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Lahnstein

Pfarrer in schweren Zeiten – Vor 75 Jahren starb der Lahnsteiner Josef Gersbach

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Pfarrer in schweren Zeiten - Vor 75 Jahren starb der Lahnsteiner Josef Gersbach - Portrait von Josef Gersbach (Foto: Sammlung Stadtarchiv Lahnstein)

LAHNSTEIN Als 1932 Dekan Monsignore Michael Müller in den Ruhestand trat, wurde Josef Gersbach durch den Limburger Bischof zum neuen Pfarrer von St. Martin in Oberlahnstein ernannt. Am 06. Januar 1878 in Hübingen im Westerwald geboren, empfing Josef Gersbach die Priesterweihe am 21. Dezember 1900. Er wirkte als Kaplan in Limburg und Wiesbaden, als Frühmesser in Camberg, dann als Seminarlehrer am Lehrerseminar in Montabaur, als Pfarrer in Rauenthal/Rheingau und schließlich in Oberlahnstein.

Zum 01. Mai 1932 wurde Josef Gersbach Seelsorger für rund 7.500 Pfarrkinder in Oberlahnstein, das damals knapp 10.000 Einwohner hatte. Wenig später eroberten die Nationalsozialisten die Macht im Deutschen Reich und begannen mit der „Zertrümmerung der konfessionellen Verbände“, wie sich Gersbach in der Kirchenchronik von St. Martin ausdrückt. Er musste mitansehen, wie der Kampf gegen die katholischen Jugendvereine und Berufsvereine trotz des mit dem Vatikan abgeschlossenen Konkordats immer unangenehmere Folgen annahm. Die Sturmschar – eine Jugendbewegung der katholischen Kirche –  wurde im August 1935 trotz Einspruch des Pfarrers in St. Goarshausen und der Bischöflichen Behörde in Wiesbaden aufgelöst, weil sie „politisch anstößige Lieder gesungen“ hätten.

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Vor 75 Jahren starb der Geistliche Rat Josef Gersbach von der Pfarrei St. Martin – Pfarrer in schweren Zeiten

Zunehmend war Gersbach den Schikanen der Nationalsozialisten ausgeliefert. Bereits 1934 wurde von Unbekannten der Fahnenmast am katholischen Gesellenhaus abgesägt. Gersbach musste mitansehen, wie am 09. November 1935 die Hakenkreuzfahne auf dem Kirchturm wehte. Erst ein Jahr später erwarb die Kirchengemeinde von der Stadtgemeinde durch Schenkungsurkunde den Kirchturm samt Glocken. Durch die Abhaltung von Pfarrfamilienabenden und „religiöser Wochen“ sowie Bittprozessionen und Wallfahrten versuchte Gersbach seine „Schäfchen“ beisammen zu halten. 1936 bekam er die Erlaubnis zum schulplanmäßigen Religionsunterricht entzogen. So durfte er die Volksschule nicht mehr betreten. 1939 wurde die Hildegardisschule – eine von den Dernbacher Schwestern geführte höhere Schule für Mädchen – aufgelöst. Die kirchlichen Feiertage waren nicht mehr schulfrei.

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Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde nach Fliegeralarm das Läuten der Glocken eingeschränkt. 1941 wurden Klöster, Mutterhäuser und Provinzialate aufgehoben sowie die kirchlichen Zeitungen verboten. Auch der katholische Kindergarten mit Nähschule wurde durch die Nationalsozialisten geschlossen. Seelsorge in den Krankenhäusern war nur noch auf ausdrücklichen Wunsch des Kranken möglich. Die Schikanen der Partei zeigten sich auch in der Verhinderung der jährlichen Wallfahrt nach Bornhofen, die 1941 ausfiel, weil angeblich keine Verkehrsmittel für die Heimfahrt zur Verfügung standen. Fronleichnamsprozessionen durften – angeblich wegen der Verkehrsverhältnisse – nur noch rund um die Pfarrkirche stattfinden, zudem wirkte sich der zunehmende Fliegeralarm auf die Gottesdienstzeiten aus.

1942 mussten vier der fünf Glocken als Metallspende abgegeben werden, gerade 15 Jahre nach der Ersatzbeschaffung für die im Ersten Weltkrieg eingeschmolzenen Glocken. Bei den schweren Luftangriffen auf Oberlahnstein waren viele Opfer zu beklagen. Am 17. November 1944 musste Gersbach, wie er in der Kirchenchronik schreibt, zusammen mit Kaplan Walter Hans und dem evangelischen Pfarrer 194 Särge der bis dahin geborgenen Opfer des 11. November 1944 einsegnen, bevor sie in einem Massengrab beigesetzt wurden.

Das Pfarrhaus wurde bei dem Luftangriff durch Bomben schwer beschädigt. Gersbach zog mit seiner Schwester, die seinen Haushalt führte, und dem Kaplan zur Familie Jäger in die Burgstraße. „Durch ihr hilfsbereites Herz“, so schreibt Gersbach, wurde deren Haus zum Pfarrhaus für fast zwei Jahre.

Mit dem Einmarsch der Amerikaner endete der Krieg und damit auch die durch ständigen Fliegeralarm bzw. Ari-Beschuss erfolgten Einschränkungen für Gottesdienste, Prozessionen und Wallfahrten. Auch der Kindergarten (16. August 1945) und die Schule (08. Oktober 1945) wurden wiedereröffnet.

Doch der Gesundheitszustand von Gersbach nahm rapide ab. Am 02. Dezember 1946 starb er nach mehrtätigem Krankenlager und wurde auf dem Friedhof Sebastianusstraße im Priestergrab beigesetzt. Kaplan Paul Bilz wurde Pfarrverwalter, bevor im Januar 1947 Paul Hergenhahn zum neuen Pfarrer von St. Martin ernannt wurde.

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Lahnstein

Neueröffnung der Bäckerei Kugel: Ein Familienunternehmen kehrt zurück nach Lahnstein

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Foto: Eva Dreiser | Stadtverwaltung Lahnstein

LAHNSTEIN Seit März gibt es wieder ein vertrautes Schild in Lahnstein: Die Bäckerei Kugel hat in der Bahnhofstraße ihre Türen geöffnet. Früher schon einmal hier ansässig, kehren Laura und Klaus Kugel nun mit ihren traditionell handwerklich hergestellten Backwaren zurück. Und hier wird nicht nur auf Qualität und Geschmack geachtet, sondern auch auf den Ursprung der Zutaten. Das Getreide stammt aus regionalem Anbau in Heimbach-Weis, ist Bioland zertifiziert und wird in der dortigen Stammfiliale selbst vermahlen.

Ein Teil ihrer Philosophie ist es, einen positiven Beitrag zur Gemeinschaft zu leisten. Daher werden überschüssige Backwaren regelmäßig gespendet. Zur Neueröffnung der Bäckerei Kugel überreichte Oberbürgermeister Lennart Siefert einen Blumenstrauß. Im Gespräch mit Siefert erzählte das Paar, wie herzlich es in Lahnstein wieder aufgenommen wurde, was die Rückkehr zu den Wurzeln noch schöner mache. Auch sind viele ihrer früheren Mitarbeiter nun erneut bei ihnen angestellt.

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Ich freue mich, dass es wieder eine Bäckerei Kugel in Lahnstein gibt“, so OB Siefert. „Hier gehen Tradition und Innovation Hand in Hand!“

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Neueröffnung der Bäckerei Kugel: Ein Familienunternehmen kehrt zurück nach Lahnstein | Foto: Eva Dreiser | Stadtverwaltung Lahnstein
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Lahnstein

Lahnsteiner Schüler ist spitze in Mathe und Chemie

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Foto: Johannes-Gymnasium Lahnstein

LAHNSTEIN Thorben Weinhold besucht die 9. Klasse des Privaten Johannes-Gymnasiums in Lahnstein und steht kurz vor dem „Triple“ in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Wettbewerben in Rheinland-Pfalz. Thorben errang am 13.03.2024 bei der Landesrunde Rheinland-Pfalz/Saarland des Schülerwettbewerbs „Chemie-die stimmt!“ den 1. Platz in der Klassenstufe 9. Durch seine hervorragenden Leistungen in den ersten beiden Runden hat er sich nun für die 3. Runde der Länder Niedersachsen, Nordrhein-Westphalen, Rheinland-Pfalz und des Saarlandes qualifiziert und nimmt vom 04.06. bis 07.06.2024 an einem dreitätigen Auswahlseminar in Münster teil.

Am 12. April wurde Thorben dann beim Landeswettbewerb Mathematik zum Landessieger gekürt. Er hat die Jury mit seinen mathematischen Leistungen sehr beeindruckt und konnte diese im Rahmen eines 3-tägigen Workshops an der Universität Kaiserlautern unter Beweis stellen. Am 25. und 26.04.2024 nimmt nun Thorben Weinhold zusammen mit seinen Mitschülern Enjo Westphal und Gero Hanrath am Landesfinale Schüler experimentieren mit ihrer Forschungsarbeit zur Balkonaufzuchtstation in der Sparte Biologie teil. „Wir drücken den drei Jungs die Daumen für das Landesfinale – die Leistungen von Thorben Weinhold sind schon mit den beiden Erstplatzierungen mehr als außergewöhnlich“ – so der stolze Schulleiter Rudolf Loch – „ein Landessieg bei Schüler experimentieren wäre dann tatsächlich das Triple“.

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Lahnstein

Niemals vergessen: Grüne Lahnstein besuchen die Gedenkstätte Hadamar!

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Foto: Bündnis 90/ die Grünen Lahnstein

HADAMAR An der Gedenkfahrt am Sonntag, den 07.04, nahmen auch interessierte Bürgerinnen und Bürger teil. Zur Teilnahme an der Fahrt war öffentlich eingeladen worden.  Die Idee für den Besuch kam im Zuge der jüngsten Entwicklungen rund um das Erstarken rechten Gedankengutes in der Gesellschaft auf. Ziel war es, allen Opfern der nationalsozialistischen Verbrechen und insbesondere denen der „Euthanasie“ zu gedenken. Zudem sollte die Teilnahme an dem Besuch dazu anregen, sich mit dem nationalsozialistischen Unrecht auseinanderzusetzen.

Die Gedenkstätte Hadamar hat eine besondere Bedeutung als Ort des Gedenkens und der Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“. In den Jahren 1941 bis 1945 wurden hier fast 15.000 Menschen ermordet. Zu den Opfern gehörten psychisch Erkrankte und Menschen mit Behinderung. Die Gedenkstätte hat auch den Zweck, über die damaligen Geschehnisse aufzuklären. Von Januar bis August 1941 wurden im Keller der Anstalt über 10.000 Kinder, Frauen und Männer mit Kohlenmonoxid in einer als Duschraum getarnten Gaskammer ermordet. Der Abbruch der Gasmorde 1941 bedeutete nicht das Ende der NS-„Euthanasie“-Verbrechen. Ab August 1942 wurde das Morden fortgesetzt, diesmal bspw. durch überdosierte Medikamente und Hungerkost. Während dieser Zeit kamen noch einmal 4.500 Menschen ums Leben.

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Das grausame Vorgehen dauerte bis zum Kriegsende im März 1945 an. Unter den Opfern der zweiten Mordphase befanden sich Anstaltspatienten und -patientinnen, durch den Bombenkrieg verwundete Menschen, Kinder, Tuberkulosekranke, Zwangsarbeiter sowie psychisch Kranke. Die Taten zeigen das Ausmaß der Grausamkeit, das im Namen der Ideologie des Nationalsozialismus begangen wurde. Die Exkursion beinhaltete neben der Führung auch einen Workshop mit Biografiearbeit.

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Die Anwesenden zeigen sich betroffen von dem erfahrungsreichen Tag, aber auch dankbar für die Arbeit der Gedenkstätte. Durch das Engagement haben alle die Möglichkeit, sich ein Bild von den Verbrechen, welche unter dem Vorzeichen der nationalsozialistischen Ideologie geschahen, zu machen und dadurch die Sensibilität für die Wahrung der Menschenwürde und der daraus folgenden Rechte zu stärken. Das Fazit der Gruppe ist, dass nur Erinnerung und Aufklärung sicherstellen können, dass sich solche Verbrechen nie wiederholen und eine entsprechende Ideologie nicht mehr Staatsdoktrin werden kann. „Nie wieder“, wie es in den letzten Monaten häufig heißt, bedeutet daher nicht nur, sich gegen den Anstieg rechtsextremer Ideologien und Rassismus einzusetzen, sondern auch die Aufarbeitung der Vergangenheit zu fördern und die Menschenwürde und die Menschenrechte in der Gesellschaft zu schützen. Die Gedenkstätte Hadamar ist ein Ort, an dem dieser Einsatz gelebt wird und an dem gegen das Vergessen angekämpft wird. Insbesondere wollen die Grünen der Workshopleiterin und Gedenkstättenmitarbeiterin Frau Kabs danken.

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