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Politik

Leni wartet auf ihr USA-Abenteuer

HEROLD/RHEIN-LAHN-KREIS – Eigentlich würde Leni Seelbach jetzt Koffer packen. Eigentlich würde die 15-Jährige sich in den nächsten Tagen von all ihren Freunden verabschieden.

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Mit MdB Dr. Andreas Nick (links) freut sich auch die ganze Familie von Leni: Vater Manfred, die Schwestern Ida und Liska, Bruder Niklas und Mutter Susanne (von links), dass sich der Traum von den USA – hoffentlich – möglichst bald erfüllt.
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HEROLD/RHEIN-LAHN-KREIS – Eigentlich würde Leni Seelbach jetzt Koffer packen. Eigentlich würde die 15-Jährige sich in den nächsten Tagen von all ihren Freunden verabschieden. Eigentlich würde sie nochmal genau kontrollieren, ob sie ihren Reisepass, das Visum und alle wichtigen Unterlagen zur Hand hat für den Start in das bisher größte Abenteuer ihres Lebens: Ein Jahr in den USA als Absolventin des parlamentarischen Patenschafts-Programms (PPP) des deutschen Bundestags.

Stattdessen heißt es nun warten, Plan B starten und hoffen, dass der Traum vom Auslandsjahr zumindest in verkürzter Form ab Januar Wirklichkeit wird.

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Doch auch wenn die Corona-Pandemie momentan den Abflug verhindert, ist die Vorfreude riesig. Davon konnte sich nun Dr. Andreas Nick überzeugen: Der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Montabaur ist im Rahmen seiner Sommertour in seinem Wahlkreis und damit auch im Rhein-Lahn-Kreis unterwegs. Dabei war es ihm besonders wichtig, die künftige PPP-Absolventin und ihre Familie zuhause zu besuchen. Beim gemütlichen Kaffeeklatsch mit der gesamten Familie – Leni hatte höchstpersönlich leckeren Beeren-Kuchen gebacken – tauschten sich die Teenagerin, ihre Familie und Andreas Nick sowie CDU-Wahlkreis-Referenten Marcel Willig in Herold intensiv über das geplante Auslandsjahr aus. Leni Seelbach hat erst vor wenigen Wochen ihr Abschlusszeugnis der Realschule plus/FOS im Einrich erhalten. Nach ihrem USA-Jahr möchte sie Abitur machen und einen Beruf im medizinischen Bereich erlernen.

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15-jährige Leni Seelbach aus Herold hat sich als Stipendiatin des Bundestags durchgesetzt

Andreas Nick hatte sie zuletzt im Frühjahr während des mehrstufigen Auswahlverfahrens für das PPP gesehen. „Erst musste ich viele Formulare ausfüllen, dann gab es ein Gruppengespräch, dann ein Einzelgespräch“, berichtet sie über die Vorbereitungen im Frühjahr. Besonders wichtig war schließlich das Einzelgespräch, an das sich der CDU-Abgeordnete des Rhein-Lahn-Kreises Andreas Nick sehr gut erinnert: „Wir haben uns per Videoschalte unterhalten – Leni hat mich dabei durch ihre Art überzeugt: Sie ist ruhig, steht mit beiden Beinen fest im Leben – ich bin mir sicher, dass sie das richtige Rüstzeug mitbringt, um ein Jahr in den USA zu leben und davon zu profitieren“, ist sich Nick sicher.

Er freut sich mit Leni, dass ihr Abenteuer hoffentlich im Januar beginnen kann: „Die Organisation, die das PPP begleitet, hat viel Erfahrung und kann gut einschätzen, ob die Persönlichkeit eines jungen Menschen zu dem Programm passt, ob derjenige es schafft, über einen längeren Zeitraum von der Familie getrennt zu sein.“ Letztlich hatte er die „schwierige Aufgabe, aus den Vorschlägen der Organisation den jungen Menschen auszuwählen, der am meisten überzeugt. Und ich muss sagen: Leni hat im Gespräch durch ihre ruhige, aber sehr entschlossene Art gepunktet. Ich finde es beeindruckend, dass sie sich getraut hat, sich zu bewerben.“

CDU-Bundestagsabgeordneter Dr. Andreas Nick besuchte Leni und ihre Familie

Leni ist ein Allroundtalent: Sie spielt seit ihrer Kindheit Gitarre, reitet, war Mitglied der Schulband Boondocks, ist im Herolder Gardetanz aktiv, fährt Snowboard, hilft im Wohnheim der Lebenshilfe in Michelbach, in dem ihre Mutter Susanne tätig ist. Sie war Schulsprecherin und ließ sich an der Einricher Schule zur Streitschlichterin ausbilden.

Andreas Nick freut sich sehr, dass Leni Seelbach sich beworben hat: „Es hat Vorbildcharakter, dass sich eine Zehntklässlerin aus einer Realschule plus hier durchgesetzt hat. Ich hoffe, dass sich dadurch künftig noch mehr Realschüler ermutigt fühlen, sich zu bewerben. Auch für junge Berufstätige gibt es übrigens ein PPP – aber aus diesem Bereich gibt es nur wenige Bewerbungen“, so die Erfahrung des Abgeordneten aus Montabaur. Dass Leni so viele Interessen hat, sei in den USA ein großer Vorteil: „Dann hat sie sofort Anknüpfungspunkte, um Freundschaften zu schließen“, ist sich Nick sicher. Der „Transatlantiker“ Andreas Nick hat selbst als Jugendlicher und junger Erwachsener in den USA gelebt und erzählte der 15-Jährigen gern über seine Erfahrungen aus dieser Zeit.

Mit MdB Dr. Andreas Nick (links) freut sich auch die ganze Familie von Leni: Vater Manfred, die Schwestern Ida und Liska, Bruder Niklas und Mutter Susanne (von links), dass sich der Traum von den USA – hoffentlich – möglichst bald erfüllt.

Leni musste vor ihrer Bewerbung zunächst noch ihre Eltern überzeugen, dass sie als jüngstes von vier Kindern in die große weite Welt aufbricht. „Ich wollte schon mit 13 Jahren gern ins Ausland. Erst waren meine Eltern skeptisch, aber inzwischen freuen sich alle mit mir“, erzählt sie. Ihre gleichaltrigen Freundinnen „finden das alle cool, aber sie sagen auch, dass sie sich das nicht zutrauen würden“. Lenis ältere Schwestern und ihr Bruder stehen wie die Eltern voll hinter ihrem Entschluss und sind jetzt „doch ein bisschen neidisch“ auch wenn es sie selbst bisher nicht für einen so langen Zeitraum ins Ausland gezogen hat.

Leni Seelbach ist gespannt: „Ich freue mich darauf, neue Menschen und eine doch ganz andere Kultur kennenzulernen – bisher kenne ich die USA nur aus dem Fernsehen. Ich schaue mir natürlich Videos von You-Tubern an, die dort ein Jahr verbracht haben und über ihre Erfahrungen berichten und bin gespannt, wie es an der Schule zugeht. Vor allem freue ich mich auf die vielen Freizeitangebote, die es dort gibt!“

Auch ihre Eltern längst überzeugt von der USA-Idee: „Die können wir schicken“, betont ihre Mutter Susanne mittlerweile: „Wir hatten ja Zeit, uns an den Gedanken zu gewöhnen. Das ist eine einmalige Chance für Leni, da dürfen wir nicht im Weg stehen.“ Angst vor Heimweh hat Leni nicht – nur einen wird sie wohl ziemlich vermissen: „Mein Hund Elli wird mir bestimmt ganz schön fehlen!“

Noch ist es aber eben leider nicht soweit: Nach den Sommerferien geht es erstmal wieder in die Schule: Weil der Start ins USA-Jahr sich verzögert, musste Leni sich nach ihrem Schulabschluss kurzfristig wieder an einer Schule anmelden: „Die NAOS in Diez war da zum Glück sehr flexibel und hilfsbereit“, lobt Vater Manfred Seelbach. Leni wird also erstmal deutsche Elftklässlerin und dann hoffentlich im Januar endlich zur glücklichen PPP-Absolventin in den USA.

Auslagerung:

Bundestag vergibt Stipendien für USA-Austauschjahr an Schüler und junge Berufstätige:

Das Parlamentarische Patenschafts-Programm (PPP) gibt seit 1983 jedes Jahr Schülern und jungen Berufstätigen die Möglichkeit, mit einem Stipendium des Deutschen Bundestages ein Austauschjahr in den USA zu erleben. Zeitgleich sind junge US-Amerikaner zu einem Austauschjahr zu Gast in Deutschland. Das PPP ist ein gemeinsames Programm des Deutschen Bundestages und des US-Congress. Es steht unter der Schirmherrschaft des Bundestagspräsidenten. Die Bewerbungsfrist für das Jahr 2021/22 endet am Freitag, 11. September. Derzeit wird von der planmäßigen Durchführung im Jahr 2021/22 ausgegangen. Wegen der Covid-19-Pandemie sind aber Änderungen im Programmablauf möglich.

Weitere Informationen unter: www.bundestag.de/ppp

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Politik

Bürgermeister Weiland fordert barrierefreie Bahnhöfe in der Loreley

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Foto: VG Loreley | Mike Weiland
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ST. GOARSHAUSEN Nachdem jetzt im Verbandsgemeinderat Loreley von einen Bahnvertreter das Projekt der Deutschen Bahn InfraGo „Hochleistungskorridor Rechter Rhein 2026“ vorgestellt wurde, hat sich Mike Weiland, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Loreley, an die rheinland-pfälzische Staatsministerin Katrin Eder gewandt, die sich für den Schienenpersonennahverkehr zuständig zeichnet.

„Mit diesem weiteren Versuch an einer verantwortlichen Stelle anzuklopfen, möchte ich um Engagement dafür werben, dass im Zuge des Hochleistungskorridors 2026 die Bahnstationen nicht nur saniert, sondern auch barrierefrei gestaltet werden“, so Mike Weilands Intension. Während der Vorstellung im Rat entwickelte sich nicht nur eine intensive Diskussion über den zu erwartenden flüssigeren und damit höheren Zugdurchfluss durchs Mittelrheintal sowie zu wenig Lärmschutz für die Anwohner, sondern vor allem auch darüber, dass die Bahnverkehrsstationen im Rahmen dieses Bundesprojektes nicht barrierefrei gestaltet werden sollen, weil sich die Bahn darauf beruft, dass sämtliche Stationen keine 1.000 Ein- bzw. Ausstiege an Fahrgästen vorweisen können.

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Weiland: Barrierefreiheit der Bahnverkehrsstationen im Rahmen des Hochleistungskorridors 2026 muss geschaffen werden

Mike Weiland schreibt daher jetzt an die Ministerin, dass bei diesem Bundesprojekt Millionen von Euro investiert würden. An der Barrierefreiheit werde jedoch gespart bzw. diese werde einfach nicht umgesetzt. Gerade bei Bundesprojekten gibt es einen Leitfaden Barrierefreies Bauen zu beachten. Der Bürgermeister fragt daher jetzt die Ministerin, weshalb sich bei dem Bundesprojekt Hochleistungskorridor die Bahn über die Barrierefreiheit einfach so hinwegsetzen kann.

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„Bei jeder noch so kleinen kommunalen Maßnahme, für die die Gemeinden und Städte Förderungen beantragen, ist Barrierefreiheit zu beachten, ansonsten haben solche Anträge keine Aussicht auf Erfolg“, so Mike Weiland. Daher können und wollen die Mitglieder der politischen Gremien dieses Vorgehen beim Hochleistungskorridor nicht nachvollziehen und akzeptieren.

Mike Weiland hat daher Ministerin Eder nicht nur um eine Erläuterung sondern vielmehr noch um entsprechendes Engagement gebeten, sich im Sinne der Barrierefreiheit bei der Umgestaltung der Bahnverkehrsstationen im Zuge des Hochleistungskorridors 2026 einzusetzen. „Dafür wäre ich der Ministerin im Sinne derjenigen Mitmenschen, die darauf angewiesen sind, sehr dankbar“, so Weiland und er schließt damit ab, dass es bei einem solch millionenschweren Bundesprojekt auch im Hinblick auf die BUGA29 nicht sein könne, die Herstellung der Barrierefreiheit auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben oder gar die Hoffnung zu hegen, dass später Kommunen diese kostspielige Aufgabe übernehmen.

Das Schreiben an die Ministerin hat der Bürgermeister auch gleichzeitig an die Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen geschickt, um auch von ihr eine Einschätzung zu erhalten.

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Politik

Verzerrte Wahlergebnisse: Güllering fordert – Briefwahl muss mit in Wahllokalen ausgezählt werden

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Foto: BEN Kurier | Lizenz: Envato
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NASTÄTTEN Nach der Bundestagswahl wendet sich der Nastätter Verbandsbürgermeister Jens Güllering mit einem dringenden Anliegen an den Landeswahlleiter Marcel Hürther. Bereits 2017 hatte Güllering die Problematik der zentralen Briefwahlauszählung angesprochen – geändert hat sich seitdem nichts. Angesichts eines steigenden Anteils an Briefwählern wächst jedoch die Dringlichkeit des Problems. In einem Schreiben an den Landeswahlleiter fordert er eine Anpassung der Vorschriften.

„Da die Wahlergebnisse der Briefwahl nicht den einzelnen Stimmbezirken zugeordnet werden, führt diese zentrale Stimmenauszählung zu einer schlicht und ergreifend falschen Ergebnisdarstellung“, kritisiert Güllering. Gerade in kleineren Gemeinden sei das Interesse der Bürger groß, zu wissen, wie vor Ort abgestimmt wurde. „Die Menschen interessieren sich für ‚ihr‘ Ergebnis und möchten sich damit auseinandersetzen“, so der Bürgermeister.

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Bei der diesjährigen Bundestagswahl lag der Briefwähleranteil in der Verbandsgemeinde Nastätten bei 40,5 %. Güllering sieht hier eine massive Verzerrung der Wahlergebnisse auf lokaler Ebene: „Die Veröffentlichung von falschen Ergebnissen – verstärkt durch entsprechende Grafiken – wirft ein Bild auf bestimmte Gemeinden, das nicht das tatsächliche Stimmverhalten widerspiegelt.“ Dies könne nicht nur zu Nachfragen, sondern sogar zu verbaler Kritik und Anfeindungen führen, betont er. Besonders die Schnelllebigkeit sozialer Netzwerke verstärke dieses Problem noch zusätzlich.

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Die Lösung sieht Güllering in der Auszählung der Briefwahlunterlagen direkt in den Wahllokalen. „Dies wäre aus meiner Sicht unproblematisch möglich und in der Abwägung zwischen gewollter Entlastung der Wahlhelfer und einer korrekten Ergebnisdarstellung unbedingt den Vorzug zu geben.“ Zudem ließen sich dadurch landesweit hunderte Wahlhelfer einsparen oder anderweitig einsetzen, so der Bürgermeister weiter. In der Verbandsgemeinde Nastätten mussten 40 Verwaltungsmitarbeiter für die Briefwahlauszählung abgestellt werden, im gesamten Wahlkreis Montabaur waren es 67 Briefwahlvorstände.

Ein weiteres Problem sieht Güllering in den amtlichen Veröffentlichungen: Auch auf der offiziellen Wahlseite des Landes Rheinland-Pfalz würden falsche Ergebnisse auf Gemeindeebene dargestellt – mit entsprechendem Einfluss auf die Presseberichterstattung. „Nicht selten kommt es dadurch zu unverschuldeten Fehlinterpretationen“, mahnt er. Eine Anpassung der Vorschriften sei daher dringend erforderlich.

Neben dem Schreiben an den Landeswahlleiter hat Güllering auch den Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz sowie die örtlichen Wahlkreisabgeordneten informiert und um Unterstützung gebeten. Das Anliegen wurde zudem an die Bundeswahlleiterin weitergeleitet. Ob die Politik auf diese Forderungen reagiert, bleibt abzuwarten.

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Koblenz

Koblenz: Muslime positionieren sich für Deutschland und gegen Extremismus

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KOBLENZ Mehr als 400.000 Afghanen leben in Deutschland. Nach den schrecklichen islamistisch motivierten Terroranschlägen von Mannheim und München stehen sie zunehmend unter Generalverdacht. Dabei entspricht der Anteil der Täter an der Gesamtzahl der hier lebenden Afghanen lediglich 0,0005 Prozent. Ähnlich ergeht es derzeit syrischen Flüchtlingen.

Generalverdacht statt individueller Verantwortung

Nach dem Attentat auf einen Polizisten in Mannheim sind auch Syrer verstärkt ins Visier geraten. Ende 2023 lebten rund 700.000 syrische Flüchtlinge in Deutschland, von denen mehr als 200.000 bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Doch trotz ihrer Verurteilung der Anschläge sehen sich viele von ihnen Misstrauen und Fremdenhass ausgesetzt.

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Insbesondere nach islamistischen Angriffen ist der öffentliche Aufschrei groß. Rechte Politiker nutzen solche Ereignisse, um pauschale Forderungen nach Abschiebungen zu stellen – oft unabhängig davon, ob die Betroffenen in irgendeiner Weise mit den Taten in Verbindung stehen. Anstatt Einzelfälle differenziert zu betrachten, wird eine ganze Bevölkerungsgruppe stigmatisiert. Der Schutzstatus der Betroffenen wird dabei ausgeblendet, und so sind sie oft der Angst und dem Hass der deutschen Bevölkerung schutzlos ausgeliefert.

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Diese Entwicklung ist besorgniserregend, denn während das Gesetz Kollektivstrafen verbietet, zeigt sich in der gesellschaftlichen Debatte genau das Gegenteil. Es gibt eine Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ Flüchtlingen: Während Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine weitgehend unbürokratisch eine Aufenthaltserlaubnis und damit Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, müssen Afghanen und Syrer monatelange Asylverfahren durchlaufen. Ihre Arbeitsaufnahme unterliegt strengen behördlichen Genehmigungen, und oft bleibt ihnen nur der Weg in Flüchtlingsunterkünfte, während für Ukrainer der Wohnungsmarkt weit offener ist. Diese Ungleichbehandlung führt zu Perspektivlosigkeit und Frustration.

Mit jeder neuen Tat wächst das Misstrauen gegenüber Schutzsuchenden, obwohl sie selbst oft die ersten sind, die solche Verbrechen verurteilen. Dennoch erfahren sie kaum Solidarität, sondern vielmehr Ausgrenzung. Die Debatte wird zusätzlich durch populistische Forderungen nach präventiver Abschiebung von Straftätern befeuert. Natürlich muss gegen Intensivtäter konsequent vorgegangen werden, doch nicht immer ist das rechtlich oder diplomatisch möglich. Afghanistan etwa verweigert die Rücknahme seiner Staatsbürger, da es keine offiziellen Beziehungen zu Deutschland unterhält.

Rechtsextremismus als unterschätzte Gefahr

Wichtig ist, den Schutz jener Menschen nicht aus den Augen zu verlieren, die sich integrieren wollen und nicht unter Generalverdacht gestellt werden dürfen. Die Gesellschaft muss sich fragen, was sie bereit ist, auszuhalten und wie sie mit Angst umgeht. Eine Zweiklassengesellschaft unter Flüchtlingen ist nicht der richtige Weg – es braucht gleiche Perspektiven für alle.

Ein starkes Zeichen gegen diese Spaltung setzten Muslime in Koblenz, die sich öffentlich für Deutschland und gegen Gewalt aussprachen. Solche Aktionen sind selten und zeigen, dass sich hier etwas im gesellschaftlichen Empfinden verschiebt. Täter müssen als Individuen betrachtet werden – eine kollektive Vorverurteilung macht Opfer zu Tätern und wird von rechten Parteien für eigene Zwecke instrumentalisiert.

Dabei wird oft übersehen, dass rechtsextremistisch motivierte Straftaten in Deutschland stark zugenommen haben. Laut Verfassungsschutz stieg die Zahl solcher Taten von 2022 auf 2023 um 22,4 Prozent, gewalttätige Übergriffe nahmen um 16,4 Prozent zu. Das rechtsextreme Personenpotenzial wuchs von 32.000 im Jahr 2019 auf 40.600 im Jahr 2024, darunter 13.500 gewaltbereite Extremisten. Insgesamt wurden 2023 mehr als 25.660 rechtsextremistische Straftaten registriert – durchschnittlich 70 pro Tag.

Demgegenüber ist das islamistische Personenpotenzial seit 2019 auf 27.200 gesunken. Dennoch bleiben islamistische Anschläge aufgrund ihrer oft hohen Opferzahlen tief im kollektiven Bewusstsein verankert. Während rechtsextreme Gewalt häufig aus Körperverletzungen und Angriffen besteht, führen islamistische Taten oft zu schwerwiegenden Verbrechen mit vielen Opfern. Genau diese Dimension prägt die Wahrnehmung und verstärkt Ängste.

Am Ende wird nicht mehr auf den Einzeltäter geschaut. Die Gesellschaft verharrt in Angst und verurteilt pauschal ganze Bevölkerungsgruppen. Doch ist das gerecht? Während rechtsextreme Straftaten 0,03 Prozent der Gesamtbevölkerung betreffen, liegt die Zahl islamistischer Taten bei Afghanen bei nur 0,0005 Prozent.

Gleichzeitig nutzen Rechtsextreme soziale Medien geschickt zur Mobilisierung und erhalten eine beunruhigend große Lobby. Doch am Ende gilt: Nicht derjenige, der am lautesten schreit, hat automatisch recht – sondern der, der mit Vernunft reagiert und über seine Angst hinauswächst.

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