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Missbrauch in Koblenzer Kita frei erfunden

KOBLENZ Die unglaublichen Missbrauchsvorwürfe an einer 4-jährigen in der katholischen Kita Koblenz sind von der Mutter frei erfunden.

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Die unglaublichen Anschuldigen zum vermeintlichen Missbrauchsfall sind allesamt frei erfunden

KOBLENZ Am 10. September 2020 erstattete eine muslimische Mutter Strafanzeige gegen die katholische Kita in Koblenz wegen angeblichen schweren sexuellen Missbrauchs an Ihrer vierjährigen Tochter. Sie schilderte nahezu unfassbare Dinge die Ihrem Kind widerfahren sein sollen. Diese Meldung verbreitete sich ungebremst und rasend in den sozialen Medien und wurde tausendfach geteilt. Zahlreiche Menschen entrüsteten sich über die vermeintlichen Kinderschänder der Kindertagesstätte. Doch was war dran an den Vorwürfen? Nichts. Rein gar nichts.

Und dieses stellt die Gefahren der  instrumentalisierenden Berichterstattung und deren resultierenden ungefilterten Wahrnehmung dar. Schnell und gerne positionieren sich die Leser einer sensationellen Nachricht für das vermeintlich Gerechte ohne die Meldungen einem Faktencheck zu unterziehen.

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Hasskommentare gegen Mitarbeiter der Kita und die Justiz

Die Folgen sind verheerend. Für die in den sozialen Medien gebrandmarkten und unter Generalverdacht stehenden Mitarbeiter der Kita begann ein unglaublicher Spießrutenlauf. Wir zeigen Ihnen hier den Spiegel auf welches Unheil diese Mutter durch vorsätzlich falsche Verdächtigungen und Behauptungen über die Erzieher brachte.

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Diese angeblichen Vorfälle zu schildern fällt uns nicht leicht doch diese müssen genannt werden um die Realität darlegen zu können.

Die Mutter behauptete, dass Ihre Tochter (und weitere Kinder) sich duschen musste und sie neue Unterwäsche bekam. Faktencheck: Diese Aussage ist frei erfunden. Die Kita in Koblenz hält keine Ersatzunterwäsche vorrätig. 

Ihr Kind soll daraufhin in ein Zimmer mit Kinderbetten und zahlreichen Lampen gebracht worden sein.  Faktencheck: Diesen Raum gibt es erwiesenermaßen gar nicht.

Das vermeintliche Opfer wäre dann einem Mann zugeführt worden der sie vaginal und anal vergewaltigt haben soll. Dabei hätten angeblich die Mitarbeiter/innen der Kita dabei gestanden und alles gefilmt. Das Mädchen hätte sich die Tat zeitgleich auf Video mit ansehen müssen. Faktencheck: Bereits am angeblichen Tattag wurde das Kind gynäkologisch untersucht. Bei einem sexuellen Missbrauch hätte das Kind massive Verletzungen aufgewiesen. Hämatome wären ebenfalls sichtbar gewesen. Das vermeintliche Opfer wies keine Verletzungen auf. Die angebliche Tat kann so nie stattgefunden haben.


Originalvideo der Aussagen der Mutter die allesamt widerlegt wurden durch die Staatsanwaltschaft

Laut der Mutter hätte das Kind massive Verletzungen im Analbereich gehabt. Faktencheck: Das vermeintliche Opfer hatte keinerlei Verletzungen im Analbereich.

Die Polizei und Staatsanwaltschaft hätten zu spät ermittelt. Faktencheck: Die Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten mit großem Aufwand am gleichen Tag wo der vermeintliche Missbrauch stattgefunden haben sollte. 

Dem vierjährigen Kind sollen mit Spritzen (intravenös) betäubende Mittel eingeflößt worden sein. Zusätzlich behauptete die Mutter, dass ihre Tochter Bonbons essen musste welche Betäubungsmittel enthielten. Faktencheck: Es hab keinerlei Merkmale auf Einstiche durch Spritzen. Es konnten keine Betäubungsmittel im Körper des Kindes festgestellt werden. 

Angeblich hätten die anwesenden Erzieher eine Sex-Orgie während der vermeintlichen Vergewaltigung des vierjährigen Kindes abgehalten. Faktencheck: Einerseits behauptet die Mutter, dass die Erzieher die Taten filmten. Andererseits behauptet die Mutter dass sie eine Orgie abhielten. Wie dürfen wir uns das vorstellen? Alle Erzieher unterbrachen ihre Arbeit und verließen ihre Kindergartengruppen um an einer Orgie teilzunehmen? Und sämtliche anderen Kinder blieben brav in ihren Räumen und waren sich selbst überlassen? 

Die Mutter behauptete weiter, dass Ihre Tochter durch mehrere Männer missbraucht worden wäre. Faktencheck: Es wurde fast ausschließlich weibliche DNA gefunden. Keine DNA stammt aus Spermien.

Mehrere Männer hätten das Kind vergewaltigt: Faktencheck: Es gibt keine DNA Spuren zu den Männern. Keiner von den beschriebenen Männern arbeitet in der Kita.

Verschwörungstheoretiker verunglimpfen die Justiz und die Mitarbeiter der Kita

Nach wochenlangen und intensiven Ermittlungen unter dem Aktenzeichen 2070 UJs 28477/20 musste die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen da sich überhaupt kein Hinweis auf einen möglichen Kindesmissbrauch erhärtete. Die Aussagen der Mutter waren schlichtweg erlogen.

Nach der Einstellung des Ermittlungsverfahrens veröffentlichte die Mutter ein Video wo sie die Justiz in Koblenz massiv angriff. In diesem Video widerspricht sie sich häufig. Die Widersprüche sind für jeden Laien erkennbar. Dennoch wurde dieses dankbar in den sozialen Medien geteilt. Frei nach dem Motto: “Irgendwas muss ja dran sein an der Geschichte.” Und genauso wurde erneut argumentiert. Verleumderisch, üble Nachreden, Hass und Hetze gegen die Justiz und die Mitarbeiter der katholischen Kita.  Und natürlich wieder ungefiltert und ohne Faktencheck.

Häufig wurde sich darüber beschwert, dass die seriösen Printmedien etc. nur sehr verhalten zu dem angeblichen Vorfall berichteten. Doch warum taten sie das? Weil die Zweifel zu den widersprüchlichen Aussagen der Mutter bereits zu Beginn an sehr groß waren. Und genau diese zurückhaltende Berichterstattung erwies sich als goldrichtig. Auch dem BEN-Kurier waren diese vermeintlichen Vorfälle seit Wochen bekannt. Wir berichteten bewusst nicht.

Was bleibt ist ein Scherbenhaufen. Die Justiz und die Mitarbeiter der Kita wurden zu Unrecht an den Pranger gestellt. Unbelehrbare verbreiten weiterhin Hassparolen und eine einseitige Darstellung der nicht stattgefundenen Geschehnisse.

Der BEN Kurier stellt sich bewusst hinter die Mitarbeiter der katholischen Kita in Koblenz denn diese wurde in unglaublicher Weise verunglimpft. Was wir sehen durften ist ein funktionierendes deutsches Rechtssystem. Eine akribisch arbeitende Justiz welche umgehend reagierte und mit großen Aufwand ermittelte. Und genau dieses führte zur Einstellung des Verfahrens mit der erwiesenen Unschuld der Mitarbeiter der katholischen Kita in Koblenz. Und genau dieses ist die Aufgabe der Justiz. Festzustellen ob es eine Schuld oder bzw. einen Anfangsverdacht gibt oder auch nicht.

Hier bleibt aber noch ein weiterer bitterer Beigeschmack. Zu gerne wurde die Behauptung aufgenommen, dass die Justiz kein Interesse hätte die Tat aufzuklären da die Mutter bzw. das Kind einen islamischen Hintergrund hat. Dabei haben die Behörden einen immensen Aufwand betrieben um Beweise zu sammeln. Doch genau diese gab es nicht.

Letztlich stellt sich nur die Frage welche Triebfeder die Frau verspürte um eine solche ungeheuerliche und verleumderische Anschuldigung zu verbreiten?  Sensationsgier? Hass auf eine christliche Kita oder demokratische Werte? Eine psychische Störung?

Massive Verbreitung falscher Fakten in den sozialen Medien

Und wieder werden Kommentare zu lesen sein die der Justiz rechtsradikale Tendenzen unterstellen. Verschwörungstheoretiker kommen wie Ratten aus den Löchern und fühlen sich bestätigt. Ob das deutsche Rechtssystem perfekt ist? Jeder ist vor dem deutschen Gesetz gleich. Unabhängig seiner politischen Meinung, Geschlecht oder Religion. Und diese anklagende Mutter kommt aus einem Land wo sie einen solchen Rechtsschutz nicht genießt. Es ist der klägliche Versuch die deutsche Justiz auszunutzen und zu verunglimpfen.

Dabei zeigte sich genau in diesem Fall, dass die Polizei und Staatsanwaltschaft unabhängig der religiösen Hintergründe ermittelte.

Wir hoffen und gehe davon aus, dass die Mutter aber auch die Hasskommentatoren in den sozialen Medien, sich für ihre üblen Nachreden vor dem Gesetz verantworten müssen. Und wir wünschen uns, dass wir nicht der Versuchung unterliegen uns für solche Zwecke religiös instrumentalisieren zu lassen. Diese anklagende Frau wurde zum Täter an einer friedliebenden Gesellschaft. Und solchen Menschen darf man kein öffentliches Medium zum Verbreiten von Falschmeldungen geben.

Zum Nachlesen die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Koblenz

Staatsanwaltschaft Koblenz stellt Ermittlungsverfahren ein -Erstmitteilung 2070 UJs 28477/20

Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat heute ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs u.s.w. gegen namentlich nicht bekannte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Kindertagesstätte in dem Koblenzer Stadtteil Pfaffendorfer Höhe gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Eltern eines vierjährigen Mädchens, das die Kindertagesstätte besucht, hatten zur Anzeige gebracht, ihre Tochter habe ihnen erzählt, alle Kinder seien in der Einrichtung gebadet worden und hätten danach neue Unterwäsche von der Einrichtung erhalten. Danach sei sie von einer Erzieherin in einen Raum gebracht und dort von einem Mann sexuell missbraucht worden. Die umfangreichen Ermittlungen haben keine hinreichenden Hinweise darauf ergeben, dass sich die dem Verfahren zugrundeliegenden, angezeigten Straftat tatsächlich ereignet haben.

Eine noch am angeblichen Tattag vorgenommene körperliche – insbesondere gynäkologische – Untersuchung des Kindes hat keine eindeutigen Hinweise auf einen sexuellen Missbrauchs ergeben. Festgestellt wurde lediglich eine Rötung, die jedoch eine Vielzahl von Ursachen nicht notwendig mit einem sexuellen Missbrauch in Verbindung gebracht werden kann. DNA-Untersuchungen des Kindes und der am angeblichen Tattag von ihm getragenen Kleidung haben ebenfalls keine zureichenden Hinweise auf einen sexuellen Missbrauch ergeben.

Es wurde fast ausschließlich weibliche DNA vorgefunden. Eine nach Auskunft des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz „sehr geringe Spur“ männlicher DNA konnte infolge ihrer unzureichenden Menge nicht ausgewertet werden. Sämtliche festgestellte DNA stammt nach dem Ergebnis der Untersuchungen jedenfalls nicht aus Spermien. Überprüft wurden weiterhin die Angaben des Kindes zu den räumlichen Gegebenheiten, die im Rahmen des behaupteten sexuellen Missbrauchs eine Rolle gespielt haben sollen.

Dabei hat sich ergeben, dass es den hierzu angeblich genutzten Raum in der Einrichtung nicht gibt. Auch hält die Einrichtung keine eigene Unterwäsche vor, wie dies in der Anzeige behauptet worden ist. Die Personenbeschreibungen des Kindes entsprechen zudem nicht dem Aussehen von in der Kindertagesstätte Tätigen. Im Ergebnis haben die Ermittlungen daher keine Hinweise darauf ergeben, dass sich Missbrauchshandlungen in der Kindertagesstätte tatsächlich ergeben haben.

Soweit in sozialen Netzwerken gleichwohl ein Missbrauch behauptet wird, ist darauf hinzuweisen, dass die dort enthaltenen Aussagen, der Polizei und Staatsanwaltschaft lägen objektive Beweise wie Untersuchungsbefunde über Betäubungen oder Ähnliches vor, frei erfunden sind. Die Vorkommnisse in den sozialen Netzwerken einschließlich der dort geäußerten Beleidigungen, üblen Nachreden usw. werden daher daraufhin zu überprüfen sein, inwieweit sie ihrerseits Straftatbestände erfüllen.

Rechtliche Hinweise: Die Staatsanwaltschaft ermittelt, sobald ihr zureichende tatsächliche Hinweise darauf bekannt werden, dass eine Straftat begangen worden ist (§ 152 Abs. 2 StPO). Die Schwelle des sogenannten Anfangsverdachts ist daher vergleichsweise niedrig. Gemäß § 170 Abs. 2 StPO ist ein Verfahren einzustellen, wenn die Ermittlungen keine überwiegende Verurteilungswahrscheinlichkeit ergeben.

Dies ist üblicherweise dann der Fall, wenn ein Tatnachweis aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht hinreichend sicher möglich ist, geschieht aber auch, wenn die Ermittlungen keine Hinweise darauf ergeben haben, dass sich eine Straftat überhaupt ereignet hat oder wenn ihre Begehung sogar widerlegt ist.

gez. Kruse, Leitender Oberstaatsanwalt“

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Rauch im Schulbus: 18 Kinder der Realschule in Katzenelnbogen mit Atembeschwerden behandelt

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KATZENELNBOGEN Gegen 8 Uhr 30 Uhr wurde zunächst ein Kind mit Atemnot in einem Schulbus gemeldet. Nach einem lauten Knall soll sich Rauch im Inneren des Fahrzeugs gebildet haben. Die Kinder konnten umgehend den Bus verlassen. Dennoch mussten 18 Kinder mit gemeldeten Atembeschwerden vom leitenden Notarzt gesichtet werden.

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Laut dem Organisatiosleiter des Rhein-Lahn-Kreises Christian Elbert, wurde bei allen betroffenen Kindern mit einem speziellen Messgerät der Methämoglobin (Met-HB) Wert gemessen. Ein solches Instrument führt jedes Notfalleinsatzfahrzeug in Rheinland-Pfalz mit sich. Glücklicherweise konnte bei keinem der Kinder eine Rauchgasvergiftung festgestellt werden. Alle Messergebnisse waren unauffällig. Keiner der Schüler musste zur weiteren Behandlung in ein Krankenhaus gebracht werden.

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Im Einsatz waren die Rettungswagen aus Diez und Katzenelnbogen sowie ein Notfalleinsatzfahrzeug aus Diez.

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Gemeldeter Flächenbrand in Lahnstein – Hohenrain konnte schnell gelöscht werden

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Gemeldeter Flächenbrand in Lahnstein - Hohenrain konnte schnell gelöscht werden

LAHNSTEIN Gemeldet war in Lahnstein – Hohenrain ein Flächenbrand. Vor Ort stellten die Feuerwehreinheiten aus Lahnstein drei Brandstellen im Wald fest. Innerhalb kurzer Zeit konnten die Brände mit zwei Fahrzeugen abgelöscht werden. Im Einsatz waren die Lahnsteiner Feuerwehrwachen Süd und Nord. Da gerade Gerätedienst war, konnte schnell ein weiteres Fahrzeug eingesetzt werden.

Die vermutliche Brandursache war ein nicht richtig gelöschtes Aufwärmfeuer von Waldarbeitern.

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Warum?

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FREUDENBERG Der Beruf ist nicht immer eine Berufung. Gestern fuhr ich im Auftrag nach Freudenberg. Ich sollte Bilder festhalten von dem Ort, wo die 12-jährige Luise gestorben ist. Dort, wo die Menschen im Wald Blumen und Kerzen niederlegten. Ein letztes Andenken. Vor dem kleinen Andachtsplatz stand ein junger Mann mit seinem Hund. Stille. Die Blicke einfach nur leer. Er kannte Luise und auch die beiden mutmaßlichen Täterinnen flüchtig. Häufiger kamen sie den Waldweg entlang und grüßten so wie es Kinder nun mal tun.

“Dort hinten ist sie gestorben”, sagte der Mann mit leiser Stimme und zeigte auf ein tiefliegendes Waldstück. Sogar zahlreiche Fußspuren waren noch erkennbar. Vielleicht waren sie von der Polizei, von Luise oder den beiden Täterinnen. Man blickt von oben etwa 100 Meter in ein kleines Talstück abseits des Radweges. Ich wünschte, Luise hätte die Kraft gehabt, dort nicht mit hinzugehen. Hat sie sich gewehrt, hatte sie Angst und wusste sie, was ihr droht? Warum nur?

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Es ist gespenstisch still. Die Menschen vor Ort reden leise. Im Hintergrund zwitschern fast friedlich die Vögel. Ich stehe dort oben und habe einen Kloß der Trauer im Hals. Man muss nicht sehen, um zu verstehen. Ich möchte schreien, aber ich kann nicht. Warum nur?

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Man sieht viel, wenn man für eine Zeitung arbeitet, doch darauf ist man nicht vorbereitet. Die Gefühle fahren Achterbahn. Ich schaue ins Tal hinab, betrachte die Fußspuren und bin einfach nur entsetzlich traurig. Was hat sich dort nur abgespielt? Sterben durch die wahrscheinliche Hand der besten Freundin. Jemanden, dem man doch vertraut. Ich bin 52 Jahre alt und man macht sich natürlich Gedanken zum Sterben. Vielleicht ein wenig Torschlusspanik. Mancher möchte schnell gehen. Vielleicht im Schlaf sterben oder ein schneller Herzinfarkt. Das war nie mein Wunsch. Ich wollte mich immer verabschieden können. Die Hand eines geliebten Menschen halten, noch einmal in die Augen sehen und wissen, dass alles richtig war. Luise starb alleine. Sie hatte keine Hand, die sie hielt. Keine Mutter, kein Vater, der im letzten Moment bei ihr war. Kein Abschied. Nur der kalte Boden unter ihr im Wald. Wo ist da nur der Gott, von dem alle reden?

Ob diese Frage ernst gemeint ist? Für mich war sie es gestern. 52 Jahre lang wurde mir gesagt, ich soll glauben. Das neue Testament finde ich toll, aber wo warst du die vergangenen 52 Jahre? Die kleinen Zeichen erkennen und du warst da? Ich hätte gerne im Leben diesen Halt und Best Buddy gehabt, aber ich sehe dich nicht. Du hattest die Chance gehabt, dich bei Luise zu zeigen, um es zu verhindern.  Einmal ein großes Zeichen. Irrational? Ja. Rational denken konnte ich nicht mehr. Man fühlt vor Ort diesen Schmerz und die Trauer, obwohl man Luise selber nicht kannte. Warum nur?

Was muss dieses Mädchen ertragen haben? Vielleicht hätte sie gerettet werden können. Sie ist verblutet. Weiß man, dass man stirbt, wenn man verblutet? Ich könnte heulen. Zeit heilt alle Wunden, sagt man, doch wie sollen diese tatsächlich wieder gut werden? Es gibt so viele Opfer in der Geschichte. Die Eltern von Luise. Wie kann man das nur ertragen? Und die Eltern der Täterinnen. Auch diese sind Opfer. Wie soll man mit dem eigenen Kind und deren Schuld umgehen? Ist das überhaupt möglich? Und die Täterinnen? Ich rede mir ein, dass sie verroht sind und aus einer asozialen Familie kommen, doch genau das ist wohl nicht der Fall. Ich bin ein Kind der 80er. Verfehlungen hatten Konsequenzen. Mal war es der Stubenarrest oder auch eine Tracht Prügel. Ob das besser war? Es waren halt die 80er. Der Respekt vor den Eltern war groß und auch der Umgang mit Gleichaltrigen war anders. Auch früher gab es Streitigkeiten in der Schule und auch mal außerhalb, aber es wurde anders gelöst. Ob man sich prügelte? Klar. Man nahm in den Schwitzkasten und versuchte den Kontrahenten zu Boden zu zwingen. Und es wurde in den Bauch geboxt. Doch es gab da ein paar ungeschriebene goldene Regeln. Es wurde nicht ins Gesicht geschlagen und schon gar nicht getreten. Wenn der Unterlegene aufgab, war augenblicklich Ende. In der Schule wurde man auch noch von den Lehrern zurechtgewiesen. In der Grundschule stand ich so einige Male in der Ecke und Nachsitzen war mein Lieblingsfach.

So habe ich es aus meiner Sicht erlebt. Vielleicht verklärt man es mit der Zeit. Doch diese Gewaltexzesse, wie sie heute vereinzelt vorkommen, habe ich nie erlebt. Ich packe meine Sachen zusammen. Ich fahre das Stativ ein, schiebe die Kamera in die Tasche und gehe den Weg durch den Wald zurück ins Auto. Es ist wie das benommene Laufen auf Watte. 96 Kilometer bis nach Hause.

Auf dem Heimweg kreisen die Gedanken um Luise. Um den bedrückenden Ort. Mir kommen Tränen und ich rede mit einem Gott, den es wohl nicht gibt. Warum zeigt er sich nicht wenigstens einmal den Menschen. Jedem einzelnen? Wäre dann so etwas möglich? Vielleicht mit ein wenig Blitz und Donner alles Leid zu beenden und Erkenntnis zu bringen. Wie toll wäre das. Wir gewöhnen uns so schnell an das Schreckliche. Dort die Flutopfer der Ahr, der Syrien-Krieg, dann die Ukraine, das Erdbeben in der Türkei und Syrien und zwischendurch noch ein paar Morde. Was am Beginn unfassbar erscheint, verblasst und wird zur Normalität. Kaum noch jemanden erschrecken die Bilder aus der Ukraine. Man stumpft ab. Jede Hilfsaktion wird schwieriger.

Im Augenblick des Schreckens sind wir ergriffen, doch die Zeit lässt das Unfassbare zur Normalität werden. Man braucht nur Geduld. Meine Mutter starb schon früh in den 90ern. Am Anfang sah ich sie in meinen Träumen und hätte alles dafür gegeben, noch einmal fünf Minuten mit ihr reden zu dürfen. Nach und nach wurden die Bilder undeutlicher, der Schmerz ließ nach und heute kann ich sie nicht mehr in Bildern in meiner Erinnerung erfassen. Ja, dafür schämt man sich, aber vielleicht ist das ein Reflex. Die Erinnerungen verblassen, auch wenn man sie festhalten möchte.

So wird es auch hier sein. Ich frage mich oft, wie es die Rettungskräfte, Feuerwehrleute oder Polizisten schaffen, die Eindrücke zu verarbeiten. Ich hatte gestern keine Bilder gesehen, sondern nur Gedanken in dem Wald, wo Luise starb. Was aber machen erst dann die ehrenamtlichen und beruflichen Einsatzkräfte durch, wenn sie mit dem Tod konfrontiert werden? Wie löscht man diese Erinnerungen aus? Kann man da Abstand zu halten? Ich werde mich in Zukunft wahrscheinlich öfters einmal still fragen, wenn ich einen Feuerwehrmann sehe, was dieser bereits durchgemacht hat und wie er das verarbeiten konnte.

Was uns bleibt im Leben, sind die Erinnerungen. Die Festplatte des Lebens. So manche, würde man gerne gänzlich auslöschen. Am Montag gab es in Koblenz die Pressekonferenz zu Luise. Sämtliche Medienvertreter waren vor Ort. Auch wir. Dort wurden die ersten genaueren Ermittlungsergebnisse bekannt gegeben. Vorne saß ein sichtlich ergriffener Oberstaatsanwalt. Die Situation war surreal. Mit gebrochener Stimme berichtete der Jurist von den Geschehnissen. Und am Ende war auch klar, dass er nichts Genaues zum Tathergang und den Täterinnen sagen möchte. Man hätte es dabei belassen können. Das Unfassbare zu erklären, ist manchmal unmöglich. Die Erwartung an die Justiz ist es bei manchen, dass diese in maschinenartiger Professionalität emotionslos über das Geschehen berichten und vergessen gleichzeitig, dass dort Menschen sitzen, die ebenso Väter sind und fassungslos mit den Tränen kämpfen müssen. Und dennoch muss die Medienindustrie berichten und aggressiv nachfragen. Die große Story zählt offenbar mehr wie Empathie. Zum Kotzen!

96 Kilometer Autofahrt können sehr lange sein. Ich weinte um ein Kind, was ich nicht kannte. Ich führte vermeintliche Zwiegespräche mit Gott. Hätte mich einer im Auto gesehen oder gehört, hätte er wahrscheinlich einen Psychologen zurate gezogen. Antworten? Gibt es tatsächlich eine echte erklärende Antwort auf eine solche Tat? Es tut weh. Man fühlt den Schmerz mit Luise. Ihre Angst und Verzweiflung und man weiß nicht, wie man mit den Täterinnen umgehen soll. Nach Immanuel Kant würde es Auge um Auge gehen. Der Wunsch danach ist verständlich. Das Urteil durch die  Gesellschaft ist längst gefallen. Doch genau dieses geht nicht. Ein pädophiler Kindesmörder wird in einem gerichtlichen Verfahren verurteilt. Oftmals auch mit einer verhängten Sicherungsverwahrung, um die Gesellschaft vor weiteren schweren Straftaten zu schützen, wenn eine weitere Gefährlichkeit des Täters zu erwarten ist.

Ein solcher Täter wird in einer öffentlichen Verhandlung vorgeführt. Die Gesellschaft kann damit langsam abschließen, weil sie daran teilhaben konnte. Bei den mutmaßlichen Täterinnen von Luise geht das nicht. Es wird keine Verhandlung geben. Für all die Menschen in Trauer bleibt nur Leere und Verzweiflung. Das Verarbeiten des Unfassbaren dauert viel länger und ist nahezu unmöglich. Doch bleibt die Tat tatsächlich ungesühnt?

Die Täterinnen werden sich mit ihrem Handeln auseinandersetzen müssen. Momentan befinden sie sich in Obhut des Jugendamtes und in einem geschützten Bereich. Geschützt hört sich ja toll an, dabei bedeutet es in erster Linie eine geschlossene Anstalt. Luise übernachtete bei ihrer vermeintlich besten Freundin, die zu ihrer Mörderin werden sollte. Während sie im Wald verblutete, sollen die Täterinnen die Mutter von Luise angerufen haben, mit dem Hinweis, dass sich Luise auf dem Heimweg befinden würde und die Mutter doch anrufen soll, wenn sie daheim ankommen würde. Sie wussten genau, dass Luise nie mehr nach Hause kommen würde. Kaltblütig und geplant? Ja, so sehe ich das.

Laut werden die Rufe danach, dass die Strafmündigkeit heruntergesetzt wird. In all der Verzweiflung und Trauer absolut nachvollziehbar. Doch was ist denn das richtige Alter? 12 oder besser 10? Vielleicht sogar eine individuelle Lösung? Manch ein 13-Jähriger benimmt sich wie ein 10-Jähriger und viele sind altersgerecht. Muss das eventuell im Einzelfall entschieden werden?  Wann kann ein Kind eine solche Tat und die Folgen erfassen? Ich wäre momentan nicht gerecht. Viel zu viele Emotionen haben mich seit gestern gepackt um neutral zu sein. Wahrscheinlich denke ich in Wochen wieder nüchtern und anders darüber. So schwer es auch fällt, aber auch den Täterinnen muss ein Weg zurück in die Gesellschaft gezeigt werden. Nur zu gerne würde man situationsbedingt wünschen, dass diese sehr lange in einem geschützten Bereich verbleiben müssten. Rache. Da sind wir wieder bei Kant. Doch genau das wird es nicht geben. Luise ist tot. Und ich bin nicht bereit mich mit den Lebensperspektiven der Täterinnen auseinanderzusetzen. Dafür ist für mich jetzt kein Raum.

Aber es wird die Zeit kommen, darüber wieder klar nachzudenken. Und wir müssen uns damit abfinden, dass auch die Täterinnen wieder zurück ins Leben kommen müssen, irgendwann, wenn sie begriffen haben was sie taten. Ihre Auseinandersetzung mit dem Unfassbaren wird sie ein Leben lang begleiten. Ob ich damit Mitleid habe? Nein. Auch dazu bin ich im Moment noch nicht bereit.

96 Kilometer Heimweg. Und 96 Kilometer war ich in Gedanken bei Luise und in einem Zwiegespräch mit Gott. Wer glaubt weiß nichts und wer weiß, wird Glauben. Ich wische mir die Tränen aus den Augen und wünsche mir nichts mehr, dass es diesen Gott doch geben mag. Für Luise. Einen Menschen den ich nicht kannte, aber der mich 96 Kilometer begleitete. Und am Ende bleibt für mich noch immer die Frage: Warum nur?

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