekt.

Zwei Jahre später stellt sich allerdings eine unangenehme Frage: Ist das, was da beschlossen wurde, tatsächlich eine Erfolgsgeschichte oder eher ein verwaltungstechnischer Rohrkrepierer mit gutem Vorsatz?

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Worauf zielt der Glücksspielstaatsvertrag ab?

Der sogenannte GlüStV sollte das dicke Pflaster auf einer jahrzehntelangen Baustelle sein. Ein Vertrag zwischen allen Bundesländern, gültig für ganz Deutschland, mit dem Ziel, den florierenden Online-Glücksspielmarkt in geordnete Bahnen zu lenken. Vor allem dort, wo bisher graue bis tiefschwarze Anbieter ihre Spiele durch die digitalen Gassen treiben konnten.

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Im Zentrum steht ein Prinzip: Kanalisierung. Also Menschen möglichst gezielt in legale Angebote lenken.

Damit das funktioniert, hat der Gesetzgeber ein ganzes Arsenal aufgefahren: Eine zentrale Sperrdatei namens OASIS, die Glücksspielenden bei problematischem Verhalten aus dem Verkehr zieht. Ein Einzahlungslimit von 1.000 Euro pro Monat, um Exzesse zu bremsen. Und ziemlich enge Zügel beim Thema Werbung, denn der Sog des Spiels soll nicht noch zusätzlich befeuert werden.

Für die Kontrolle ist eine zentrale Behörde zuständig – die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (kurz: GGL). Klingt behäbig, ist sie auch. Und das ist Teil des Problems.

Wachstum im Graubereich

Nach dem großen Startschuss des neuen Vertrags hätte man erwarten können, dass sich der legale Markt explosionsartig entwickelt. Immerhin dürfen Anbieter sich jetzt offiziell lizenzieren lassen, sofern sie sich brav an die Regeln halten. Die Realität sieht allerdings ernüchternd aus. Nur etwa 40 Anbieter haben bislang eine Lizenz für virtuelle Automatenspiele erhalten. In einem Markt, der europaweit Milliarden bewegt, ist das ein Tropfen in der digitalen Spielhölle.

Die Ursachen sind schnell benannt: Das Lizenzverfahren ist kompliziert, langwierig und vor allem teuer. Die Auflagen sind streng und die wirtschaftliche Attraktivität hält sich in Grenzen. Wer auf legalem Weg unterwegs ist, darf nicht zu viel werben, muss sich an die zentrale Sperrdatei koppeln und regelmäßig Reportings abliefern. All das frisst Ressourcen.

Währenddessen flackern am digitalen Horizont Angebote aus Curaçao, Malta oder Gibraltar, die sich um deutsche Regeln herzlich wenig scheren. Sie locken mit höheren Einsatzlimits, bunt blinkenden Bannern und dem Versprechen auf mehr Gewinn. Kein Wunder also, dass selbst viele seriöse Anbieter den Gang durch den deutschen Bürokratieparcours lieber bleiben lassen.

Illegale Anbieter dominieren weiterhin

Tatsächlich ist der illegale Markt das große Sorgenkind. Statt sich zurückzuziehen, hat er sich neu organisiert. Und wie. Rund 80 Prozent des Online-Slot-Markts werden weiterhin von nicht-lizenzierten Anbietern bedient. Trotz zentraler Sperrdatei, IP-Blocking und Zahlungsdienstleistern, die eigentlich den Hahn zudrehen sollen.

Wer einmal auf so einer illegalen Seite gelandet ist, merkt schnell: Das sieht alles ziemlich offiziell aus. Deutschsprachige Menüs, bekannte Zahlungsanbieter, verlockende Willkommensboni. Fast niemand vermutet hier ein illegales Angebot. Genau das macht die Situation so knifflig. Die Aufsicht ist überfordert. Zwar gibt es inzwischen erste Vollstreckungen und Sperrverfügungen, aber das System hinkt dem Tempo der Anbieter meilenweit hinterher. Neue Domains tauchen schneller auf, als sie blockiert werden können und selbst Spieler mit aktiver Sperre bei OASIS finden mühelos Wege zurück ins Spielgeschehen. Die zentrale Idee der Kanalisierung, also das gezielte Lenken in regulierte Bahnen, funktioniert in der Praxis kaum.

Wer eigentlich spielt und warum

Die Menschen hinter dem Bildschirm folgen keinem einheitlichen Muster. Was sich aber sagen lässt: Der typische Glücksspielende ist eher männlich, zwischen 18 und 35 Jahre alt und meist auf mobilen Geräten unterwegs. Gespielt wird in der U-Bahn, im Bett, im Feierabendmodus. Slots, Sportwetten, Poker. Das ganze Repertoire.

Die Motive? Vielschichtig. Manch einer sucht den Kick, andere schlicht Unterhaltung. Manche wollen das schnelle Geld, wieder andere kompensieren Langeweile oder Frust. In dieser Mischung steckt Sprengstoff, denn je emotionaler der Einstieg, desto größer ist die Gefahr, dass das Spielverhalten entgleist. Und genau hier sollte der GlüStV greifen. Doch die Realität zeigt: Wer raus will, kommt schnell wieder rein. Über Angebote, die sich nicht an die Regeln halten.

Spielerschutz und Suchtprävention

Spielerschutz war das große Schlagwort der Gesetzesreform. Und auf dem Papier klingt das Konzept durchaus solide. Eine bundesweite Sperrdatei, verbindliche Limits, Einschränkungen bei Werbung und Design. All das ist grundsätzlich sinnvoll.

Mehr als 230.000 Menschen sind inzwischen bei OASIS gesperrt. Eine beeindruckende Zahl, die zeigt, wie viele sich aktiv schützen wollen oder müssen. Gleichzeitig wird sichtbar, dass dieses Instrument auch tatsächlich genutzt wird. Ein funktionierendes Werkzeug im legalen System.

Anbieter, die eine deutsche Lizenz besitzen, müssen strenge Vorgaben erfüllen, Spielerschutz nachweisen und sich regelmäßig kontrollieren lassen. Sie sind an OASIS angeschlossen, halten sich an Einzahlungslimits und nehmen den Schutz ihrer Nutzenden ernst. Anders ist das bei Anbietern, die nicht zur GGL gehören. Ihnen fehlen diese Auflagen, was zwar rechtlich einen Unterschied macht, aber im Auftritt oft nicht erkennbar ist.

Gerade deshalb ist der Unterschied zwischen legalen und illegalen Angeboten so wichtig. Denn während lizenzierte Plattformen sichtbar Verantwortung übernehmen, fehlt diese Kontrolle bei vielen internationalen Anbietern völlig. Und genau das schwächt die Wirkung der Schutzmaßnahmen.

Wirtschaftliche Auswirkungen des GlüStV

Ein Blick in die Steuerstatistik zeigt, was Regulierung eigentlich bezwecken sollte: Einnahmen für den Staat sichern. Doch genau hier tut sich ein weiteres Problem auf. Die Steuereinnahmen aus dem Glücksspiel stagnieren. Trotz steigender Nachfrage, trotz Digitalisierung, trotz offizieller Lizenzen.

Der Grund ist einfach. Wer bei einem illegalen Anbieter spielt, zahlt keine deutschen Steuern. Und da diese Plattformen keine Einzahllimits kennen und mit höheren Auszahlungsquoten locken, sind sie für viele attraktiver. Das ist nicht nur ein Spielerschutzproblem, sondern auch ein wirtschaftliches.

Dazu kommt: Legale Anbieter müssen 5,3 Prozent Steuer auf jeden Einsatz zahlen, nicht auf den Gewinn. Diese Belastung drückt nicht nur auf die Marge, sondern macht das Angebot im Vergleich automatisch unattraktiver. Wer fair spielen will, spielt teuer. Wer trickst, spart. Das ist keine besonders kluge Anreizstruktur.

Warum der GlüStV zwischen den Fronten steht

Die große Misere des Glücksspielstaatsvertrags liegt nicht nur in seinen Regeln, sondern in der unmöglichen Balance, die er zu halten versucht. Anbieter beklagen sich über lähmende Vorschriften, Verbraucherschützer über mangelnde Durchsetzung. Der Staat versucht, zwei Lager zufriedenzustellen und trifft am Ende keines. Zu viel Regulierung schreckt Anbieter ab, zu wenig lässt illegale Plattformen wuchern.

Und mittendrin sind Nutzende, die sich fragen, warum das legale Angebot schwerer zugänglich ist als das illegale. Die Regulierung droht, sich selbst ad absurdum zu führen. Denn sie schafft kein Gleichgewicht, sondern eine Marktverzerrung.

Blick nach Europa

Ein kurzer Blick über den deutschen Tellerrand zeigt: Es geht auch anders. In Dänemark etwa sind über 90 Prozent der Glücksspielaktivitäten im regulierten Markt. Dort wurde früh auf einfache Lizenzmodelle, praktikable Regeln und konsequente Durchsetzung gesetzt. Auch Spanien und die Niederlande fahren besser.

Der Unterschied ist, dass die Politik anderer Länder den Mut hat, Regulierung als Service zu verstehen, nicht als Hürde. Die European Gaming & Betting Association fordert längst eine europaweite Strategie gegen illegale Anbieter. Deutschland dagegen beschäftigt sich mit sich selbst.

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Allgemein

Behörden bestätigen: Spielplatzbau Große Wiese in Bad Ems war nicht rechtskonform

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BAD EMS In einem offenen Brief, unterzeichnet von den Fraktionen der CDU, FWG, Bündnis 90/Die Grünen, FDP sowie einem fraktionslosen Ratsmitglied des Stadtrats Bad Ems, wurde dem regionalen Online-Medium BEN Kurier vorgeworfen, in der Berichterstattung zum Bau des Spielplatzes „Große Wiese“ tendenziös, unsachlich und persönlich motiviert vorgegangen zu sein. Die Vorwürfe richteten sich unter anderem gegen angeblich fehlerhafte Recherchen sowie die Nutzung einer „gefälschten E-Mail“ als Informationsquelle.

Die Redaktion des BEN Kuriers weist diese Vorwürfe entschieden zurück – und stützt sich dabei auf offizielle Auskünfte der zuständigen Behörden, die im Rahmen journalistischer Nachfragen erteilt wurden. Aus Sicht des BEN Kuriers ergibt sich daraus der Eindruck einer gezielten öffentlichen Diffamierung eines kritischen Mediums, die nach derzeitiger Prüfung auch strafrechtlich relevant sein könnte.

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Keine Genehmigung – Kreisverwaltung widerspricht zentraler Behauptung

Im offenen Brief heißt es wörtlich, die Stadt Bad Ems habe beim Bau des Spielplatzes rechtskonform gehandelt. die Stadt jedoch handelt heute rechtskonform und verantwortungsbewusst, indem sie alle relevanten Regelwerke einhält. So auch bei der Bauantragsstellung nach dem vereinfachten Verfahren, die eine Genehmigungsfiktion von zwei Monaten mit sich bringt. Nach ungehemmten Ablauf dieser Frist ist diese, nach der Rechtsauffassung der Bauverwaltung der Verbandsgemeinde, eingetreten und die Baugenehmigung galt als erteilt. Mitnichten kann davon gesprochen werden, dass die Stadt ohne Baugenehmigung gebaut habe – hier gehen die Meinungen mit der Baugenehmigungsbehörde auseinander.“

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Die zuständige Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises widerspricht dieser Darstellung ausdrücklich. Auf Anfrage des BEN Kuriers teilte die Behörde mit:

  • „Nein. Zum Zeitpunkt der Errichtung lag keine Baugenehmigung vor.“

  • „Ja. Der Spielplatz wurde ohne gültige Genehmigung gebaut.“

  • „Nein. Das Vorgehen war nicht rechtskonform.“

Diese Aussagen stehen in direktem Widerspruch zur Darstellung im offenen Brief, in dem unter anderem eine vermeintliche „Genehmigungsfiktion“ nach Ablauf einer gesetzlichen Frist behauptet wurde.

Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau: Keine Genehmigungsfiktion – Darstellung ist unzutreffend

So wurde behauptet, nach Ablauf der Frist sei „nach der Rechtsauffassung der Bauverwaltung der Verbandsgemeinde“ eine Genehmigung als erteilt anzusehen gewesen. Die Verbandsgemeindeverwaltung Bad Ems-Nassau widerspricht dieser Darstellung:

  • „Nein. Die Verbandsgemeindeverwaltung hat nie bestätigt, dass eine Genehmigungsfiktion eingetreten ist.“

  • „Nein. Das vereinfachte Verfahren wurde nicht bejaht.“

  • „Nein. Es wurde nie gesagt, dass eine Genehmigung automatisch gilt.“

Nach Auffassung der Redaktion sind diese Aussagen des offenen Briefs daher sachlich unzutreffend.

Die Stadt Bad Ems hat den Spielplatz „Große Wiese“ ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet und feierlich eröffnet. Hinsichtlich der Genehmigungslage besteht Einigkeit unter den zuständigen Baubehörden; deren Stellungnahmen lassen keinen Interpretationsspielraum.

Disziplinarprüfung durch Kommunalaufsicht verschwiegen

Ein weiterer Aspekt, der im offenen Brief keine Erwähnung findet, betrifft die disziplinarrechtliche Bewertung des Bauvorgangs durch die Kommunalaufsicht. Die Kreisverwaltung bestätigte gegenüber dem BEN Kurier:

  • „Ja. Die Kommunalaufsicht hat eine disziplinarrechtliche Prüfung vorgenommen.“

  • Eine Bewertung des Ergebnisses könne aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht veröffentlicht werden.

Die Redaktion des BEN Kuriers wertet das vollständige Verschweigen dieses Vorgangs als bewusst irreführend gegenüber der Öffentlichkeit.

Zur E-Mail: Kein Fake, sondern zutreffender Hinweis

Als besonders problematisch wird die im offenen Brief enthaltene Behauptung angesehen, der BEN Kurier habe sich auf eine „gefälschte E-Mail“ eines angeblichen Informanten gestützt. Fakt ist: Die E-Mail wurde nachweislich an die Kreisverwaltung, der Printpresse und den BEN Kurier versendet. Der Absender war technisch nicht erreichbar, was zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht erkennbar war. Der Inhalt der E-Mail war jedoch inhaltlich korrekt und wurde später durch Behörden bestätigt.

Nach rechtlicher Bewertung durch die Redaktion könnte diese öffentlich aufgestellte Behauptung den Tatbestand der Verleumdung (§ 187 StGB) erfüllen. Die Redaktion prüft derzeit zivilrechtliche und strafrechtliche Schritte gegen die Unterzeichner des offenen Briefs.

Sitzung des Stadtrates Bad Ems am 8.7.2025

Kurzfristig hat Stadtbürgermeister Oliver Krügel die Tagesordnung der kommenden Stadtratssitzung am 8. Juli 2025 um einen Punkt erweitert: Unter dem neu eingefügten Tagesordnungspunkt 10 sollen „Rechtsangelegenheiten“ behandelt werden – konkret geht es um die mögliche Beauftragung eines Rechtsbeistands im Zusammenhang mit der Medienberichterstattung über den Spielplatz „Große Wiese“. Die Mitteilung hierzu wurde den Ratsmitgliedern am 3. Juli 2025 übermittelt. Der BEN Kurier wird an der öffentlichen Sitzung teilnehmen.

Redaktion: „Nicht mit uns.“

„Kritischer Journalismus lebt davon, dass er Fragen stellt – auch unbequeme. Der offene Brief erscheint aus unserer Sicht nicht als sachliche Kritik, sondern als Versuch, ein unabhängiges Medium öffentlich zu diskreditieren – veröffentlicht zu einem Zeitpunkt, an dem der verantwortliche Redakteur urlaubsbedingt nicht reagieren konnte“, so die Redaktion in einer Stellungnahme.

Die Redaktion kündigt an, die Vorgänge juristisch und presserechtlich aufarbeiten zu lassen. Gleichzeitig werde eine medienethische Einordnung durch unabhängige Fachstellen angestrebt.

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Politik

Kritischer Journalismus im Fadenkreuz: Bad Ems und der offene Angriff auf die Pressefreiheit

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KOMMENTAR Mit Erstaunen, aber nicht ohne Klarheit, nehmen wir als BEN Kurier zur Kenntnis, dass die Fraktionen von CDU, FWG, Bündnis 90/Die Grünen, FDP sowie ein fraktionsloses Mitglied des Stadtrats Bad Ems in einem gemeinsamen offenen Brief die journalistische Arbeit unseres Hauses öffentlich infrage stellen.

Der Vorwurf: Unsere Berichterstattung sei unsachlich, einseitig und tendenziös. Der Versuch: Kritische Presse durch politischen Druck zu delegitimieren. Das Ergebnis: Ein Dokument politischer Empfindlichkeit, nicht journalistischer Substanz.

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Zunächst ist festzuhalten, dass nicht alle Fraktionen dieses Schreiben mittragen. Und auch innerhalb der unterzeichnenden Fraktionen – so ist uns bekannt – wurden nicht alle Ratsmitglieder im Vorfeld über den Brief informiert. Das wirft Fragen auf: etwa, ob hier wirklich im Namen der kommunalen Demokratie gesprochen wird oder eher im Interesse eines empfindlich getroffenen Zirkels.

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Die zentrale Anklage lautet: Der BEN Kurier berichte tendenziös. Doch konkrete Belege bleiben aus. Kein einziger Artikel wird benannt, keine Aussage widerlegt, kein Sachverhalt klargestellt. Stattdessen: Pauschalkritik, die mehr über den Zustand der politischen Absender aussagt als über unsere redaktionelle Arbeit. Wer meint, Pressefreiheit ende dort, wo Kritik beginnt, verkennt ihren Wesenskern. Die Aufgabe der Presse ist nicht Gefälligkeit, sondern Kontrolle. Und wer das nicht aushält, stellt sich selbst ins Abseits, nicht den Journalismus.

Die Realität sieht anders aus, als im offenen Brief suggeriert. Der BEN Kurier wurde beispielsweise zu einem Pressetermin am Bahnhofsgebäude nicht eingeladen, andere Medien hingegen schon. Im Stadtrat wurde kurzfristig und ohne ordnungsgemäße Ankündigung ein Tagesordnungspunkt zur Vorstellung des Bodengutachtens „Große Wiese“ ergänzt. Die Kommunalaufsicht bestätigte, dass eine rechtzeitige öffentliche Bekanntmachung rechtswidrig unterblieb. Interessierte Bürgerinnen, Bürger und Presse – auch wir – wurden so faktisch ausgeschlossen. Zufällig war ein Medienvertreter, der nie oder kaum eine Stadtratssitzung medial begleitet, genau an diesem Tag anwesend und nach diesem Tagesordnungspunkt wieder weg. Sicherlich ein Zufall.

Auch zur Sache selbst: Der Spielplatz „Große Wiese“ wurde errichtet und eröffnet, ohne dass zu diesem Zeitpunkt eine rechtsgültige Baugenehmigung vorlag. Auch das wurde von der Kommunalaufsicht bestätigt. Beim Fitness-Parcours auf der Kalkspitze begann die Stadt ebenfalls ohne Genehmigung mit dem Bau, auch das wurde von der Kommunalaufsicht eindeutig festgestellt. Die Folge war der Rückbau der bereits installierten Fitnessgeräte. Diese Tatsachen werden im offenen Brief nicht einmal erwähnt. Dabei handelt es sich nicht um Meinungen, sondern um dokumentierte Verwaltungsrealität.

Es spielt dabei keine Rolle, welche Rechtsauffassung das Bauamt der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau hierzu vertritt. Zuständig für die Genehmigung ist ausschließlich die Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises als untere Bauaufsichtsbehörde. Die angebliche Rechtsauffassung des Bauamts der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau wäre zudem juristisch auch nicht nachvollziehbar, aber dies zu erläutern, würde an dieser Stelle zu weit führen.

Über 80 Artikel, die der BEN Kurier in den vergangenen Jahren zur Stadt Bad Ems, zur Verwaltung und zum Bürgermeister veröffentlicht hat, lassen sich nachweislich als sachlich oder sogar positiv einordnen. Allein die letzte offizielle Pressemitteilung der Stadt vom 7. Juni 2025 wurde bei uns publiziert. Wer dennoch behauptet, wir betrieben eine „persönliche Kampagne“, konstruiert einen Mythos, aber keine belastbare Argumentation.

Ein Beispiel, das im offenen Brief angeführt wird, ist die Eröffnung einer Bäckerei, bei der der Stadtbürgermeister auf einem Bild in unserer Berichterstattung nicht gezeigt wurde. Ja, wir haben den Fokus auf die Geschäftsinhaberin gelenkt. Das ist legitim. Die Presse ist nicht dazu da, politische Bilderbuchinszenierungen unverändert zu übernehmen. Sie entscheidet redaktionell und nicht auf Zuruf.

Unsere Berichterstattung zur Bodenbelastung auf dem Spielplatz „Große Wiese“, zu Bauverlauf, Genehmigungslage und Kosten in Höhe von derzeit rund 85.000 Euro – ohne die Anwaltskosten, die gegen uns eingesetzt wurden – war und ist faktenbasiert, dokumentiert und quellenbasiert. Die Darstellung, wir hätten uns dabei auf eine „gefälschte E-Mail“ gestützt, ist schlicht falsch. Diese Unterstellung hält keiner Überprüfung stand und wurde auch nie Bestandteil unserer journalistischen Grundlage. Es handelt sich um ein nachträglich konstruiertes Narrativ, nicht um eine Tatsache. Dass sich im Nachgang sowohl die Kommunalaufsicht als auch die Öffentlichkeit intensiv mit dem Vorgang befassen mussten, belegt nicht unsere Tendenz, sondern die Relevanz.

Wer als politisches Gremium öffentlich erklärt, mit einer Redaktion künftig nicht mehr zusammenarbeiten zu wollen, offenbart ein fragwürdiges Demokratieverständnis. Pressearbeit ist keine Gefälligkeit, sie ist Kontrolle und sie ist unabhängig. Genau das scheint einigen unbequem geworden zu sein.

So klar unsere Haltung für Pressefreiheit ist, so unmissverständlich ist auch unsere Haltung zu gezielter Diffamierung. Denn Kritik – so berechtigt sie sein mag – endet dort, wo sie in gezielte Rufschädigung und wirtschaftliche Einschüchterung übergeht.

Unter einem Klarnamen – liegt der Redaktion vor – einer Person, die dem Stadtbürgermeister Oliver Krügel persönlich und politisch sehr nahesteht, wurde kürzlich ein Kommentar veröffentlicht, der über jede zulässige Form demokratischer Auseinandersetzung hinausgeht. Darin wird nicht nur behauptet, der BEN Kurier betreibe seit Jahren „systematische Einflussnahme“ und „gezielte Meinungsmache“, es wird zudem offen suggeriert, Anzeigenkunden sollten ihre Zusammenarbeit mit uns überdenken. Das ist kein Debattenbeitrag, sondern ein Boykottaufruf. Es ist der gezielte Versuch, ein unabhängiges Medium wirtschaftlich zu treffen und politisch zu delegitimieren. Solche Aussagen sind – auch rechtlich – hoch problematisch und können unter Umständen den Tatbestand der üblen Nachrede (§ 186 StGB), der Verleumdung (§ 187 StGB) oder sogar der versuchten sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) erfüllen.

Auch die politisch motivierte Unterstellung, unsere Haltung sei durch eine SPD-Mitgliedschaft des Herausgebers beeinflusst, ist in ihrer Machart nicht nur unzulässig, sondern bewusst rufschädigend. Hier wird nicht argumentiert, hier wird unterstellt, verleumdet und delegitimiert.

Deshalb machen wir an dieser Stelle eines unmissverständlich klar: Auch wir haben unsere Grenzen. Und wo diese überschritten werden, da ziehen wir juristische Konsequenzen.

Wir prüfen derzeit strafrechtliche und zivilrechtliche Schritte gegen den Urheber des genannten Kommentars sowie gegen weitere gezielte Eingriffe in unsere redaktionelle und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Pressefreiheit bedeutet nicht Wehrlosigkeit.

Wir stehen für den offenen Diskurs. Aber wir stehen ebenso für den Schutz unserer Redakteur*innen, unserer journalistischen Integrität und unserer unternehmerischen Existenz.

Der BEN Kurier lässt sich nicht einschüchtern. Nicht inhaltlich. Nicht politisch. Nicht wirtschaftlich. Und: Wir bleiben. Weil die Öffentlichkeit ein Recht auf unabhängige, kritische und faktenbasierte Berichterstattung hat – gerade in Bad Ems.

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Recht

Soldaten und Ehebruch: Wenn das Privatleben dienstliche Konsequenzen hat

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Foto: Bundeswehr | S. Wilke | Lizenz: Creative Commons Attribution 2.0 Generic
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RECHT Ein Liebesverhältnis innerhalb der Truppe bleibt nicht ohne Folgen: Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass ein Soldat, der eine Beziehung mit der Ehefrau eines Kameraden eingeht, gegen seine Kameradschaftspflicht verstößt – und dafür disziplinarisch belangt werden darf.

Im Zentrum des Urteils steht ein Hauptfeldwebel, der eine Affäre mit der Ehefrau eines befreundeten Mannschaftssoldaten begann – beide dienten im selben Bataillon. Der Geschlechtsverkehr fand in der gemeinsamen Ehewohnung statt, kurz nachdem der Ehemann in vorläufiger Trennungsabsicht ausgezogen war. Wenige Wochen später wurde die Beziehung beendet. Die Ehe des Kameraden zerbrach.

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Das Truppendienstgericht verhängte gegen den Hauptfeldwebel ein Beförderungsverbot sowie eine Kürzung der Dienstbezüge. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte grundsätzlich die disziplinarische Relevanz, entschied sich aber für eine mildere Sanktion: eine mehrmonatige Bezügekürzung.

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Kameradschaft ist rechtliche Pflicht

In seiner Entscheidung stellt das Bundesverwaltungsgericht klar: Kameradschaft in der Bundeswehr ist nicht bloß ein ethisches Ideal, sondern eine gesetzlich verankerte Pflicht (§ 12 Soldatengesetz). Jeder Soldat ist dazu verpflichtet, die Würde, Ehre und Rechte seiner Kameradinnen und Kameraden zu achten. Das umfasst auch den respektvollen Umgang mit deren privaten Lebensverhältnissen – insbesondere mit bestehenden Ehen.

Die Richter betonten, dass eine Affäre mit der Ehepartnerin eines Kameraden – besonders innerhalb desselben Dienstumfelds – das Vertrauen und den Zusammenhalt innerhalb der Truppe erheblich stören kann. Ein solches Verhalten sei geeignet, Unruhe, Misstrauen und Spannungen zu erzeugen – weit über die direkt Beteiligten hinaus.

Trennung schützt nicht vor Sanktion

Dass die Ehepartner zum Zeitpunkt des Verhältnisses bereits getrennt lebten, wurde vom Gericht nicht als ausreichende Entlastung gewertet. Die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft endet rechtlich erst mit dem Scheitern der Ehe (§1352 BGB). Eine bloße räumliche Trennung begründet dieses Scheitern noch nicht.

Dem Hauptfeldwebel wurde jedoch zugutegehalten, dass er sich in einem vermeidbaren Irrtum über die rechtliche Bewertung befand und zugleich gute dienstliche Leistungen erbracht hatte. Deshalb hielt das Gericht eine milde Bezügekürzung am unteren Rand des gesetzlichen Rahmens für angemessen.

Fazit: Auch private Beziehungen können für Soldaten disziplinarrechtlich relevant werden – besonders dann, wenn sie das Vertrauensverhältnis zwischen Kameraden beschädigen. Der Fall macht deutlich: Kameradschaft endet nicht mit dem Dienstschluss.

(Az.: BVerwG 2 WD 14.24 – Urteil vom 22. Januar 2025) Vorinstanz: Truppendienstgericht Süd, S 2 VL 21/23 – Urteil vom 6. März 2024

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