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VG Diez

Seit 50 Jahren ist Diez Heimat: Die Familiengeschichte Özkan wurde eine Erfolgsgeschichte!

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DIEZ In den 50er und 60-er Jahren kamen die ersten türkischen Gastarbeiter nach Deutschland, auch nach Diez. Nicht alle wurden auf Dauer hier heimisch. Doch eine Familie konnte am 23. Januar 2023 stolz „das 50-Jährige“ feiern – so lange leben die Özkans nämlich bereits im Raum Diez. Bürgermeister Michael Schnatz kam auf Einladung von Ramazan und Mehmet Özkan beim großen Familientreffen gerne vorbei.

Der Familienname Özkan ist in der Verbandsgemeinde Diez wohlbekannt, sei es von einer großen Baufirma im Diezer Industriegebiet, oder aus der Gastronomie in Diez und Holzappel, oder von einer langjährigen Verkäuferin aus einer Diezer Bäckerei, oder aus den hier ansässigen Fußball- und Tennisvereinen, oder oder. Sie sind, um das Schlagwort schlechthin zu nutzen, bestens „integriert“. Dabei wird „Integration“ oft schon als ein großes Wort empfunden. Aber in diesem Falle ist es eigentlich eine Untertreibung: Die Menschen, die diesen Namen tragen, sind seit vielen Jahren im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Leben in Diez und Umgebung sehr aktiv und oftmals dort nicht mehr wegzudenken; die Özkans sind mit ihrer Heimat an der Lahn so tief verwurzelt wie jede und jeder andere, der hier vor 50
Jahren geboren oder aufgewachsen ist. Sie leben nicht nur zufällig hier, sondern sie sind ganz und gar Diezer, Holzappeler, Heistenbacher. Wie haben Sie das geschafft?

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In einem Gespräch mit Michael Schnatz haben die Brüder Ramazan und Mehmet Özkan viele Geschichten zu erzählen und stellen zunächst dar, wie ihr Vater Fahri seinerzeit als klassischer Gastarbeiter nach Deutschland kam. 1964 war das, da war er gerade seit wenigen Jahren mit seiner Frau Emine verheiratet. Gegen Ende des Jahres 1961 hatten Deutschland und die Türkei ein Anwerbeabkommen geschlossen, damit einerseits in Deutschland die vielen offenen Stellen vor allem für einfache Jobs in Fabriken besetzt und andererseits die angespannte Lage auf dem türkischen Arbeitsmarkt entlastet werden konnten, mit zeitlich begrenzter Dauer, ohne dass die „Gäste“ hier wirklich sesshaft werden – so war es jedenfalls vorgesehen.

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Und so hatte es auch Fahri Özkan geplant: Zunächst arbeitete er in Braunschweig, später in Salzgitter. Es war eine stundenreiche und anstrengende Arbeit, und es war ein ständiges Pendeln zurück in die Heimat. Aber es war gutes Geld. „Für eine gewisse Zeit nach Deutschland gehen, arbeiten, Geld sparen, Auto kaufen, mehr Geld sparen, nach
Hause zurückkehren, Haus kaufen“, sagt Ramazan Özkan, „der türkische Traum.“ Ganz so viel Geld war es derart schnell aber nicht. In der Türkei, in Cumra – zwei- einhalb Stunden von der Küste entfernt, nördlich von Antalya – brachte die Ehe mit Emine zwischen 1961 und 1972 fünf Kinder hervor: Ensar, Hatice, Mehmet, Ramazan und Bünjamin.

Als Fahri eine Anstellung bei einem bekannten Diezer Unternehmen, das unter anderem für seine Backformen bekannt ist, erhalten konnte, kam es zu jenem Stichtag, der  sich genau am 23. Januar zum fünfzigsten Male gejährt hat: Fahri zog nach Diez. Und in dieser Gegend sollte er für immer bleiben, in der Diezer Firma mehr als 25 Jahre beschäftigt sein. Seine Söhne Ramazan und Mehmet Özkan blicken zurück: „Im Januar 1973 hat unser Vater die ganze Familie nach Diez geholt.

“Wir haben zunächst in der Diezer Altstadt gewohnt, in der Pfaffengasse. Zwar ging damals sogar noch Autoverkehr durch die Straße, aber es war auch verdammt viel Leben in dieser Gegend! Kneipen, Läden, Menschen – das war für uns toll.“ Ramazan ergänzt: „Die Lahnanlagen, die Altstadt, der Baggersee – das waren unsere Spielplätze, damit verbinde ich ganz viele tolle Erinnerungen an meine Kindheit.“ Gespielt wurde ganz selbstverständlich mit den deutschen Nachbarskindern und Schulfreunden, aber auch mit den Kindern anderer ausländischer Familien.

Es waren damals etwa 20 Gastarbeiterfamilien, die in derselben Zeit wie die Özkans nach Diez kamen – die meisten sollten nicht für immer bleiben. Neben türkischen Gastarbeitern, mal mit, mal ohne Familien, waren es vor allem Menschen aus dem damaligen Jugoslawien und aus Italien, die in die Verbandsgemeinde Diez gekommen waren. „Mit den meisten hatte man sofort guten Kontakt“, so Mehmet weiter. Man half sich untereinander bei allen möglichen Problemstellungen, von denen ein jeder ja nur zu gut wusste.

„Einen tollen Kontakt, und dies von Anfang an, hatten wir aber auch zu den Deutschen, zu den Diezern. Wir waren nun einmal da, also musste man gemeinsam schauen, dass man zurechtkommt und was Gutes draus macht!“, betont Ramazan. In den ersten Monaten erhielten die Özkans viel Unterstützung durch deutsche Familien aus ihrer näheren Umgebung, aus den ersten Bekanntschaften über die Schule der Kinder oder über die Arbeit des Vaters. Die Unterstützung bestand aus Kleidung, Möbeln, Essen, vor allem aber aus Orientierung: „Wir hatten eine großartige Hilfestellung beim Durchdringen des deutschen Paragraphendschungels, bei wichtigen Formularen und bei Behördengängen. Wir erhielten unzählig viele gute Ratschläge, Hinweise, Richtungsweise, die uns das eigene und das gemeinschaftliche Leben nicht nur erleichtert haben, sondern die uns wahrhaftig und vollständig integrierten. So wurden wir Kinder zum Beispiel in den Sportvereinen von Anfang an sehr gut aufgenommen, und ich glaube, wir haben auch selber immer gut Gas gegeben. Das ist in unserer Familie schließlich die Lebensmotivation: einen gewissen Anspruch ans Leben haben, nicht bloß abwarten, von anderen etwas erwarten und selber nur rumhängen!“, machen Mehmet und Ramazan deutlich.

Als Kinder sprachen die fünf Geschwister ausschließlich deutsch miteinander. Alle fünf hatten einen großen Freundeskreis, vor allem mit deutschen Kindern. Ausländerfeindlichkeit habe die Familie nie erfahren, so Ramazan weiter. „Klar hat man uns auch mal `Kümmeltürke ́ genannt, so wie wir selber den Italienern `Spaghettifresser ́ hinterhergerufen haben. Aber das war alles nur neckisch, wie man unter Kumpels, unter Freunden eben auch mal spaßeshalber geredet hat. Nein, wirklich ausländerfeindlich ging es nie zu. Wir selber waren aber auch nicht so empfindlich wie es heutzutage oftmals der Fall ist. Gerne äußern sich ja hierzu Personen, die selber gar keine Ausländer sind…“, grübelt Ramazan.

Die Frage, wie eine Familie eine so gute Integration schaffen konnte, ohne dass das Wort Integration damals überhaupt so in Gebrauch war wie es heute der Fall ist und
zu einer Zeit, als viele Hilfsangebote von Staat und Kirche noch gar nicht existierten, beantwortet Ramazan so: „Ich glaube, dass zwei Dinge sehr entscheidend sind.
Sympathie und Toleranz. Von beiden Seiten. Wenn man freundlich und offen aufeinander zugeht, wenn man es schafft, sich auf etwas einzulassen – dann klappt das. Wenn man nämlich erkennt, dass der andere es doch genauso macht und mir gar
nichts Böses will: Dann ist schon alles erreicht. Dann lebt man nicht nebeneinander,
sondern miteinander.“

Die heute vorherrschende, mitunter und jedenfalls nach Ramazans Auffassung oft übertriebene Sensibilität verhindere dies eher. Ein lockerer Umgang mit dem Leben, mit anderen Menschen, ohne Voreingenommenheit und dafür stets mit einem authentischen Lächeln – das sei viel wichtiger als jede Sprachregelung, sagt Mehmet.

Zurück und weiter in die Familiengeschichte: Gegen Ende der 70er fasste die Familie den Entschluss, doch wieder in die Türkei, in ihren Heimatort Cumra zurückzukehren.
Es war doch ihre Heimat? „Eine logistische Meisterleistung musste dafür erbracht werden: sieben Personen mit 26 Gepäckstücken“, schildert Ramazan lachend. Nach drei Monaten in der Türkei stellten alle miteinander aber fest: hier halten sie es nicht mehr auf Dauer aus, in Diez war schon zu viel entstanden, das sie jetzt vermissten. Also ging es wieder nach Deutschland, und diesmal für immer. Heimat ist eben relativ. Was ist aus der zweiten, also der hier als Kinder aufgewachsenen Generation geworden? Stellvertretend erlauben Mehmet und Ramazan Özkan ihrem Gesprächspartner Michael Schnatz einen tiefen Einblick in einen Teil der weiteren Familiengeschichte:

Ramazan besuchte die Diezer Schulen bis zum Gymnasium, entschied sich dann aber doch für eine Ausbildung und brach daher die Oberstufe ab. Schon als Schüler hatte er in einem Diezer Baumarkt gejobbt, und nach der Schule rasch zu arbeiten und Geld zu verdienen, war ihm wichtig. Geradezu als sinnhaftes Beispiel für seine Erzählungen über das damalige gute Miteinander und die große Unterstützung durch die Diezer kam es dann dazu, dass ihm im selben Baumarkt eine kaufmännische Ausbildung ermöglicht wurde, die er auch erfolgreich abschloss.

Eine weitere Station im Berufsleben war dann die Tätigkeit bei einer Limburger Bank – zeitgleich hatte es auch seinen Bruder Mehmet, der zunächst Rechtsanwaltsfachangestellter gelernt hatte, dorthin verschlagen. „Mein Bruder Mehmet war seinerzeit Jahrgangsbester in der Haupt- und später ebenso in der Berufsschule“, wie Ramazan stolz betont. Mehmet engagiert sich seit vielen Jahren und auch weiterhin sehr, um neu ankommenden ausländischen Familien Hilfestellung und Orientierung zu geben. „Das ist Ehrensache, dass man auch etwas zurückgibt“, sagt Mehmet selbst dazu.

Heute führt er gemeinsam mit seinem Schwiegersohn dessen Gas-Wasser-Sanitär-Installationsbetrieb im Diezer Industriegebiet. Bruder Ensar arbeitete nach dem Schulabschluss zunächst bei einer großen Diezer Baufirma, machte sich aber rasch in derselben Branche selbständig und ist mit seinem in der Robert-Bosch-Straße ansässigen eigenen Unternehmen mittlerweile selber ein bedeutsamer Arbeitgeber in der Stadt Diez. Schwester Hatice hatte zunächst Näherin gelernt, sie arbeitet seit vielen Jahren als Fachverkäuferin in einer Diezer Bäckerei und ist bei ihrer Kundschaft überaus beliebt, so wie sie ihrerseits ihre Arbeit und ihre Kunden liebt. Der jüngste, Bünyamin, betreibt seit einigen Jahren erfolgreich eine Pizzeria in Holzappel.

Und Ramazan? Vor allem im Fußball war und ist er in seinem Element, als Spieler wie als Trainer. „Speziell im Vereinsleben trifft man mit enorm vielen Menschen zusammen. Das schafft Bindungen, oft auch Freundschaften. Da blühe ich auf.“ Gewiss ein ganz maßgeblicher Baustein dafür, so Ramazan, dass eine Integration gelingt und man tiefe Wurzeln in der neuen Heimat schlagen kann. Beruflich entstand bei Ramazan bald das Verlangen, selbständig zu sein. Sein Bruder Bünjamin hatte es sozusagen vorgemacht, mit seiner ersten Pizzeria in Dietkirchen. „Meine Frau Steffi ist gelernte Hotelfachfrau. Es hat uns immer in den Fingern gejuckt, etwas Eigenes in dieser Richtung auf die Beine zu stellen. So haben wir uns dann vor 20 Jahren dazu entschlossen, den ersten eigenen Betrieb zu eröffnen.“ Aktuell betreibt das Ehepaar von Ostern bis Oktober ein Pizza- und Burger-Restaurant am Golfplatz gegenüber vom Herthasee Holzappel, im Winterhalbjahr wechselt der Betrieb regelmäßig nach Diez in die Tennishalle nahe der JVA. Dabei ist es beiden gelungen, sich einen guten Namen zu machen – während des Gesprächs mit Michael Schnatz an einem Freitagabend ist
das Restaurant sehr gut besucht und es werden etliche Speisen „to go“ zubereitet zur Abholung.

„Ich liebe diesen Beruf und den damit verbundenen Trubel“, so Ramazan. „Und es schmeckt ausgezeichnet!“, konstatiert Michael Schnatz, der sich zum Abschluss des guten Gesprächs eine nicht weniger gute Pizza munden lässt. Alle fünf Geschwister haben eigene Kinder und es gibt auch schon die ersten Enkel – vier Generationen also, mit denen Familie Özkan hier heimisch ist und sich in so vielen Bereichen einbringt. Michael Schnatz war sehr erfreut, als die Brüder Mehmet und Ramazan ihn auf das Familienjubiläum aufmerksam machten und ihn dazu einluden: „Familie Özkan ist ein ganz tolles Beispiel dafür, wie man mit einer unverkrampften, vorurteilsfreien Einstellung nahezu alle Wege ebnen kann“, so der Bürgermeister.

Einer solchen Einstellung bedarf es natürlich auf beiden Seiten – am Ende haben dann auch beide Seiten einen einzigartigen Gewinn!“ Bürgermeister Michael Schnatz gratulierte Familie Özkan herzlich zu ihrem „50-Jährigen“ hier in Diez und überreichte ein kleines Präsent. „Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass Ramazan und Mehmet Özkan anlässlich dieses Jubiläums die Gelegenheit gegeben haben, mit ihnen und durch ihre Erzählungen einmal tief in die Familienhistorie zu blicken, in die damaligen Wünsche, Erwartungen, Umstände, aber auch die damaligen Schwierigkeiten und Herausforderungen – und wie sie es geschafft haben, das alles zu meistern. Vielen Dank dafür, lieber Rama und lieber Mehmet, dass ihr uns auf diese Weise teilhaben lasst an einer echten Erfolgsgeschichte aus der Verbandsgemeinde Diez – Eurer Erfolgsgeschichte!“, so Schnatz.

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Blaulicht

Alexander Ott bleibt Wehrführer der Feuerwehr Holzappel: Yannic Wagner ist neuer Stellvertreter

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HOLZAPPEL Wegen Ablaufs der Amtszeit war eine Neuwahl des Wehrführers für die Feuerwehreinheit Holzappel durchzuführen. Daher war für den 10. November zu einer Wahlversammlung in der Stützpunktwehr Holzappel eingeladen worden. Neben den wahlberechtigten Aktiven der Einheit war auch Bürgermeisterin Maren Busch, der stellvertretende VG-Wehrleiter Thomas Wilbert und Holzappels Ortsbürgermeister Harald Nöllge erschienen.

Aus der Mitte der Versammlung wurde der bisherige Wehrführer Alexander Ott einstimmig in seiner Funktion bestätigt. Somit ist der bisherige auch der künftige Holzappeler Wehrführer. Für seine Bereitschaft, sich nicht nur als aktiver Feuerwehrmann zu engagieren, sondern weitere zehn Jahre Verantwortung für eine ganze Einheit zu übernehmen, dankte Bürgermeisterin Maren Busch sehr herzlich und gratulierte Alexander Ott zu seiner Wiederwahl.

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Außerdem wurde Harald Kremer auf eigenen Wunsch aus der Funktion des stellvertretenden Wehrführers entpflichtet. Die langjährigen Verdienste Kremers wurden durch die Bürgermeisterin gewürdigt, und gemeinsam mit dem stellvertretenden VG-Wehrleiter Thomas Wilbert dankte sie ihm besonders dafür, dass er auch weiterhin den Feuerwehrnachwuchs ausbilden will.

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Es war daher auch ein neuer stellvertretender Wehrführer zu wählen. Hierfür wurde aus den Reihen der Versammlung Yannic Wagner vorgeschlagen. Auch er wurde einstimmig gewählt und von der Bürgermeisterin zunächst kommissarisch mit seiner neuen Funktion beauftragt, weil er vor der endgültigen Ernennung noch den notwendigen Zugführerlehrgang absolvieren muss.

Ortsbürgermeister Harald Nöllge dankte der gesamten Einheit für das stets gute Zusammenwirken zwischen Gemeinde und Feuerwehr und spendete privat einen Geldzuschuss für die Holzappeler Kameradschaftskasse.

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Linienverkehr eingestellt: Zahlreiche Busse im Rhein-Lahn-Kreis fahren nicht – Eltern organisieren Fahrgemeinschaften

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RHEIN-LAHN Der gestrige Wintereinbruch hat auch den Linien- und Schulbusverkehr in Teilen des Rhein-Lahn-Kreises zum Erliegen gebracht. In den gestrigen Abendstunden und der Nacht waren die Feuerwehren im Dauereinsatz. Zahlreiche Bäume sind unter der Schneelast umgestürzt und blockierten die Straßen.

Am stärksten betroffen war die Verbandsgemeinde Diez und Aar-Einrich. Auch im Bereich Bad Ems-Nassau mussten die Feuerwehren zu zahlreichen Einsätzen ausrücken.  Heute früh standen zahlreiche Kinder vergebens an den Bushaltestellen. Viele Busverbindungen sind ausgefallen. Das Unternehmen Martin Becker teilt auf seiner Webseite mit, das in den Linienbündeln Aar-Einrich und Diez der Fahrbetrieb ausgesetzt ist durch umgestürzte Bäume. Teilweise wären Straßen noch immer voll gesperrt.

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Im Blauen Ländchen sähe es deutlich besser aus. Dort wären die Straßen größtenteils wieder befahrbar. Der Fahrbetrieb dort wird ausgeführt. Genauere Angaben finden Sie hier https://www.mb-bus.de/de/strecken/rhein-lahn-kreis/linie/531#verkehrsmeldungen

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Bei Modigell & Scherer sieht es ähnlich aus. Alle Busverbindungen sind ausgesetzt, außer die Linie 11. Wann es dort wieder weitergehen kann, ist unklar. Laut Modigell & Scherer soll man auf die Webseite des Verkehrsverbundes achten unter https://www.vrminfo.de/

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VG Diez

Gemeinsam zusammen aus Diez: Stille Stunde gewinnt den Social Design Award des Spiegels

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DIEZ Der örtliche Verein “gemeinsam zusammen e.V.” wurde vom Spiegel mit dem ersten Platz des Social Design Awards ausgezeichnet, wobei insgesamt 24% der Stimmen ihrem aktuellen Projekt “Stille Stunde” gewidmet wurden. Die Vorsitzende Anne Olschewski und ihr Projektteam zeigen sich begeistert über diese besondere Würdigung in Hamburg.

Das Projekt begann als Initiative, eine Kampagne zu starten, um Unternehmen dazu zu bewegen, für eine bestimmte Zeit reizarme Umgebungen zu schaffen. Doch schon bald wurde klar, dass hier mehr im Spiel ist als nur eine kurzfristige Aktion. „Menschen mit nicht sichtbaren Behinderungen werden in Bezug auf Inklusion oft vernachlässigt. Das Besondere daran ist, dass dies meist nicht auf Ignoranz zurückzuführen ist, sondern auf eine weit verbreitete Unwissenheit in der Gesellschaft, der Politik und sogar im medizinischen Bereich“, erklärt Olschewski.

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Daher startet das Projekt nun einen deutschlandweiten Appell an jeden Landkreis, die Besonderheiten von Menschen mit nicht sichtbaren Beeinträchtigungen anzuerkennen und zu berücksichtigen. Hierfür wurden Listen und Impulse mit sensorischen Barrieren gemeinsam mit Betroffenen entwickelt. „Wir haben uns tatsächlich als Ziel gesetzt, einen gesellschaftlichen Wandel und eine Erweiterung der Definition von Inklusion und Barrieren herbeizuführen“, erklärt Olschewski. Politiker haben bereits positive Rückmeldungen gegeben und signalisieren, dass sie dieses Anliegen in Ausschüssen und Gremien vorantreiben möchten. „Wir waren entsetzt, als wir verstanden haben, dass die Lebenserwartung von Autisten um ca. 16 Jahre reduziert ist und das dies häufig an den Umständen und nicht an der Behinderung liegt. Daher geht es nicht nur darum, dass Licht zu dimmen, sondern den Menschen zu helfen, einen Platz in der Gesellschaft zu finden“, berichtet Kristina Schmalz von gemeinsam zusammen e.V.

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Das zentrale Thema des Projekts ist neben der Aufklärung und Sensibilisierung auch die Hervorhebung kaum bekannter Tatsachen. Kaum jemand ist sich bewusst darüber, dass eine Fachkraft für Autismus bei der Lebenshilfe mit ihren Klienten teilweise jahrelang übt, nur um ein einfaches Bällchen Eis zu bestellen. Kinder werden in der Schule oft als Zappelphilippe bezeichnet, obwohl die kognitive Verarbeitungsmenge ihres Gehirns einem Hochleistungssportler gleicht. Oftmals reißen sich Menschen in der Öffentlichkeit zusammen und passen sich an, ein Phänomen, das als Maskierung bezeichnet wird. Allerdings erfordert diese Form der Bewältigung enorm viel Kraft, und besonders bei Kindern kommt es häufig zu Zusammenbrüchen, sobald sie zu Hause sind.

Die Stigmatisierung der betroffenen Menschen führt zu einer Art Kompensationsmechanismus, welcher wiederum neue Erkrankungen wie Depressionen oder Angstzustände begünstigen kann. Zusätzlich ist es wenig bekannt, dass Diagnosen im Bereich neurodivergenter Erkrankungen oft auf maskuline Stereotypen ausgerichtet sind. Frauen erleben nicht selten Fehldiagnosen und werden jahrelang aufgrund dieser irreführenden Diagnosen behandelt. Oftmals erhalten sie erst dann die richtige Diagnose, wenn sie bereits am Ende ihrer Kräfte sind.

Wer ist betroffen? Menschen mit ADHS, im Autismus-Spektrum, aber auch mit MS, Depressionen, Longcovid, Migräne und vielen anderen Beeinträchtigungen sind besonders anfällig. Eine Reizüberflutung kann bis zu einem “Meltdown oder Shutdown”, einem körperlichen Zusammenbruch, führen. Das Projekt identifiziert fünf Schlüsselbereiche für gesellschaftliche Veränderungen und den Abbau von sensorischen Barrieren:

  1. Politik: Politische Instanzen können auf unterschiedlichen Ebenen als Multiplikatoren, als Entscheider vor allem auch bei Anträgen sowie bei tatsächlichen Maßnahmen im öffentlichen Raum Veränderungen bewirken.
  2. Aufklärung: Unternehmen, Behörden und Multiplikatoren sollen sich aktiv für die Beseitigung von Diskriminierung und Ausgrenzung einsetzen. Der Begriff “Ableismus” wird hier nicht nur auf Behindertenfeindlichkeit beschränkt verstanden, sondern auch als alltägliche Übergriffe, die gut gemeint erscheinen. Verbale Übergriffe können zu einem verminderten Selbstwertgefühl bei Menschen im Autismus-Spektrum führen. Öffentliche Institutionen und Plätze müssen zukünftig auch sensorische Barrieren berücksichtigen.
  3. Schule/Kindergarten: Pädagogen und Lehrkräfte benötigen Unterstützung, insbesondere angesichts der Tatsache, dass 20% der Betroffenen neurodivergent sind. Frühzeitige Aufklärung für Verantwortliche, Schüler und Kindergartenkinder ist entscheidend. Sensibilisierung für Vielfalt und Aufklärung sollten von Anfang an eine Rolle spielen.
  4. Wirtschaft: In der Wirtschaft geht es zum einen um Teilhabe und den Handel als Multiplikator für den Abbau sensorischer Barrieren. Die Registrierung bei www.stille-stunde.com und die Beteiligung vieler Geschäfte setzen ein inklusives Zeichen. Eine Sensibilisierung bei Entscheidern sowie die Anpassung der Arbeitsplatzbedingungen zum anderen können die Zusammenarbeit verbessern.
  5. Gesundheit: Das Gesundheitssystem stellt eine besondere Herausforderung dar, da viele Ärzte und Psychologen nicht ausreichend über Autismus informiert sind. Therapieplätze sind knapp und mit langen Wartelisten verbunden. In einer Krise stoßen psychiatrische Krankenhäuser an ihre Grenzen, da sie gruppenbasiert sind.

Es ist wichtig, diese Themen anzugehen, da viele Betroffene mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert sind. „Die Gesellschaft muss sich bewusst machen, dass diese Menschen wertvoll und gut sind, wie sie sind. Wenn wir dies akzeptieren und ein bisschen weniger bewerten, haben wir schon einen großen Schritt geschafft.“ So Olschewski.

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