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Wir im Rhein-Lahn

Gamescom 2025: Ein etwas anderer Blick auf die größte Spielemesse der Welt

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Christian Meinecke auf der Gamescom 2025
Foto & Video: Christian Meinecke
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KÖLN Vom 20. bis 25. August 2025 fand die Gamescom in Köln statt – und Christian Meinecke vom Ben Kurier war mittendrin. Aber was erlebt man eigentlich auf der größten Spielemesse der Welt? Kommt mit uns mit.

Gleich zu Beginn unseres Besuchs treffen wir auf Claudia Wimme, Medienpädagogin beim Arbeiter-Samariter-Bund. Es ist das erste Gespräch des Tages. Schon hier wird deutlich: Videospiele sind längst ein fester Bestandteil der Jugendkultur. „Videospiele haben sich neben Büchern und Filmen als fester Bestandteil der Popkultur etabliert“, wird im Gespräch betont. In Bezug darauf stellt sich wie bei anderen Medien auch hier die Frage: Welche Inhalte sind für welches Alter geeignet? Denn Gewalt spielt in vielen Videospielen eine übergeordnete Rolle – umso wichtiger sind altersgerechte Alternativen wie Mario Kart, Minecraft oder FIFA, die Spielspaß ohne gewalthaltige Inhalte bieten. Zur besseren Orientierung und Einschätzung der Spiele dient die USK-Einstufung. Diese richtet sich nach Kriterien wie Gewaltdarstellung und Realitätsnähe.  

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Aber Videospiele dienen nicht nur zur Unterhaltung von Kindern und Jugendlichen. Claudia Wimme betont einen oft übersehenen Aspekt: Videospiele ermöglichen gesellschaftliche Teilhabe – besonders für Menschen mit Behinderungen. Während Teilhabe in der analogen Welt oft mit Barrieren verbunden ist, schaffen Online-Welten niedrigschwellige Räume für Begegnung, Austausch und Gemeinschaft.

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Im Kontrast zu diesem Aspekt stehen die Schattenseiten der Gaming-Kultur. Deshalb spricht Dr. Felix Zimmermann mit uns über die Normalisierung von Antifeminismus, Rechtsextremismus und Queerfeindlichkeit, die in manchen Bereichen der Szene, insbesondere in kompetitiven Online-Spielen, sichtbar wird. Gerade dort zeigen sich toxische Kommunikationsstrukturen, die nicht ignoriert werden dürfen. Um diese negativen Entwicklungen möglichst klein zu halten, sollten sich Erziehungsberechtigte fragen: Was spielen Kinder und Jugendliche wirklich? Welche Discord-Server nutzen sie? In welche halböffentlichen Chats bewegen sie sich? All diese Fragen müssen gestellt werden – nicht aus Misstrauen, sondern aus Verantwortung. Denn: Radikalisierungsprozesse können sich gerade in solchen (halb-)öffentlichen digitalen Räumen unbemerkt entwickeln. Hier braucht es mehr Beobachtung, Aufklärung und Prävention – nicht nur zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, sondern auch zum Schutz der allgemein politischen Lage.

Nach diesem Gespräch folgte ein weiteres Highlight der Messe: E-Sport! Die E-Sport-Szene hat sich in den letzten Jahren etabliert und wächst stetig. Beispielhaft zeigt sich das beim Verein Munich eSports, der inzwischen über 4.500 Mitglieder zählt. Das Ziel dieser neuen „Sportart“: Es soll offen für alle sein. Auf der Gamescom selber kann man auch aktiv werden. Es besteht die Möglichkeit, mit Publishern ins Gespräch zu kommen, Vereine kennenzulernen oder selbst Teil eines E-Sport-Vereins zu werden.

Unser Fazit? Die Gamescom ist ein Ort für Begegnung, Kreativität und Spaß: Cosplay, hybride Kartenspiele, Merchandise, engagierte Initiativen und jede Menge „Bling-Bling“. Eines ist sicher: Bei der Gamescom 2026 sind wir wieder dabei! (as)

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Heimat erleben mit Antonia: Vom Bergbau in Laurenburg bis zur Eissporthalle in Diez

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Foto: BEN Kurier
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RHEIN-LAHN Was ist für Euch Heimat? Die Gemeinde, in der ihr lebt, die Familie, der vertraute Weg zum Bäcker, vielleicht auch der dörfliche Weihnachtsbaum, der jedes Jahr an derselben Stelle steht und festlich geschmückt wird? Heimat ist selten nur ein Ort. Es ist ein Gefühl, das sich aus kleinen Dingen zusammensetzt, aus Erinnerungen, Stimmen, Gerüchen, aus dem, was man kennt, ohne es jeden Tag bewusst zu sehen.

Für Antonia Schmitz ist Heimat der Blick in den Rhein-Lahn-Kreis. Dorthin, wo sie sich zu Hause fühlt und wo sie in ihrer Videoserie »Heimat erleben« immer wieder Menschen mitnimmt, um genau dieses Gefühl sichtbar zu machen. Noch einmal war der Landtagsabgeordnete Manuel Liguori ihr Gast. Gemeinsam sind sie losgefahren, um die Verbandsgemeinde Diez zu erkunden.

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Spuren aus einer anderen Zeit: Bergbau bei Laurenburg

Schon früh wird klar: Diese Reise hat Raum für das, was sonst untergeht. Ein außerplanmäßiger Stopp am Eingang von Laurenburg und plötzlich stehen sie vor Gleisen, die in ein ehemaliges Bergwerk führen. Daneben Loren, schweres Metall, das heute stillsteht und doch sofort Fragen auslöst: Wer saß hier drin, wohin ging die Fahrt, wie sah ein Arbeitstag aus, als diese Schienen noch genutzt wurden?

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Manuel Liguori erzählt von der Grube Holzappel, davon, dass hier bis 1952 Bergbau betrieben wurde. Bergbau im Rhein-Lahn-Kreis? Für viele klingt das im ersten Moment überraschend. Man denkt an andere Regionen, an Kohle und große Reviere und dann steht man hier, in Laurenburg, und merkt: Auch unsere Gegend hat diese Kapitel. Kapitel, die nicht laut sind, aber tief.

Antonia Schmitz schaut genauer hin, liest Schilder, bleibt an einem Begleitwagen hängen. Drei Sitzplätze, für drei Personen. Und mit diesem Detail wird aus einem Ausstellungsstück ein Bild: Drei Männer, eng nebeneinander, die Fahrt in den Berg hinein, in eine beschwerliche Arbeitswelt, in der Technik und Hilfsmittel längst nicht das waren, was wir heute kennen. Liguori spricht von Eisenerzen und Kupfer, davon, dass der Bergbau Menschen in Lohn und Brot brachte und dass solche Orte leicht in Vergessenheit geraten, wenn niemand mehr anhält und erzählt, was hier einmal war.

Zurück an die Wurzeln: Die Nicolaus-August-Otto-Schule in Diez

Die Fahrt führt weiter nach Diez. Im Auto sind es andere Gespräche, leiser, nachdenklicher. Gedanken zur Region, zur Familie, zur Weihnachtszeit, die vieles in ein besonderes Licht rückt. Und dann steht sie vor ihnen: die Nicolaus-August-Otto-Schule. Ein Name, der im Rhein-Lahn-Kreis Gewicht hat. Zuletzt hatte die Serie bereits einen Stopp in Holzhausen gemacht, dem Geburtsort von Nicolaus August Otto, wo ein kleines Museum an ihn erinnert. Diesmal geht es zur berufsbildenden Schule, die seinen Namen trägt und die für Manuel Liguori weit mehr ist als ein Gebäude.

Hier war er Schüler. Hier hat er gelernt. Und später stand er selbst vorne, als Lehrer. Antonia Schmitz fragt, und Liguori erzählt seinen Weg so, dass man spürt: Das ist nicht einfach eine Station im Lebenslauf, das ist ein Stück Biografie. Nach der Hauptschule kam er an diese Schule, machte eine Ausbildung als Maler und Lackierer, verbrachte hier prägende Jahre. Später eröffnete das berufliche Gymnasium eine Möglichkeit, die für ihn eine Tür geöffnet hat. Abitur, Studium, Referendariat. Und dann die Rückkehr: nicht mehr an die Schulbank, sondern ins Klassenzimmer, dorthin, wo er selbst unterrichtet hat.

Während sie durch die Räume gehen, entsteht etwas, das man nicht planen kann: eine kleine Reise zurück. In Fluren, in Klassenzimmern, in der Aula. Erinnerungen, die plötzlich wieder da sind. Ein wehmütiger Seufzer zwischen den Sätzen, weil man merkt, wie sehr ein Ort einen prägen kann und wie schnell die Zeit darüber hinweggeht. Antonia Schmitz lässt diese Momente stehen.

Natürlich durfte auch ein wenig gelacht werden in der Serie Heimat erleben | Foto: BEN Kurier

Auf dem Eis: Durchatmen in der Eissporthalle Diez

Die Eissporthalle Diez ist der letzte Stopp und wahrscheinlich der Ort, den die meisten sofort fühlen, noch bevor sie ihn betreten. Wer war nicht irgendwann einmal dort? Mit den Eltern, Großeltern, mit Freunden, mit der Schule oder einfach, weil Winter ist und man für zwei Stunden vergessen will, was draußen wartet.

Antonia Schmitz und Manuel Liguori schnüren die Schlittschuhe, drehen ein paar Runden. Es ist dieses einfache Glück, das man nicht erklären muss: Kufen auf Eis, kalte Luft, Bewegung, Lachen. Liguori erzählt, dass er die Halle seit Jahrzehnten kennt, dass er hier gern ist, dass hier viel geboten wird, für Familien, für Vereine, für alle, die es einfach mal ausprobieren wollen.

Dann kommt Peter Dörner ins Bild. Er ist Geschäftsleiter, einer der Betreiber, und er spricht Klartext: Die Eishalle wurde zum 1. August 2025 gekauft, ein großes Wagnis, das man nicht mal eben nebenbei eingeht. Dörner beschreibt, was hier möglich ist: Besuche von Schulklassen und Kindergärten, Vereinsbetrieb mit Eishockey und Schlittschuhlauf, ein Schlittschuhverleih für alle, die keine eigenen haben, Veranstaltungen und Spiele. Und er erzählt von den Highlights, die Menschen anziehen: sieben Tage Betrieb, lange Öffnungszeiten und am Samstagabend die Eisdisco: Licht, Musik, Atmosphäre.

Man merkt schnell: Hier steckt richtig viel Herzblut drin. So, wie viele Menschen in der Region eben sind: harte Schale, weicher Kern. Dörner wirkt wie jemand, der nicht nur eine Halle verwaltet, sondern sie lebt. Mit einem Blick für Kinder, für Familien, für das Publikum, das hier nicht konsumieren will, sondern erleben. Und damit schließt sich der Kreis dieser Reise. Von den stillen Gleisen bei Laurenburg über die Wurzeln in einer Schule bis hin zum Eis, auf dem man für einen Moment einfach loslassen kann.

Heimat erleben heißt manchmal genau das: zuhören, anhalten, hinschauen. Und am Ende bleibt nicht nur ein Dreh, sondern eine Geschichte. Eine Geschichte über unseren Rhein-Lahn-Kreis und über Menschen, die hier verwurzelt sind (dk).

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Gesundheit

Zusammenreißen statt trauern? Warum unsere Gesellschaft den Verlust nicht aushält Wenn Rückzug keinen Platz mehr hat und Gefühle stören: ein Gespräch über Trauer in unserer Zeit

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Foto: Anja Schrock | Lizenz: Envato
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BAD EMS Ein leerer Stuhl, wo du einst saßt. »Die Stille schreit, du fehlst so sehr«, mit diesen Zeilen beginnt Folge 2 (Teil A) der Reihe »Rund um die Trauer«, in der Moderatorin Anja Schrock erneut mit dem Gestalttherapeuten und Philosophen Mathias Jung spricht. Diesmal geht es um Trauer und Gesellschaft: um Erwartungen, um den sozialen Blick von außen und um das, was an Ritualen verschwunden ist.

Jung beschreibt, wie sich frühere, sichtbare Trauerzeichen »wie Salmiak-Geist« aufgelöst hätten. Das Trauerjahr, schwarze Kleidung, ein Trauerband am Revers: Früher habe das Umfeld am Arbeitsplatz sofort gewusst, dass hier Rücksicht und Schonung nötig sind. Heute passe diese Form von Rückzug kaum noch »rein«, ein Verlust, sagt Jung, weil dadurch auch ein gemeinsamer Rahmen fehle, in dem Trauer mitgetragen wird.

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Ein zentraler Punkt des Gesprächs ist der Gegensatz zwischen Beschleunigung und Trauer. Der Alltag ist getaktet, Rollen müssen funktionieren: Kind zur Schule, Arbeit, Verantwortung. Trauer dagegen sei Entschleunigung, Innehalten, ein Moment, in dem »die Zeit stillsteht«. Jung formuliert es drastisch: Schon dass die Sonne am nächsten Tag ungerührt wieder aufgeht, könne sich wie eine Kränkung anfühlen. In einer Leistungsgesellschaft hätten Gefühle oft »keinen Platz«,  sie gelten als hinderlich.

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Wie konkret diese Überforderung aussehen kann, zeigt eine vorgelesene Zuschrift: Eine Frau schildert den Tod ihres Mannes nach einer Herzoperation und die Doppelbelastung aus Trauer, Alleinverantwortung und familiärem Druck. Während sie für ihre vierjährige Tochter stark sein muss, geraten gleichzeitig alte Abhängigkeiten zurück ins Leben: Entscheidungen, Grenzen, wirtschaftliche Fragen. Jung nennt den Tod in diesem Fall eine Katastrophe, die man nicht »verkleinern und wegreden« dürfe. Der Verlust sei wie eine »Amputation bei lebendigem Leibe«, Trost stelle sich zunächst nicht ein.

Deutlich wird das auch in der Kritik an gut gemeinten Floskeln. Sätze wie »Die Zeit heilt alle Wunden«, »Er oder Sie ist an einem besseren Ort« oder »Das wird schon wieder« seien oft nicht hilfreich, manchmal sogar kränkend. Jung widerspricht ausdrücklich: Zeit allein heile nichts. Trauer brauche Verarbeitung, Gespräch, das Recht, erschüttert zu sein. Und: Wunden dürften bleiben, weil sie auch Bindung bedeuten: Ausdruck dessen, dass der Verstorbene nicht gleichgültig ist.

Am Ende wird der Blick auf den Umgang im Umfeld gelenkt: Sprachlosigkeit, Themawechsel, Schweigen, das könne für Trauernde grausam sein. Stattdessen helfe es, dazubleiben, zuzuhören, die Geschichte auch »zum zehnten Mal« zu hören und Fragen zu stellen wie: »Wie geht es dir im Augenblick?« In einer weiteren Zuschrift beschreibt Carina Trauer als etwas, das kommt und geht: ausgelöst durch Musik, Erinnerungen, Momente. Abschütteln lasse sie sich nicht, akzeptieren müsse man sie, und lernen, mit ihr zu leben.

Folge 2 (Teil A) endet mit dem Ausblick auf Teil B, der sich Regeln und Ritualen widmet und der Frage, wie andere Kulturen mit Tod und Trauer umgehen.

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Gesundheit

Reden über das, was weh tut: „Trauer verstehen“ startet mit eindringlicher erster Folge Premiere der sechsteiligen Serie mit Anja Schrock und Philosoph Matthias Jung

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Foto: Anja Schrock
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GESUNDHEIT  Mit der Premiere der sechsteiligen Filmreihe „Trauer verstehen – Eine Reise, die uns alle betrifft“ haben Moderatorin Anja Schrock und der Gestalttherapeut und Philosoph Mathias Jung einen eindringlichen, zugleich behutsamen Auftakt gesetzt. In der ersten Folge widmen sie sich einer grundlegenden Frage: Was ist Trauer und wie zeigt sie sich?

Beide Gesprächspartner sprechen nicht aus theoretischer Distanz. Sowohl Anja Schrock als auch Mathias Jung sind selbst von Trauer betroffen. Genau diese persönliche Betroffenheit verleiht der Sendung ihre besondere Tiefe. Ziel der Serie ist es, Trauer in ihren vielen Facetten sichtbar zu machen, zu erklären und ein besseres Verständnis für einen Prozess zu schaffen, der jeden Menschen irgendwann betrifft.

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Trauer kennt kein festes Schema

Trauer, so macht Mathias Jung deutlich, ist kein klar strukturierter Ablauf mit festen Phasen. Sie ist ein Wechselspiel unterschiedlichster Gefühle: Schuld, Wut, Einsamkeit, Verlassenheit, aber auch Liebe und Sehnsucht. Diese Emotionen folgen keinem strengen Plan, sondern spiegeln Persönlichkeit, Lebensgeschichte und konkrete Situation wider.

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Jung verweist dabei auf den Psychoanalytiker Erich Fromm, der von der Fähigkeit und Unfähigkeit zu trauern spricht. Trauern sei nichts Selbstverständliches, es müsse gelernt werden. In vielen Fällen beginne Trauer mit einem Schockzustand, der Menschen vollständig aus dem Alltag reißen könne.

Wenn selbst der Alltag zerbricht

In der Trauerforschung, so Jung, sei gut belegt, dass Betroffene in der ersten Phase oft nicht mehr in der Lage sind, selbst grundlegende Dinge zu tun. Essen, Schlafen, Körperpflege: all das könne plötzlich unmöglich erscheinen. In der jüdischen Tradition etwa werde Trauernden deshalb in den ersten Wochen Essen gebracht, weil sie sich selbst nicht versorgen können.

Zu den psychischen Reaktionen kommen häufig körperliche Symptome hinzu: Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Luftnot oder eine emotionale Erstarrung. Verleugnung sei ebenfalls eine typische Reaktion, das Gefühl, der Verstorbene könne jeden Moment wieder zur Tür hereinkommen.

Der gute und der böse Tod

Ein zentraler Teil der ersten Folge ist die Unterscheidung zwischen dem sogenannten »guten« und dem »bösen« Tod. So problematisch diese Begriffe auch seien, sie beschrieben unterschiedliche Formen des Abschieds. Ein „guter Tod“ könne dann vorliegen, wenn ein Mensch alt ist oder eine schwere Krankheit als Erlösung endet.

Matthias Jung spricht hier sehr persönlich über den Tod seiner Frau, die innerhalb weniger Tage an einer Gehirnblutung starb. Entscheidend sei für ihn gewesen, ihren Tod aus ihrer Perspektive zu verstehen – nicht aus dem eigenen Verlust heraus.

Dem gegenüber stehe der „böse Tod“: sinnlos, zu früh, nicht erklärbar. Jung erinnert an den Tod seines neun Jahre alten Bruders, der kurz nach dem Krieg an einer Lungenentzündung starb – heute behandelbar, damals tödlich. Solche Verluste ließen sich nicht beschönigen. Phrasen wie »Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen« wirkten in solchen Situationen eher zynisch. Wut, Verzweiflung und das Recht auf Anklage seien erlaubt – auch gegenüber Gott.

Wann Trauer krank macht

Trauer ist notwendig, betont Jung. Auch negative Gefühle gehören zum Leben. Problematisch werde es dann, wenn Trauer nicht mehr endet und ein Mensch dauerhaft im Verlust verhaftet bleibt. Schon in der Antike habe es mit dem »Trauerjahr« klare zeitliche Vorstellungen gegeben.

Dauernde Trauer jedoch weit darüber hinaus an und verhindere die Rückkehr ins Leben, spreche man von einer schweren psychischen Störung. In solchen Fällen sei therapeutische Hilfe nicht nur sinnvoll, sondern notwendig.

Ein skandinavisches Märchen, das Jung erzählt, illustriert diese Gefahr eindrücklich: Ein Mann, der seine verstorbene Frau nicht loslassen kann, verliert darüber Jahrzehnte seines eigenen Lebens.

Trauer kann auch schöpferisch sein

Besonders bewegend ist der O-Ton von Ernst Engel, der nach dem Tod seines Sohnes die Thomas-Engel-Stiftung gründete. Engel verlor innerhalb weniger Jahre seinen Bruder, seine Eltern, seinen Sohn und später auch seine Frau. Trotz, oder gerade wegen, dieses Leids entschied er sich, anderen Kindern zu helfen.

Für Matthias Jung zeigt dieses Beispiel, dass Trauer nicht nur ein Malum, also etwas Schlechtes, sein müsse. Sie könne auch ein Bonum werden, eine heilige Zeit, in der Menschen neue Kraft entwickeln und eine schöpferische Antwort auf den Verlust finden. Der Schmerz verschwinde nie ganz, aber er könne verwandelt werden.

Männer trauern anders als Frauen

Ein weiteres zentrales Thema der Folge sind geschlechtsspezifische Unterschiede im Trauern. Frauen, so Jung, lebten ihre Trauer oft offener, sprächen darüber, weinten und erhielten Trost. Männer hingegen hätten häufig nie gelernt, Gefühle zu zeigen. Sie fressen Trauer in sich hinein, mit teils gravierenden psychischen und körperlichen Folgen.

Jung schildert offen, wie er selbst seine Trauer öffentlich machte, Tränen zuließ und Trost annahm. Diese Offenheit habe ihm geholfen. Gefühle zu zeigen sei kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Weg zur Heilung.

Passend dazu zitiert Jung die Mystikerin Hildegard von Bingen: »Die Tränen sind der Augen Regen.« Wenn die Augen das Fenster zur Seele seien, dann reinigten Tränen eine verwundete Seele. Trauer anzunehmen bedeute, die Realität des Verlusts zu akzeptieren – so schmerzhaft das auch sei.

Erst dadurch entstehe die Möglichkeit, das eigene Leben neu aufzubauen, ohne den Verstorbenen zu verraten.

Die besondere Trauer um die Mutter

Warum der Tod der Mutter oft als besonders schmerzhaft empfunden wird, erklärt Jung mit der frühen Bindung. Die Mutter sei die Urliebe des Lebens, der erste Ort von Nähe, Schutz und Zärtlichkeit. Diese Prägung bleibe, selbst dann, wenn das Verhältnis später schwierig werde.

Aus dieser frühen, tiefen Verbindung erkläre sich die oft brennende Intensität der Muttertrauer.

Die erste Folge von »Trauer verstehen« macht deutlich: Trauer ist kein Randthema, sondern Teil des Menschseins. Sie ist individuell, widersprüchlich, schmerzhaft und manchmal auch schöpferisch. In den kommenden Folgen wollen Anja Schrock und Mathias Jung weitere Formen des Abschieds beleuchten, auch jene, die nichts mit dem Tod zu tun haben.

Die Premiere setzt dafür einen eindrucksvollen, ehrlichen und zugleich tröstlichen Rahmen (dk).

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